Gladbeck. Das Gesundheitsministerium hat den umstrittenen Klinik-Atlas publiziert. Doch es gibt Alternativen. Was Online-Ratgeber zum Krankenhaus sagen.

Mehr Transparenz soll der neue Klinik-Atlas herstellen. Das verspricht zumindest Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und nennt die Datenbank einen „übersichtlichen Wegweiser durch den Krankenhaus-Dschungel in Deutschland“. Seit Mitte der Woche ist die Internetseite www.bundes-klinkik-atlas.de erreichbar, und jeder Interessierte kann dort Informationen zu seinem Krankenhaus abrufen oder auch Krankenhäuser miteinander vergleichen. Wer vor einer Behandlung oder einer Operation steht, kann auch gezielt nach Krankheiten, Behandlungen oder Fachabteilungen suchen und bekommt dann die entsprechenden Infos auch über die wohnortnahe Versorgung.

Der Blick aufs Gladbecker Barbara-Hospital zeigt zunächst einmal die Bettenanzahl. Demnach gibt es vor Ort 301 Patientenbetten, laut Klinik-Atlas ist das Gladbecker Haus damit ein mittelgroßes im bundesweiten Vergleich. Dem stehen jedoch 12.493 Behandlungsfälle gegenüber, das sind laut Klinik-Atlas „viele“. Die Zahl der Behandlungsfälle wird im Klinik-Atlas auf einer Art Tacho dargestellt, der in fünf Stufen unterteilt ist. „Dafür wird die am Krankenhausstandort erbrachte Anzahl an Behandlungsfällen in eine Relation zu den Behandlungsfällen der anderen Krankenhausstandorte in Deutschland gesetzt und in Korridoren von je 20 Prozent dargestellt“, so die Erläuterung. Nach der Kategorie „viele“ kommt nur noch sehr viele. Das sind dann die 20 Prozent der Krankenhausstandorte mit den höchsten Fallzahlen.

Klinik-Atlas ist vor allem sinnvoll bei geplanten Operationen und Behandlungen

Diese Fallzahlen lassen sich auch für die jeweiligen Fachabteilungen abrufen. Demnach entfallen die meisten Behandlungen, 3898, auf die Innere Medizin, gefolgt von der Neurologie (2566). Insgesamt listet der Klinik-Atlas sieben Abteilungen auf, die wenigsten Behandlungsfälle, nämlich weniger als vier, entfielen demnach auf die Geriatrie.

Doch wann nutzt so ein Klinik-Atlas überhaupt? Sicher nicht, wenn es darum geht, akut Hilfe zu finden. Bei Herzinfarkt oder Schlaganfall wird man wohl kaum noch online nach der Klinik suchen. Anders sieht es sicher aus bei geplanten Behandlungen oder Operationen. Nehmen wir das Beispiel künstliches Hüftgelenk. Das operative Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks lässt sich als Behandlungsmethode einstellen, dazu den Ort Gladbeck, und schon spuckt der Atlas Ergebnisse aus.

Fallzahlen sind im Zweifel nur bedingt aussagekräftig

Die sortiert er zunächst nach der Anzahl der Behandlungsfälle. Demnach werden in der Region wohl im Elisabeth-Hospital in Herten besonders viele Hüft-OPs durchgeführt, nämlich 946. Stellt man die Sortierung um auf Entfernung, so wird als erster Treffer das Barbara-Hospital anzeigt. Hier werden immerhin noch 226 OPs dieser Art gezählt. Das reicht immer noch für die Kategorie viele. Gleiches gilt auch für den Einsatz eines künstlichen Kniegelenks (152 Fälle).

Doch wie aussagekräftig ist die Zahl der Behandlungsfälle eigentlich? Genau da setzen auch Kritiker des Klink-Atlas an. Und auch in den Erläuterungen auf der Internetseite selbst findet man diesen Hinweis: „Hohe Fallzahlen sind keine Garantie für gute Qualität.“ Allerdings sei es gerade bei spezifischen Behandlungen oder Eingriffen so, dass hohe Fallzahlen einhergingen „mit einem geringeren Risiko für Komplikationen und einer höheren Patientensicherheit“.

Im bundesweiten Vergleich schneidet Gladbeck beim Pflegequotienten nur mittelmäßig ab

Was aus dem Atlas auch hervorgeht: der Pflegepersonalquotient. Der setzt, so heißt es in der Erläuterung, die Pflegelast in Bezug zur Anzahl des Pflegepersonals. Der liegt fürs Barbara-Hospital bei 52,14. Hier kommen wieder die fünf Eingruppierungen ins Spiel, und Gladbeck schafft es hier nur auf Mittel. Je niedriger der Wert, desto besser, heißt es.

