Hattingen. 5,5 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr werden in der Biogasanlage erzeugt – eine Verbrauchsmenge für 3000 Haushalte im Ennepe-Ruhr-Kreis.
- Biogasanlage der AHE wurde vor vier Jahren in Witten für 16 Millionen Euro gebaut
- 25 000 Tonnen Bioabfall kommen jährlich zusammen – immer noch landen 35 Prozent im Restabfall
- AHE gibt Kompost in den beiden Umladeanlagen des Ennepe-Ruhr-Kreises an Bürger ab
Wenn die Hattinger Gartenbesitzer im Frühjahr Kompost in ihren Beeten verbuddeln, kann es sein, dass sie ihren Tannenbaum recyceln. Genau, den Weihnachtsbaum, der in diesen Tagen von der Stadt entsorgt wird. Denn der entfaltet in der Wittener Biogasanlage der AHE, dem Entsorger für den Ennepe-Ruhr-Kreis mit Standort in Witten, ganz neue Fähigkeiten.
Die Vergärungsanlage mit nachgeschalteter Kompostierungsanlage, die vor vier Jahren für 16 Mio Euro gebaut wurde, zaubert wertvolle neue Stoffe aus scheinbar ausgedientem organischem Abfall. Dazu gehören Bananenschalen, Kaffeesatz, Teefilter und Salatblätter genauso wie der Tannenbaum – abgeschmückt natürlich. In der Anlage wird der Baum zerkleinert und in einen Behälter gefüllt, der 1600 Kubikmeter fasst – ein Fermenter.
Umwandlung bei 55 Grad
Abfälle aus der braunen Tonne (Tannenbäume inklusive) kommen da hinein und werden unter Ausschluss von Sauerstoff bei konstanten 55 Grad umgewandelt. „Da gibt es Methan bildende Bakterien, die Methangas praktisch ausatmen“, erklärt Prokurist Johannes Einig (34), der am 1. Februar zum Geschäftsführer aufsteigt.
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Dieses Gas wird in zwei Gasmotoren geleitet, in denen aus dem Gas Strom gemacht wird. 5,5 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr werden auf diese Weise erzeugt – eine Verbrauchsmenge für 3000 Haushalte im Ennepe-Ruhr-Kreis. Außer dem Gas gibt es noch feuchtes, matschiges Material. Einig: „Das bleibt zwanzig Tage in dem Behälter und wird dann von zwei Pressen in flüssig und fest getrennt.“
Kompost kostenlos
Das flüssige Material ergibt dann einen alternativen Düngerstoff für Landwirte, ein Gärrest von 8000 Tonnen pro Jahr. Der feste Bestandteil wird mit Holz- und Strauchschnitt (Grünabfall) gemischt und dann kompostiert. Dazu wird Sauerstoff und Wärme dazu gegeben und nach zwanzig Tagen – was durch die hoch spezialisierte Technik besonders schnell ist – werden in fünf Kompostierungstunneln jeweils 900 Kubikmeter hochwertiger Kompost erzeugt. „Das ist eine echte Alternative zu Mulch, der in früheren Zeiten aus Stroh oder Heu gemacht wurde, um den Boden zu lockern“, erklärt der 34-Jährige.
Diesen Kompost gibt AHE kostenlos an die Bürger in den beiden Umladeanlagen des Ennepe-Ruhr-Kreises ab: Im Norden in Witten und im Süden in Gevelsberg. Das bedeutet, aus dem Bio-Abfall werden drei Produkte hergestellt: Strom, Dünger für Felder und Mulch, um den Boden zu rekultivieren. Johannes Einig: „Der Ennepe-Ruhr-Kreis ist darin absolut vorbildlich, denn hier gibt es die Biotonne bereits seit 25 Jahren. Andere Städte in der Umgegend haben bis heute nicht einmal flächendeckend die Biotonne eingeführt.“
Immer noch 35 Prozent Bioabfall im Restmüll
Der Prokurist weist darauf hin, dass die Verbrennung von Restabfall doppelt so teuer ist wie die Verarbeitung in einer Vergärungsanlage. 25.000 Tonnen Bioabfall kommen beim Entsorger AHE pro Jahr zusammen. Dabei müsse man bedenken, so Johannes Einig, dass immer noch 35 Prozent Bioabfall im Restmüll landet, weil viele Bürger den Müll nicht sachgemäß trennen. Seit dieser Woche werden die Tannenbäume von der Stadt abgeholt, wenn sie von Engelshaar, Lametta und Kugeln befreit sind.
Dann sind sie unterwegs in die Biogas-Anlage in Witten und auf dem besten Weg, Strom zu erzeugen, die landwirtschaftlichen Flächen zu düngen oder den Boden aufzulockern, damit es in den nächsten Monaten grünt, wächst und gedeiht.