Gladbeck. Stricken und Häkeln liegt im Trend. Petra Hochmuth bietet ihn ihrem Laden alles, was man dazu braucht. Doch etwas macht ihr Sorgen.
„Stricken ist bunt“, sagt Petra Hochmuth. Und das sieht man in ihrem Laden Wolle & mehr auch deutlich. In den Regalen stapeln sich hunderte Wollknäuel in den unterschiedlichsten Farben, teils bunt gemustert. Was derzeit angesagt ist? Petra Hochmuth zählt auf: „Leuchtendes Grün, Pink oder auch Rosé-Töne sind im Trend.“ Aber grundsätzlich gilt beim Stricken: Erlaubt ist, was gefällt. Die Kreativität sei ja eben das Schöne am Stricken oder Häkeln, sagt die 59-Jährige.
Seit 2010 versorgt sie nicht nur die Gladbeckerinnen und Gladbecker mit allem, was zum Stricken und Häkeln notwendig ist. Angefangen hat sie mit ihrem Geschäft an der Horster Straße in Brauck, seit 2017 gibt es ihren Laden in der Gladbecker Innenstadt, an der Bottroper Straße gegenüber dem Rathaus.
Gladbeckerin hat mit dem Laden ihr Hobby zum Beruf gemacht
„Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt Petra Hochmuth heute. Allerdings, bis es dazu kam, dauerte es etwas und ihre Mutter musste sie ein wenig anschubsen. Denn ursprünglich hat Petra Hochmuth bei einem privaten Postanbieter gearbeitet. Der habe dann von heute auf morgen seine Niederlassung in Gladbeck geschlossen. Den Traum vom Wollgeschäft, den habe sie zwar immer mal wieder im Hinterkopf gehabt, doch wirklich verfolgt habe sie ihn nicht. „Meine Mutter hat mir dann geraten, es dann endlich umzusetzen“, sagt sie. Und weil auch ihr damaliger Lebensgefährte und heutiger Ehemann sie unterstützt habe, wagte sie den Schritt.
Heute liegt ihr viel daran, den Zusatz „& mehr“ im Namen auch mit Leben zu füllen. Sie bietet ein Strickcafé an, setzt auf Beratung, gibt Hilfestellung, wenn Kundinnen – seltener Kunden – an ihre Grenzen stoßen. Im Zweifel gibt es die Unterstützung sogar per Telefon oder Textnachricht. Ihre Kundinnen wissen das und schätzen diesen besonderen Service. Genau wie sie die vielen Handarbeitsmagazine mit Strickmustern und Vorlagen schätzen, die als Inspiration im Laden liegen. Die meisten seien daher auch bereit, etwas mehr zu bezahlen. Denn mit Preisen, wie sie Discounter für ihre Aktionswaren anbieten, kann Petra Hochmuth nicht konkurrieren – und das will sie auch gar nicht. Sie setzt auf persönlichen Kontakt und Qualität.
Was sie ärgert: Es gebe auch immer mal wieder Menschen, die sich anderswo mit billiger Wolle eindecken und dann von ihr Anregungen, Ideen oder Tipps haben wollten. Manchmal frage sie sich schon, was die Menschen sich dabei denken, sagt sie. „Ich gehe doch auch nicht ins Restaurant, bringe mein eigenes Essen mit und frage dann nach Besteck“, so ihr Vergleich. Doch zum Glück komme so etwas nicht zu häufig vor.
Im Gegenteil, mit vielen Kundinnen komme sie gut aus, oft sei man auch per Du. Schließlich bietet Petra Hochmuth in einem durch Regale abgetrennten Bereich ihres Ladens auch regelmäßig ein Strickcafé an. Dort trifft man sich, sitzt zusammen, trinkt Kaffee und dann wir gequatscht, wobei vielleicht trifft es auch gefachsimpelt besser. Denn selbstverständlich wird dabei gestrickt und gehäkelt. Und so hilft man sich in der Runde gegenseitig weiter, tauscht Tipps aus und hilft vielleicht auch bei kniffligen Entscheidungen, etwa wenn es um die passende Farbe für die geplanten Socken gibt. „Ich biete hier Hilfe zur Selbsthilfe“, sagt die Gladbeckerin mit einem Schmunzeln.
