Hattingen. Im Februar haben Amphibien in Hattingen mit den Wanderungen begonnen. Jetzt machen sie aber wieder Pause. Wieso das gefährlich für die Tiere ist.

Erst kalt, dann warm, dann aber doch wieder kalt. Die vergangenen Wochen waren durchwachsen und haben mit ihren großen Temperatur-Unterschieden die Amphibien durcheinander gebracht. Und das nicht zum ersten Mal. „Schon seit fünf Jahren wandern die Kröten klimabedingt immer früher“, weiß der Amphibien-Experte Martin Maschka. In diesem Jahr war es der 17. Februar, als er in Hattingen das erste Amphibium auf Wanderschaft erwischte. Einen Tag später hat er den Krötenzaun an der Felderbachstraße aufgebaut.

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Schon mehr als 500 Tiere gerettet

„Wir haben jetzt schon mehr als 500 Tiere gerettet“, zieht Maschka Anfang März eine erste Bilanz, „fehlen noch mindestens 1500.“ Denn in den vergangenen Jahren seien es immer rund 2000 Amphibien gewesen, die die Naturschützer vom Verein „Artenschutz Ruhrgebiet“ auf dem Weg zu ihrem Laichort am Krötenzaun abfangen und vor einem Tod auf dem Asphalt haben bewahren können. Darunter nicht nur die Erd- und Kreuzkröten, die in Hattingen heimisch sind, sondern auch drei Frosch- und vier Molcharten.

Auch eine dritte Krötenart, die Geburtshelferkröte, lebt eigentlich in der Region. Sie hat Maschka aber schon seit gut zehn Jahren nicht mehr am Krötenzaun gesehen. Vermutlich gebe es noch Einzeltiere, glaubt er, die große Masse sei allerdings verschwunden. Dahingerafft von einer Pilzerkrankung.

Temperaturschwankungen stören die Wanderungen der Amphibien

Und auch die anderen Amphibienarten stehen unter Druck. Auch wegen der Klimaveränderung, die große Temperaturschwankungen schon früh im Jahr mit sich bringt. „Die Amphibien wandern eher und dann kommt noch einmal der knackige Frost“, beschreibt Maschka die Problematik. „Und es gibt noch keine Vegetation zum Verstecken.“ Ein plötzlicher Kälteeinbruch später im Jahr, beispielsweise im Mai um die Eisheiligen, wäre kein Problem für Kröte, Frosch und Molch.

Jetzt aber hätten die Amphibien ihre Wanderung erst einmal wieder unterbrochen und sind der Witterung schutzlos ausgeliefert. „Außerdem fehlt der Regen“, zählt Maschka eine weitere Herausforderung auf. „Der Frost wäre gar nicht so schlimm, wenn es vorher und nachher regnen würde.“ Da es aber nicht nur dieses Jahr, sondern auch in den vergangenen Jahren zur Wanderungszeit immer sehr trocken war, habe er schon viele Tiere gefunden, die einfach vertrocknet auf den Wegen lagen.

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Düstere Prognose: Amphibien vom Aussterben bedroht

Nun gehören Frösche und Kröten nicht unbedingt zu den populärsten Tieren, dennoch erfüllen sie für uns Menschen – und im Ökosystem allgemein – einen wichtigen Zweck, wie Martin Maschka erklärt: „Eine Erdkröte frisst im Jahr etwa eine Mülltonne voller Insekten, Spinnen und Würmer“, rechnet er vor. „Bei zwei bis dreitausend Erdkröten kann man sich vorstellen, welche Auswirkungen das auf uns hat.“

Derweil legt eine Erdkröte 4000 Eier – und damit schaffen die Tiere es gerade einmal, ihren Bestand zu erhalten. Viele der anderen, in Hattingen heimischen Amphibien schaffen es nicht mehr. Beispielsweise der Salamander, der wegen einer Pilzerkrankung fast nahezu aus Hattingen verschwunden ist, oder auch der Kammmolch, dem der gleiche Pilz an den Kragen geht. Hinzu kommt der Verlust von Lebensräumen sowie die Gefahr in der Wanderzeit überfahren zu werden. „Ich gehe ganz stark davon aus, dass wir in 40 oder 50 Jahren gar keine Amphibien mehr haben“, formuliert Martin Maschka eine düstere Prognose für Kröte, Frosch und Molch.

Hier wandern die Amphibien durch Hattingen

Die Felderbachstraße ist die einzige Straße in Hattingen, an der es einen Krötenzaun gibt. Außerdem wandern viele Tiere im Bereich des Schulenbergwaldes sowie an der Wasser- und Tippelstraße nahe der Isenburg. Martin Maschka bittet Autofahrer die Bereiche in der Wanderzeit zu meiden, sofern sie nicht zwingend dort entlang müssen.

An diesen sowie weiteren betroffenen Straßen hat die Stadt bereits Warnschilder wegen der Amphibienwanderung angebracht. Die Straße „Auf Drenhausen“ ist zudem von 19 bis 6 Uhr gesperrt, im gleichen Zeitraum sind die Schranken an der Schulenbergstraße geschlossen. Sonn- und Feiertags bleibt diese auch ganztägig gesperrt. Eine Vollsperrung gibt es außerdem an der Straße „Zur Maasbeck“.