Hattingen. Im Prüfstollen von Thyssen-Krupp in Hattingen wird geschossen, um Bleche zu testen. Eine Begehung des Ex-Luftschutzstollens ist nicht möglich.

Versteckt liegt der so genannte „Kasinostollen/ Stollen Brucher Straße“ an der heutigen Straße Am Stahlwerk in Hattingen – gleich hinter der Hausnummer 12 und unweit der Polizei-Schießanlage. Er ist heute ein Prüfstollen der Firma Thyssen-Krupp.

„Getestet werden hier Blechproben auf ihre Belastbarkeit“, heißt es seitens Thyssen-Krupp. Der heutige „Beschuss/Prüfstollen“, wie ihn Wilfried Maehler und Michael Ide vom Verein Bochumer Bunker bezeichnen, der sich auch mit Luftschutzanlagen in Hattingen befasst, ist sowohl ein ehemaliger bergbaulicher wie auch ein ehemaliger Luftschutzstollen aus dem Zweiten Weltkrieg, der auf dem Gelände der Henrichshütte lag.

Hattingen: Ex-Bergwerk- und Luftschutzstollen ist heute Prüfstollen von Thyssen-Krupp

Der Luftschutzstollen hatte „ursprünglich eine Länge von 387 Metern“, so die Experten. Ausgerichtet war er für 2000 Menschen. Darin gab es zudem eine Krankenstation mit zehn Liegen und reichlich medizinische Ausstattung – vom Sauerstoffbehandlungsgerät bis hin zu Narkosemitteln.

Betriebsbereit war er 1944 und verfügte über drei Eingangsbauwerke – eines davon ist eben Am Stahlwerk. Die anderen beiden sind seit dem Umbau zu einem Versuchsstollen komplett beseitigt. Einer lag Am Büchsenschütz in einem Parkplatzbereich. Der zweite soll sich hinter den Werkstätten befunden haben.

Der Prüfstollen ist laut Experten 241 Meter lang

„Der Stollen führt auch unter dem Grundstück meines Hauses her“, sagt David Hobrecht, Besitzer der alten Waschkaue Am Stahlwerk 12 und Inhaber der KBH Hobrecht GmbH. Er berichtet, dass er es durchaus hören würde, wenn im Prüfstollen gearbeitet würde. Das sei nämlich nicht täglich der Fall.

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Ein Bild aus dem Buch von Wilfried Maehler und Michael Ide „Die Henrichshütte Hattingen im 2. Weltkrieg“ zeigt Aufbewahrungsschränke für die Erste-Hilfe-Ausstattung und so genannte Hindenburglichter.
Ein Bild aus dem Buch von Wilfried Maehler und Michael Ide „Die Henrichshütte Hattingen im 2. Weltkrieg“ zeigt Aufbewahrungsschränke für die Erste-Hilfe-Ausstattung und so genannte Hindenburglichter. © Studienkreis Bochumer Bunker e.V. | Repro

Im Stollen war aber auch er noch nicht – der Zugang ist verboten, der Eingang gut gesichert und bewacht. Eine Begehung ist nicht möglich. Jedenfalls ist er seit dem Umbau nur noch 241 Meter lang.

Bergbaustollen brach bei Umbauarbeiten zum Luftschutzstollen ein

In der Planungsphase des Luftschutz-Stollens, berichten Maehler und Ide, seien vermutlich zwar geologische Kenntnisse berücksichtigt worden, der Altbergbau aber sei dabei wohl vergessen worden. Beim zweiten Eingangsbauwerk, bei dem der Vortrieb ebenerdig angesetzt wurde, sei es der bergbauliche Stollen von Friedrich überfahren worden – so dass das Deckgebirge einbrach. Der Stollen musste gesichert werden, konnte trotz der Panne aber teilweise verwendet werden.

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Nach dem Krieg habe der Stollen brach gelegen – bis er zum Versuchsstollen für den „Beschuss von Blechen, die im militärischen Bereich Verwendung finden“ hergerichtet wurde. Dafür musste er bautechnisch angepasst werden. Die Pläne aus dem Jahr 1957 dazu haben Maehler und Ide in einem Buch veröffentlicht.

Zeitzeugen berichten von einem Ereignis beim ersten Beschuss

Der Lageplan des ehemaligen Luftschutzstollens in Hattingen. Der Eingang liegt heute Am Stahlwerk.
Der Lageplan des ehemaligen Luftschutzstollens in Hattingen. Der Eingang liegt heute Am Stahlwerk. © Studienkreis Bochumer Bunker e.V. | Repro

Außerdem referieren beide eine Begebenheit, die sich nach Berichten älterer Mitarbeiter ereignet haben soll: Beim ersten Beschuss in Anwesenheit von hochrangigen Angehörigen des Militärs, der Geschäftsleitung und des Wirtschaftsministeriums mit einem 8,8-Zentimeter-Geschütz seien die Beobachter in einem Sicherheitsraum gewesen. Doch durch den ersten Schuss sei ein Überdruck entstanden, der dazu geführt habe, dass sich Türen verzogen und sich nicht mehr öffnen ließen. So saßen die Beobachter fest und „mussten letztendlich durch die Betriebsfeuerwehr von außen befreit werden“, zitiert das Autorenduo Zeitzeugen.