Wolle aus Gladbeck ist sogar in den USA gefragt
Selbstverständlich strickt Petra Hochmuth auch selbst. Allerdings gehöre sie zu denjenigen, die immer gleich mehrere Projekte an der Nadel haben. So arbeite sie zurzeit unter anderem an mehreren Pullovern und einer Jacke. „Wenn neues Garn kommt, muss ich das ja sofort anstricken“, sagt sie mit einem Lächeln. Sprich: die neue Ware will getestet werden. Wobei die Fachfrau gern mit Garn mit Baumwollanteil arbeitet, gerade im Sommer, wenn die Kleidung leichter und luftiger sein soll.
Petra Hochmuth hat viele Stammkunden. Sie decken sich regelmäßig mit Wolle, Ideen und Tipps bei ihr ein und kommen längst nicht nur aus Gladbeck. Viele kämen auch aus Bottrop und Gelsenkirchen oder auch Dortmund, Oberhausen und anderen Städten der Region. „Einige von denen kannten mich schon als kleines Kind“, sagt die gebürtige Ellinghorsterin. Eine Kundin sei inzwischen ausgewandert, lebt in Boston in den USA. „Immer wenn die hier auf Heimatbesuch ist, kauft sie einen Riesenvorrat Wolle“, freut sich die Geschäftsfrau über die Treue ihrer Kundschaft.
Angekündigter Umbau des Willy-Brandt-Platzes macht der Gladbecker Geschäftsfrau Sorgen
Die ist während der Corona-Pandemie noch einmal gewachsen. Viele hätte in dieser Zeit mit den Handarbeiten angefangen, erinnert sich Petra Hochmuth. Aus dem Fenster, später vom Tisch in der geöffneten Tür habe sie die Wolle verkauft, innerhalb Gladbecks auch ausgeliefert. Manche Kunden waren so euphorisch, die hätten sogar sonntags angerufen, um Nachschub zu ordern. Da musste sie dann doch bremsen und auf den kommenden Montag vertrösten. Was die 59-Jährige jedoch freut: Viele derjenigen, die damals neu mit dem Stricken oder Häkeln begonnen hätten, seien dabei geblieben und kämen auch jetzt noch regelmäßig in ihrem Laden vorbei.
Gleichzeitig macht Petra Hochmuth auch keinen Hehl daraus, dass auch sie an einigen Stellen an Grenzen stößt. Socken beispielsweise stricke sie nicht. Doch es gilt: „Das, was ich kann, versuche ich weiterzugeben, aber allwissend bin ich nicht.“ Ihr Wissen über Wolle und Handarbeiten hat sie sich teils selbst beigebracht und angelesen.
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Doch wie blickt sie auf die Gladbecker Innenstadt? Als Ur-Gladbeckerin hat sie die Entwicklung der City hautnah miterlebt, weiß, welche Geschäfte es früher gab und wo jetzt überall Läden leer stehen. Eine Verschlechterung, vor der sie nicht die Augen verschließt. Gleichzeitig sagt sie aber auch mit Blick auf die noch vorhandenen Geschäfte: „Bis auf Elektrogeräte kriege ich hier in der Stadt eigentlich alles.“
Trotzdem blickt sie mit etwas Sorge in die Zukunft. Der angekündigte Umbau des Willy-Brandt-Platzes bereitet ihr Bauchschmerzen, denn für sie bedeute das: „Ich habe zwei Jahre lang eine Baustelle direkt vor der Tür.“ Sie hofft, dass die Kunden ihr die Treue halten und trotzdem weiterhin zu ihr kommen, wenn auch vielleicht unter erschwerten Bedingungen. Gleichzeitig hat sie für sich aber auch schon festgelegt, dass sie sich mit 65 Jahren zurückziehen wird. Es müsse im Leben auch noch mehr geben als Arbeit, sagt sie.
Blick in die Innenstadt
Die Gladbecker Innenstadt hat ihre Probleme, das ist bekannt. Gleichzeitig gibt es aber auch viele Geschäfte, die hier die Fahne hochhalten und ihren Teil dazu beitragen, dass die City trotz allem nicht tot ist – wie manchmal pauschal behauptet wird.
In loser Folge will die Lokalredaktion deshalb Fachgeschäfte und inhabergeführte Läden aus der Gladbecker Innenstadt vorstellen und die Geschäftsleute zu Wort kommen lassen.