Bei den Katholischen Einrichtungen Ruhrgebiet Nord (KERN), zu dem auch das Gladbecker Krankenhaus gehört, schaut man zwiegespalten auf den Klinik-Atlas aus dem Hause Lauterbach. Ja, Transparenz schaffe Vertrauen, doch: „Ob der sogenannte Krankenhaus-Atlas des Bundesgesundheitsministers hier für mehr Informationen, für mehr Transparenz und, im Ergebnis, für mehr Vertrauen sorgt, bleibt, insbesondere bei der aktuell bereitgestellten Datenbasis aus 2022, abzuwarten.“, so Wolfgang Heinberg, Sprecher der KERN.

Krankenhausbetreiber sieht Haus- und Fachärzte als den besten Klinik-Atlas

Zunächst einmal seien aus KERN-Sicht die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, der Hausarzt oder der persönlich bekannte Facharzt der beste „Krankenhaus-Atlas“ für die Patientinnen und Patienten. Darüber hinaus gebe es schon seit vielen Jahren das Deutsche Krankenhausverzeichnis der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das biete ebenfalls online abrufbar alle Informationen über Kliniken, laienverständlich aufbereitet, basierend auf den Qualitätsberichten der Krankenhäuser. Das sei auch über viele Jahre auf der Gesundheitsinformationswebsite des Bundesgesundheitsministeriums eingebunden gewesen, sagt Heinberg.

Tatsächlich lässt sich unter www.deutsches-krankenhaus-verzeichnis.de auch vieles abrufen. Dabei fällt auf: Schon bei den Basis-Infos unterscheiden sich die beiden Seite. Das Krankenhausverzeichnis spricht von 323 Betten und 12.348 Fallzahlen für Gladbeck. Doch auch hier lassen sich die einzelnen Fachabteilungen auswählen, es gibt Informationen zur personellen Ausstattung, hier sogar aufgeschlüsselt nach Pflege- und ärztlichem Personal. Auch Fachexpertise und Weiterbildung lassen sich nachprüfen. Wer will, kann in dem Verzeichnis auch ganz gezielt nach Krankheiten oder Fachabteilungen suchen und sich die Ergebnisse für seine Region auswerfen lassen.

Krankenkassen und Deutsche Krankenhausgesellschaft bieten ähnliche Portale

Zusätzlich bieten auch verschiedenen Krankenkassen ähnlich Portale an, etwa die AOK mit ihrer Krankenhaussuche. Dort können Interessierte zudem ablesen, wie andere Patienten das Krankenhaus bewertet haben, ob sie es weiterempfehlen würden und wie zufrieden sie mit Ärzten und Pflegern waren. Demnach würden 72 Prozent der Befragten das Gladbecker Haus weiterempfehlen, 78 Prozent waren mit ärztlicher, 77 Prozent mit pflegerischer Leistung zufrieden.

Doch zurück zum Klinik-Atlas des Gesundheitsministeriums: Man habe den noch nicht „krankenhausscharf auf Herz und Nieren“ prüfen können, so Heinberg. Deshalb könne man zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht konkret zum Barbara-Hospital Stellung beziehen. Nur: „Die vom BMG im Krankenhaus-Atlas aktuell genutzten Daten sind aus 2022 und sind sicher mit Blick auf unser aktuelles Datum hier und da nicht mehr ausreichend aussagekräftig.“

Zudem habe die Krankenhausgesellschaft NRW schon darauf hingewiesen, dass es aus vielen Krankenhäusern Beschwerden über fehlerhafte und damit nicht selten irreführende Darstellungen im Bundes-Klinik-Atlas gebe. „Damit scheint die vom Bundesgesundheitsminister als Maßstab von Transparenz und Aufklärung für Patientinnen und Patienten angekündigte Online-Plattform in Teilen das Gegenteil dessen zu liefern, was man von einer amtlichen Datenbank der Bundesregierung auch schon zum Start erwarten muss“.

Tatsächlich berichtet auch die Augsburger Allgemeine über falsche Angaben im Klinik-Atlas in Bayern. Die KERN werde nun die Angaben zu ihren Krankenhäusern sichten, und falls fehlerhaft, auch öffentlich kritisieren, so Heinbergs Ankündigung. Dies werde aber noch einige Tage in Anspruch nehmen. Der Klinik-Atlas indes werde immer weiter entwickelt, heißt es auf der Internetseite, dabei nehme man Hinweise aus der Praxis auf. Schon im Laufe der kommenden Woche sei eine detaillierte Darstellung, etwa der Fachabteilungen, beabsichtigt.