Hattingen. Die Biomüll-Offensive der Stadt Hattingen zeigt Wirkung. Durch richtige Mülltrennung sparen die Stadt und die Bürger Geld für die Müllentsorgung.

Hattingen freut sich über mehr Müll. Seit Anfang des Jahres hat die Menge des Biomülls in der Stadt um 20 Prozent zugenommen. Das ist eine gute Nachricht, weil die Menge des Restmülls gleichzeitig um fünf Prozent abgenommen hat. Für die Stadt Hattingen bedeutet das bisher eine Kostenersparnis von 12.000 Euro und auch für die Bürger lohnt sich die Mülltrennung.

Abfallberaterin setzt auf Aufklärung zur Mülltrennung

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Die Stadtverwaltung hat eine „Biomüll-Offensive“ gestartet, die jetzt erste Erfolge zeigt. Viele Bürger haben sich in den vergangene sechs Monaten für die Biotonne entschieden. Unter anderem hatte man 748 Haushalte angeschrieben, die eine Befreiung von der Biotonne hatten. „Davon haben wir danach 294 Anmeldungen für eine Tonne bekommen“, freut sich Abfallberaterin Cornelia Padtberg.

Müllgebühren in Hattingen

Der Kreistag beschließt die Abfallgebühren, die die Städte an den EN-Kreis zahlen müssen. Mit ihnen werden die Kosten für das Entsorgen und Verwerten des Abfalls sowie notwendige Transporte von den Umlade- zu den Entsorgungsanlagen gedeckt. Pro Tonne Restmüll muss die Stadt 177 Euro zahlen, für die 1000 Kilogramm Biomüll sind es nur 120 Euro.

Die andere Hälfte der Gebühren wird für das Einsammeln in den Städten fällig. Der Stadtrat entscheidet über die Müllgebühren, die die Bürger zahlen müssen. Zuletzt waren die Abfallgebühren für den Restmüll deutlich – um 28 Cent auf 2,33 Euro je Liter – angehoben worden. Die Kosten für den Liter Biomüll blieben mit 1,10 Euro gleich.

Sie ist das Gesicht einer umfangreichen Aufklärungskampagne. Padtberg besucht Seniorengruppen, Kindergärten, Schulen und andere Einrichtungen. Zudem hat die Stadtverwaltung mit Flugblättern darüber informiert, was in den Biomüll gehört und was nicht. Auch in den Schulen sollen nach und nach alle Klassenräume mit Biobehältern ausgestattet werden – zum Beispiel für die Bananenschale, die vom Frühstück übrig blieb. „Wir können schließlich nicht dem Bürger sagen, er soll machen und selbst als Stadt nicht mitmachen“, betont Padtberg.

Restmülltonnen werden auf Biomüll kontrolliert

Ihr Weg sei es, die Hattinger „mit Herz und Verstand“ anzusprechen. Deshalb droht sie nicht sofort mit einem Bußgeld wenn der Müll falsch getrennt wird, sondern will aufklären. Kontrolle gehört allerdings auch dazu: Stichprobenartig prüft Padtberg den Inhalt der Restmülltonnen. Befindet sich darin Biomüll, macht sie ein Beweisfoto und schreibt die Besitzer an. Keine Nachsicht hat sie dabei bei denjenigen, die bereits zuvor in Sachen Biomüll angeschrieben wurden.

„Es ist ja nicht schlimm, eine Biotonne zu haben“, unterstreicht die Abfallberaterin. Im Gegenteil: Wer seinen Müll richtig trennt, spart Geld. Denn die Entsorgung von Biomüll ist für den Bürger und auch die Stadt deutlich günstiger als die von Restmüll.

Tonnenweise Restmüll könnte gespart werden

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Dennoch ist in der Vergangenheit mehr als die Hälfte des Biomülls im Restmüll gelandet. „Das Hattinger Beispiel zeigt, wie es die Bürger im Ennepe-Ruhr-Kreis selbst in die Hand nehmen können, ihre Abfallgebühren zu senken“, wertet Elisabeth Henne, Abfallberaterin der Kreisverwaltung.

An Ennepe und Ruhr könnte die Abfallmenge, die momentan über Restmülltonnen entsorgt wird, aber noch immer vergleichsweise einfach um gut 20.000 Tonnen reduziert werden. „Diese Menge müsste nur da landen, wo sie hingehört – in der Biotonne“, macht Henne deutlich.

Positive Effekte für die Umwelt

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„Und auch für Umwelt und Klima sind mit diesem Verhalten Effekte auf der Habenseite verbunden“, erinnert Henne daran, dass die seit 2013 laufende Vergärungsanlage in Witten aus dem Biomüll Strom macht. Aktuell wandeln zwei Blockheizkraftwerke das entstehende Gas in Energie für 2500 Haushalte sowie in Wärme um. Damit die Biogas-Anlage richtig arbeiten kann, ist es übrigens auch wichtig, dass kein Plastik im Biomüll landet.

>>> Kommentar: Eine echte Win-Win-Situation <<<

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© WAZ

Dass man sich einmal über mehr Müll freuen würde, erscheint zunächst wirklich suspekt. Klarer wird es, wenn man bedenkt, dass sich nicht die Menge, sondern die Verteilung geändert hat. Dabei hat die Mülltrennung vielfach einen schlechten Ruf. „Das landet ja eh wieder alles auf einem Haufen“ ist ein nicht selten gehörtes Argument.

Freitags wird eine bessere Klimapolitik für die Zukunft angemahnt, bei Hambach wird für den Forst demonstriert und im Kleinen? Speziell beim Biomüll hat jeder Bürger so einfach die Möglichkeit, einen bescheidenen, aber sinnvollen Beitrag zu leisten. Denn aus Biomüll wird Strom – ohne Kohle, ohne Atom, tatsächlich grün.

Nebenbei entsteht Kompost, den sich jeder Bürger kostenlos an der Biogas-Anlage im Bebbelsdorf in Witten abholen kann. Und obendrauf spart jeder Haushalt auch noch Geld, wenn er den Biomüll in die braune statt in die graue Tonne wirft. Klassischer kann man eine Win-Win-Situation nicht beschreiben.

Das Argument, der Biomüll sei eklig und stinke, das Abfallberaterin Cornelia Padtberg häufiger zu hören bekommt, kann ich nicht gelten lassen. Denn der Müll entsteht ja dennoch. Er müffelt nicht weniger, nur weil er im Restmüll landet. Deshalb ist der Müll ein Paradebeispiel dafür, dass sich Umdenken lohnt.