Hattingen. . Preiswerter Bioabfall landet regelmäßig in der teuren Restmülltonne. Das kostet Stadt und Bürger viel Geld. Kontrollen sollen Abhilfe schaffen.

  • Preiswerter Bioabfall landet regelmäßig in der teuren Restmülltonne
  • Das kostet die Stadt und ihre Bürger sehr viel Geld
  • Kontrollen durch den Ennepe-Ruhr-Kreis sollen Abhilfe schaffen

Restmüll- und Biotonnen reihen sich am Kistner aneinander. Elisabeth Henne, Sachgebietsleiterin Abfallwirtschaft des EN-Kreises, und Karina Birka, kontrollieren, ob der Müll in der richtigen Tonne landet. Schon im zweiten Restmüllbehälter finden die Frauen Hosen, Marmeladengläser, Joghurt und Küchenabfälle. „In dieser Tonne sind maximal zehn Prozent Restmüll“, schätzt Henne. Das Problem: Der Inhalt der Tonne hätte viel günstiger entsorgt werden können. Besonders die Gläser und Altkleider sind schwer und hätten – richtig entsorgt – nicht nur Platz, sondern auch Geld gespart. Die Stadt bezahlt beim Müll pro 1000 Kilogramm. Die Restmüllentsorgung ist mit 175 Euro die teuerste Variante. Dieselbe Menge Biomüll kostet lediglich 85 Euro. 488 000 Euro mehr als nötig musste Hattingen zuletzt mehr für die Abfallentsorgung bezahlen.

Arbeitsgerät: Mit Handschuhen zum Schutz und Smartphones zur Dokumentation sind die Müll-Detektivinnen bei ihren Touren unterwegs.
Arbeitsgerät: Mit Handschuhen zum Schutz und Smartphones zur Dokumentation sind die Müll-Detektivinnen bei ihren Touren unterwegs. © Fischer

In Warnjacken laufen die Frauen durch die Straße und inspizieren Mülltonne für Mülltonne. Elisabeth Henne schaut sich den Inhalt jedes Beutels genau an. Kollegin Karina Birka fotografiert die falsch einsortierten Sachen. Fast jede Tonne ist ein Treffer. „Man merkt schon am Gewicht, ob der Beutel den falschen Inhalt hat“, sagt Karina Birka. Biomasse ist deutlich schwerer. Häufig findet Henne Verpackungen und Küchenabfälle, wie Kaffeesatz oder Gemüseschalen, in der Restmülltonne. Die aber muss komplett biomüllfrei sein, sonst handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Laut Henne gilt: „Alles vor und nach dem Kochtopf darf in die Biotonne.“ Daraus gewinne man in der Vergärungsanlage den meisten Strom. Schon eine Bananenschale sorge für 34 Minuten Licht, sagt Henne.

Bei ihrer Arbeit werden die Frauen von den Anwohnern skeptisch beobachtet. „Das ist ein Einbruch in meine Privatsphäre“, beschwert sich einer. Oft gebe es nach solchen Kontrollen einen Shitstorm in den sozialen Medien, sagt Karina Birka. „Die Menschen nehmen ihren Müll persönlich“, weiß Elisabeth Henne: Ein anderer Anwohner versucht sich zu rechtfertigen. Es lasse sich nie ganz vermeiden, dass Biomüll im Restmüll lande. Vorschrift und wahres Leben überein zu bringen, sei schwierig.

Exemplarisch fürs ganze Stadtgebiet

Elisabeth Henne und Karina Birka, rechts, vom EN-Kreis bei der Kontrolle der Restmülltonnen.
Elisabeth Henne und Karina Birka, rechts, vom EN-Kreis bei der Kontrolle der Restmülltonnen. © Fischer

Elisabeth Henne öffnet den Deckel der nächsten Restmülltonne. Darin liegt ein schwarzer Staubsauger. „Da werden wir die Stadt bitten, ein Bußgeld zu verhängen“, sagt Henne. Denn Elektrogeräte im Restmüll sind verboten. Das komme aber selten vor, so Henne.

Einige Tonnen weiter liegen ein ganzer Kuchen und Muffins zwischen Servietten im Restmüll. „Da sind einem wohl die Törtchen daneben gegangen“, sagt Henne. Problematisch sei, dass in den Küchen nicht getrennt werde. Früher hatte man einen Eimer unter der Spüle, in den alles hineinkam. In den neuen Einbauküchen heute seien Trennsysteme eingepflegt. „Die benutzt nur keiner“, sagt Henne. Trotzdem findet die Sachgebietsleiterin Abfallwirtschaft auch zwei Haushalte mit perfekter Trennung und einige „saubere“ Mülltonnen.

Das Trennverhalten des Mülls am Kistner sei exemplarisch für das ganze Hattinger Stadtgebiet, sagt Henne. Und bei einer Kontrolle wird es nicht bleiben: „Wir kommen jetzt öfter.“