Hattingen. Miriam Pereira arbeitet im Seniorenheim der Diakonie in Hattingen. Sie erzählt, was Corona für die Pflege bedeutet und Applaus für die Pfleger.

Seit 20 Jahren arbeitet Miriam Pereira in der Pflege. Im Haus der Diakonie in Hattingen hat die 42-Jährige vieles erlebt - eine Ausnahmesituation wie in der Corona-Krise aber noch nie. Sie berichtet, wie das Virus die Pflege beeinflusst und wie ein Balkon zum wichtigen sozialen Kontaktpunkt wird.

Angst bei Senioren und Pflegenden

"Es ist eine völlig neue Situation und da gab es gerade zu Beginn viel Angst", sagt die Pflegedienstleiterin des Hattinger Seniorenheims. Angst bei den Bewohnern, die nahezu alle vorerkrankt sind und damit zur besonderen Risikogruppe gehören, Angst vor einer Infektion aber auch bei den Mitarbeitern. "Jetzt ist ja auch noch Heuschnupfen-Zeit. Da ist ganz viel Aufklärung gefragt, dass ein Schnupfen nicht gleich eine Corona-Infektion bedeutet", erinnert sich Pereira.

Bei den Mitarbeitern sei die Stimmung inzwischen wieder gut. Dazu habe auch die Gewissheit beigetragen, dass es im Haus der Diakonie noch genügend Schutzausrüstung gibt. "Zum Glück hatten wir vorher schon genug Schutzkleidung, denn zwischenzeitlich blieben tatsächlich Lieferungen aus. Inzwischen laufen die aber wieder", beruhigt die Pflegedienstleiterin. Auch über 130 gespendete selbst genähte Masken hat sich die Einrichtung gefreut.

Vorsorgliche Quarantäne

Den Bewohnern habe man aber zunächst erklären müssen, warum jetzt alle Masken tragen. Hier leistete das Pflegepersonal viel Aufklärungsarbeit und musste auch trösten.

Unterdessen verändert das Virus die Arbeit im Heim. "Wir hatten einige Bewohner, die aus dem Krankenhaus zurückkamen - zum Beispiel auch nur nach einem Sturz. Weil sie nicht getestet wurden, haben wir sie direkt in häusliche Quarantäne genommen", erklärt Pereira die Sicherheitsvorkehrungen.

Für die betroffenen Senioren bedeutet das: Auf dem Zimmer bleiben. "Zum Glück haben wir fast nur noch Einzelzimmer." Die Pflegekräfte betreten die Zimmer dann nur noch in Schutzkleidung. Wäsche und Geschirr werden separat gewaschen. Und täglich werden die Flächen in den Zimmern desinfiziert.

Besuche unterm Balkon

Am meisten macht den Senioren aber wohl das Besuchsverbot zu schaffen. Denn seit Wochen dürfen Angehörige das Haus nicht betreten. "Anfangs war das auch schwierig. Viele Angehörige haben es nicht eingesehen", erinnert sich die Pflegedienstleiterin. Inzwischen gebe es aber das Verständnis.

Um den Bewohnern dennoch Kontakte zu ermöglichen, gibt es im Haus der Diakonie eine besondere Möglichkeit. "Die Bewohner können bei Bedarf auf den Balkon und dort mit ihren Angehörigen, die unten stehen, sprechen", sagt Pereira. Die Bewohner aus der dritten Etage dürften dafür auch in die erste Etage kommen, "damit sie nicht so schreien müssen".

Unterstützung über Applaus hinaus

Manchen Corona-Einschränkungen können die Bewohner sogar Positives abgewinnen. So werden die Unterhaltungs-Angebote nur noch in kleinen Gruppen gemacht. "Dann kommt jeder öfter dran. Das finden manche gut", lacht die Pflegedienstleiterin. Für willkommene Abwechslung sorgte außerdem ein Auftritt von Pfarrer Udo Polenske mit der Drehorgel vor dem Haus.

Für alle im Seniorenheim ist es eine anstrengende Zeit. Den Unterstützungs-Bekundungen in Form des abendlichen Applauses steht Miriam Pereira dennoch zwiegespalten gegenüber. "Ich finde es nett und gut, dass man uns bedenkt", sagt sie. Gibt aber zu bedenken: "Auch vor Corona wurde gepflegt - und das mit wenig Personal." Sie hofft deshalb, dass die Unterstützung auch im Nachhinein nachwirkt, wenn es umVerhandlungen über die Arbeitsbedingungen geht. "Vielleicht kommt dann endlich ein Stein ins Rollen."

Sechs Seniorenheime in Hattingen

Das Haus der Diakonie ist eines von sechs Hattinger Seniorenheimen. Drei davon, neben dem Haus an der Augustastraße auch das Martin-Luther-Haus an der Waldstraße und das Altenzentrum Heidehof in Niederwenigern, betreibt die Diakonie.

Die Theresia-Albers-Stiftung betreibt die Altenheime St. Josef an der Brandtstraße und St. Mauritius in Niederwenigern.

In Welper unterhält die Awo das Emmy-Kruppke-Seniorenzentrum.

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