Hattingen. Gänse und Falken nutzen einen Hochbunker in Hattingen als Nistplatz. Wie es im Bunker des Unicorn-Parks aussieht, was der neue Eigentümer plant.
Der Aufbau des Bunkers Am Walzwerk 21 in Hattingen ist weithin sichtbar mit seinem Kuppelbau. Auf dem Bunker herrscht Leben – und das soll nach dem Willen des neuen Eigentümers, Sven Rickes, auch wieder in den Bunker kommen. Schutz bietet er damals wie heute.
Anna Krüger ist die Projektleiterin des ehemaligen Satkom-Turms, der inzwischen Unicorn-Park heißt und bei dem das Runde auf dem Eckigen, nämlich dem 1944 fertig gestellten Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg sitzt.
Hochbunker in Hattingen mit Satellitenanlage und Einhorn ist Nistplatz für Vögel
Der Bunker ist der einzige heute noch stehende Hochbunker der Henrichshütte. Gedacht war er ursprünglich für 920 Personen. Doch durch den Wegfall der geplanten Betten konnten mehr Sitzplätze geschaffen werden – so dass 1139 Menschen in dem 23 Meter langen, 14 Meter breiten und 22,15 Meter hohen Bauwerk Schutz finden konnten.
Wer den Bunker von oben nach unten begehen möchte, muss zunächst am außen angebauten eigenen Treppen- und Aufzugstrakt hoch in die oberste Etage fahren. Von dort geht’s über eine Brücke hinein in den Bunker mit den beeindruckend dicken Wänden. „I.4“ lautet die Bezeichnung hier. Wer den Raum betritt, gelangt zu einem zentralen Treppenkern mit gegenläufigen Treppen.
Bunker dient derzeit als Lagerraum
„Der Bunker wird derzeit als Lagerraum benutzt“, erklärt Matthäus Lepich, seit zehn Jahren Facility-Manager des Turms. Wer durchgeht bis zur Ausgangstür auf der gegenüberliegenden Seite, gelangt im Freien in luftiger Höhe an ein Gitterpodest, auf der die Nottreppe endet, die in der obersten aufgestockten Etage beginnt. „Hier drunter ist das Nest der Turmfalken, die Jahr für Jahr am Turm brüten“, verrät Lepich.
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Doch die Falken sind nicht die einzigen Vögel, die sich für den Bunker interessieren. Unterhalb der Fluchttreppe sind ehemalige runde Belüftungsvorrichtungen, die quer durch die dicke Betonwand gehen. „Da brüten oft Gänse – und manchmal plumpst ein Ei in den Bunker“, verrät Lepich. Überhaupt, Vögel: Die alte Satelliten-Anlage auf dem Dach bezeichnet er als „Hattingens größte Vogeltränke.“
Auf jeder Etage gibt es vier Aufenthaltsräume
Vom Bunker-Treppenhaus aus sind in jeder Etage vier Aufenthaltsräume zu erreichen, von denen jeder einst etwa 100 Menschen fasste. Die Wände sind interessant weiß-grau unruhig gemustert. An einer ist noch blass in schnörkeliger Schrift geschrieben „Rauchen verboten“. Ein Schriftzug darüber ist bis zur Unkenntlichkeit verblasst. Bands haben hier einst Probemöglichkeiten gehabt. „Das könnten wir uns auch hier vorstellen“, sagt Krüger. Aber es gebe auch die Idee, einen Escape-Room einzurichten.
Einige der alten Schutztüren sind noch da, an anderen Räumen fehlen sie, nur die beeindruckenden Aussparungen für ihre Befestigung sind geblieben. Verbindungen zu Räumen und Fluren sind inzwischen teils mit angeschraubtem Wellblech versperrt.
Bunker für zivilen Luftschutz
Die Ränder der Treppenstufen in den Treppenhäusern sind nicht glatt, sondern sehen aus wie angefressen. Mitten im Treppenhaus fällt der Blick in ein rostiges Rohrstück, das aus dem Boden ragt, den Blick in die untere Etage freigibt. Eine ehemalige Trennmauer lässt sich auf dem Boden erahnen. „Ich nehme an, dass hier eine Toilette war“, so Lepich. Es gibt einen Lastenaufzug – eingebaut 1970.
UNICORN-Park
Wo der moderne Aufbau ist, befanden sich laut Wilfried Maehler und Michael Ide vom Verein Bochumer Bunker auf dem bombensicheren Dach „ehemals besondere Dachaufbauten mit Unterkünften für das Personal der Luftschutz-Bereitschaft und einen Beobachtungs-, einen Brandwachen- und einen Flakstand für eine leichte Flak zur Tieffliegerabwehr. Als Besonderheit zählt, dass die Beton-Dachaufbauten nur über Steigeisen vom Schutzraum aus zugänglich waren.“ Damit war der Bunker gedacht für den aktiven Luftschutz.
Im Dunklen leuchten die Wände
Im Erdgeschoss angekommen geht es um die Ecke herum hin zu einer dicken grünen Luftschutztür. „Die Wände sind bis auf Hüfthöhe grün gestrichen, darüber sind sie weiß. Aber: „Dieser Teil leuchtet im Dunklen“, verrät Lepich. Wer durch die Tür hindurchgeht, blickt linker Hand auf ein nachträgliches eingebautes Tor, das den Weg zu einem früheren Ein-/Ausgang versperrt. Das Raumstück ist nun Lagerraum. Ein Schwenk nach rechts – und es geht hinaus an die frische Luft, wo der Blick links auf den Büro-Eingangsbereich des Turmes fällt.
Massiv sieht der Bau von unten betrachtet aus, an dem sich Kletterpflanzen winden, deren Laub jetzt im Herbst rot leuchtet. Auf die Bunkeretagen sind vier weitere Etagen gesetzt. Etage sechs, sieben und acht mit etwa je 500 Quadratmetern sind Büroflächen. Etage neun ist die Kuppel, darunter ein Saal für Veranstaltungen – von dessen Terrasse aus sich ein spektakulärer 360 Grad-Blick auf Hattingen bietet. Kein Wunder, dass an einer Tür ein Fernglas hängt.
Satelliten-Anlage auf dem Treppen-Turm
Zur Satelliten-Anlage auf dem Dach des angebauten Treppen-/Aufzugsgebäudes geht es übrigens auch hinauf. „Die Anlage ist aus Südamerika importiert und sollte mal einem Wettersatelliten folgen. Heute ist das nur noch Hattingens größte Vogeltränke“, meint Lepich.
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Im Schatten des Bunkers soll das Grüngelände herausgeputzt werden, ein Biergarten entstehen. „Wir wollen das im kommenden Jahr schöner machen, auch für die Mieter. Dann ist dort ein Ort, an dem man draußen verweilen kann. Hinten ist ein kleines Forum, dort könnte man auch Lesungen halten“, sagt Anna Krüger. Wichtig ist ihr, dass das Gelände Campus-Charakter hat.
Schutzfunktion
Übrigens: Wer auf die Rückseite des Gebäudes geht, sieht, dass sich die aufgestockten Rund-Etagen spalten, um Platz zu lassen für eine außen angebrachte Fluchttreppe – die in die oberste Bunker-Etage führt. Somit hat der Bunker auch heute noch eine Schutzfunktion.