Hattingen. Rote Sumpfkrebse haben sich am Kemnader See ausgebreitet. Naturführer Martin Maschka aus Hattingen erklärt, warum sie eine Gefahr sind.
Als Sebastian Hartmann um den Kemnader See in Bochum joggte, stoppte er plötzlich: Zwischen Seeterrassen und der Strandbar krabbelte im Gras ein etwa 15 Zentimeter langer Krebs. Es handelte sich um den Roten Amerikanischen Sumpfkrebs. Ein Einwanderer, der sich immer mehr am See ausbreitet. Mittlerweile millionenfach, wie der Hattinger Naturführer Martin Maschka auf WAZ-Anfrage erklärt.
Naturführer Martin Maschka betreibt in Bredenscheid die „Wildnisschule Ruhr“
„Mehrere Menschen – erwachsene wie Kinder – standen um das Tier“, sagt Hartmann. „Der Flusskrebs zeigte sich kampfeslustig, je näher man ihm kam.“ Der Sumpfkrebs gewinnt immer mehr Raum. Vor allem im Stausee, aber auch in Bächen, Wassergewinnungsanlagen und stehenden Gewässern. Er könne aber auch tagelang über Land laufen, sagt Naturführer Maschka, der die „Wildnisschule Ruhr“ in Bredenscheid betreibt.
Der Rote Amerikanische Sumpfkrebs stammt aus den Everglades in Florida und wurde in den 1970er- oder 80er-Jahren, so vermutet Maschka, wahrscheinlich von einer damaligen Zoohandlung in den Harpener Teichen ausgesetzt. Von dort sollen sich die Krabbeltiere auf den Weg in den Ümminger See und den Ölbach und ab etwa dem Jahr 2000 auch in den Kemnader See aufgemacht haben. Martin Maschka spricht von einem „Massenaufkommen“.
Tiere zeigen sich am Kemnader See sehr aggressiv, berichten Augenzeugen
„Aggressiv“ seien die Tiere, sagt Maschka. Das kann ein Augenzeuge bestätigen: ein radfahrender Apotheker (67), der so ein Exemplar auf dem Gehweg an den Ölbächen entdeckte und es mit einem Ast wieder sicher ins Wasser bewegen wollte. Der Krebs bewegte sich wie wild und streckte seine Zangen aus. Immer wieder schnappte das Tier nach dem Ast und versuchte reinzubeißen. Der Mann hatte regelrecht mit dem Tier zu kämpfen. „Ich habe fast Angst bekommen.“
Auch innerhalb der Tierwelt ist der US-Sumpfkrebs ein Problem. Als Einwanderer, ein sogenanntes Neozoon, verdrängt er die einheimischen Tierwelt. Wie Maschka erklärt, trägt er aus Amerika die Krebspest in sich, ist selbst aber dagegen immun – anders als der einheimische Edelkrebs. Dieser sei dem Erreger bereits zum Opfer gefallen und aus der Region wieder verschwunden. Auch der ebenfalls aus Amerika, vom Mississippi, über die interkontinentale Fischzucht eingeschleppte Kamberkrebs habe die Krebspest nach Europa und Bochum gebracht.
Neozoen-Krebse fressen Laich und Larven der heimischen Fisch- und Insektenwelt
Maschka zufolge bedrohen die Neozoen-Krebse auch die heimische Fisch- und Insektenwelt, indem sie den Laich und Larven fressen. Die Krebse selbst hätten hingegen keine Fressfeinde.
Einfach einsammeln darf man die Krebse nicht. Nur qualifizierten Anglern ist das erlaubt. Dabei seien die Tiere „eine Delikatesse“, sagt Maschka. In einer deutschen Discounter-Kette würde das Fleisch als „Flusskrebs-Schwänze“ angeboten.