Gladbeck. Bei wilden Müllkippen und illegaler Entsorgung kommt der ZBG-Ermittlungsdienst zum Einsatz. Ein Job, bei dem man seinen Ekel bezwingen muss.
Zielstrebig greift Daniel Reimann nachdem alten, durchgeweichten Koffer. Er hofft auf ein Namensschild oder einen anderen Hinweis auf den Besitzer des Teils. Der Mülldetektiv will so den Verursacher finden, der seinen Müll hier einfach an den Rand des Feldwegs gekippt hat. Gemeinsam mit seinem Kollegen Reiner Baranowski gehört er zum ZBG-Ermittlungsdienst. Sie nehmen die Müllhaufen genau unter die Lupe, suchen nach Hinweisen, um so den Verursacher zur Kasse zu bitten.
Hier, wo sich Ellinghorster Straße und Kößheide treffen, hat irgendein rücksichtsloser Zeitgenosse nahezu ein komplettes Badezimmer hinterlassen. Waschbecken, Toilette und Duschabtrennung sind eindeutig zu erkennen, dazu ein Bodenbelag – sieht aus wie Linoleum mit einem neckischen Pünktchenmuster – Fliesen sowie säckeweise Tapetenreste.
Das geschulte Auge des Gladbecker Mülldetektivs entdeckt Asbest
„Und Asbest“, ergänzt Reiner Baranowski. Die geschulten Augen des 59-Jährigen haben in dem Haufen nämlich noch eine Eternitplatte gefunden, wie sie in der Vergangenheit häufiger als Dachbedeckung genutzt wurden. Alles in allem sieht der Haufen aus, als habe hier jemand nach einer Renovierungsaktion seinen Schutt einfach in die Landschaft gekippt.
Die beiden Mülldetektiven hat das Jagdfieber gepackt. Akribisch wühlen sie sich durch den Berg, öffnen die Müllsäcke, immer in der Hoffnung, irgendwo einen Namen oder einen anderen Hinweis auf den Übeltäter zu finden. „Manchmal steckt zwischen solchen Sache auch noch eine Rechnung über Baumaterial“, berichtet Daniel Reimann aus Erfahrung. Das sei dann zumindest ein Hinweis auf den Verursacher. Ob er dann tatsächlich verantwortlich sei, kläre sich in den nächsten Schritten.
Dieses Nachforschen, dieses gründliche Suchen, „das ist doch auch der Sinn des Berufs“, sagt Reiner Baranowski. Vor allem, wenn die beiden dann erfolgreich sind. „Es ist immer wieder ein gutes Gefühl und ein Erfolgserlebnis, wenn man jemanden erwischt hat“, sagt Daniel Reimann.
Doch hier bleibt dem Duo das wohl verwehrt. Sie finden nichts, was Aufschluss geben könnte. Ihnen bleibt also nicht mehr, als eine Meldung an die Kollegen zu verfassen, die müssen den Dreck aufsammeln. Der kleine Pritschenwagen der Mülldetektive reicht für diese Menge nicht aus. Dafür muss ein großer Wagen zu dem Feldweg ausrücken.
Wird kein Verursacher ermittelt, muss die Allgemeinheit zahlen
Die Kosten muss die Allgemeinheit tragen, über die Müllgebühren. Ansonsten müsste der Verursacher zahlen, dazu kämen 1000 bis 2000 Euro Strafe. Stecke hinter der illegalen Kippe eine Firma, werde beispielsweise auch die Kreishandwerkerschaft informiert. Der Firma könnte dann das Gewerbe entzogen werden, so Baranowski.
Hinweise auf solche Dreckecken und illegalen Müllhaufen kommen vor allem über die Mängel-App beim ZBG an. Die Hinweise werden dann an die Mülldetektive weitergegeben, und die nehmen sie Situation vor Ort in Augenschein. Dazu gibt es neuralgische Punkte, insgesamt 44 in der Stadt, die regelmäßig von den Ermittlern angesteuert und kontrolliert werden, teils sogar täglich. Dazu gehören vor allem die Containerstandorte, da sammelt sich auch oft genug Müll, der dort nichts zu suchen hat.
Von dem einen Müllhaufen geht es weiter zum nächsten. Vor einem Haus an der Horster Straße stapelt sich der Sperrmüll. Ein Sperrmülltermin wurde tatsächlich auch vereinbart. Der Haken an der Sache: erst für den 13. Mai. Dass sich der Müll schon jetzt vor dem Haus türmt, ist nicht in Ordnung. Kritisch durchforsten Reimann und Baranowski den Unrat. Alte Stühle, kleinere Möbelstücke, aber auch vier Kühl- und Gefrierschränke sowie Autozubehör. Letzteres ist übrigens kein Sperrmüll, würde beim regulären Termin auch nicht mitgenommen.
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Einen Hinweis finden die beiden Ermittler nicht, aus ihren Unterlagen geht aber hervor, wer den Sperrmülltermin angemeldet hat. Auf ihr Klingeln öffnet dort jedoch niemand. Stattdessen öffnet sich in der Nachbarwohnung ein Fenster, eine Nachbarin spricht die beiden Mülldetektive an und bestätigt den Verdacht. Hier hat der Anmelder seinen Müll einfach einen Monat vor dem eigentlichen Termin auf dem Gehweg deponiert.
ZBG hat mehrsprachige Flyer entwickelt, die aufklären sollen
Und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass manch anderer seinen Müll einfach dazugestellt hat. Denn vier Kühlschränke stammen wahrscheinlich nur selten aus einem Haushalt. Doch das ist nicht das Problem des ZBG. Wer seinen Sperrmüll an den Straßenrand stellt, der ist dafür verantwortlich, müsse darauf achten, dass niemand etwas dazu stellt und die Fläche nach Abtransport auch säubern, zählt Baranowski die Pflichten des Bürgers auf.
Weil der Verursacher nicht öffnet, schauen Baranowski und Reimann später noch einmal vorbei. Dann bekommt er die Chance, den Müllberg wieder auf dem Grundstück oder im Keller zu lagern und zum Termin rauszustellen. Eine Strafe würde in so einem Fall nicht fällig. Es handele sich ja nicht um eine illegale Entsorgung.
Notfalls wühlen die Gladbecker Mülldetektive auch durch Essenreste
Und tatsächlich gebe es immer wieder Menschen, die nicht wüssten, wie es mit der Müllentsorgung in Deutschland funktioniere, erklären die beiden Mülldetektive. Deshalb hat der ZBG mehrsprachige Flyer verfasst um aufzuklären. Man suche da auch immer wieder das Gespräch, sagen die Mülldetektive.
Doch wenn man täglich die Hinterlassenschaften anderer Menschen durchwühlt, muss man sich da nicht überwinden? „Ich ekle mich vor gar nichts mehr“, sagt Reiner Baranowski. Dazu sei er auch schon zu lange beim ZBG. „Ekel ist auch nicht hilfreich in dem Job, den muss man überwinden“, ergänzt Daniel Reimann. Restmüllsäcke etwa würden sie auf die Pritsche ihres Wagens hieven, aufschneiden und dann gründlich durchsuchen.
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Im Zweifel wühle man sich sogar durch Essensreste. Je nachdem, wie lange sie schon vor sich hingammeln, stoße man dann auch auf Maden, berichten die beiden Ermittler. Aber: „Kaum jemand glaubt, dass sein Restmüll durchwühlt wird. Dadurch werden manche Menschen unvorsichtig und wir finden die nötigen Hinweise.“ Und dann kann es teuer werden.