Gladbeck. Immer mehr Menschen in Gladbeck und Bottrop haben einen Kleinen Waffenschein. Über konkrete Zahlen, die Gründe und die Folgen.

Die Zahl der ausgestellten Kleinen Waffenscheine im Bereich des Polizeipräsidiums Recklinghausen, dazu zählen auch Gladbeck und Bottrop, steigt. 2022 und 2023 lag die Zahl deutlich höher als noch in den Vorjahren. Die Gewerkschaft der Polizei vermutet hinter dem Anstieg ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis in Teilen der Bevölkerung.

790 Kleine Waffenscheine wurden im vergangenen Jahr ausgestellt, ein Jahr zuvor, 2022, waren es fast genauso viele: 789. Aber: In den Jahren davor waren die Zahlen noch deutlich geringer. So wurden 2021 insgesamt 363 Kleine Waffenscheine bewilligt, 2020 noch 407. Diese Zahlen nennt Polizei-Sprecherin Pia Weßing vom Polizeipräsidium Recklinghausen auf WAZ-Anfrage. Eine Aufschlüsselung der Zahlen auf die einzelnen Städte des Präsidiums sei nicht möglich.

Gewerkschafter: Fehlendes Sicherheitsgefühl ist von der tatsächlichen Sicherheitslage nicht gedeckt

Diese Entwicklung sei auch der öffentlichen Diskussion und Darstellung geschuldet, so höre man immer wieder etwa auch in den sozialen Netzwerken von Messerangriffen, so Norbert Sperling, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, Kreisgruppe Recklinghausen. Das führe bei dem einen oder anderen dazu, sich selbst vermehrt schützen zu wollen; aus Sorge, selbst Opfer eines solchen Angriffs zu werden. Doch: „Wir glauben nicht, dass das funktioniert. Je mehr Waffen im Spiel sind, desto eher ist eine Eskalation wahrscheinlich.“ Der Einsatz von Waffen sei immer ein Problem. „Auch die Kollegen müssen bei Einsätzen dann entsprechend darauf reagieren. Dabei wollen sie Situationen zunächst immer erst einmal kommunikativ lösen“, so Sperling.

Das subjektive Sicherheitsgefühl sei nicht messbar und man höre immer wieder, beispielsweise von älteren Menschen, dass sie sich bei Dunkelheit nicht mehr auf die Straße trauten. Dieses fehlende Sicherheitsgefühl sei von der tatsächlichen Sicherheitslage zwar nicht gedeckt, aber: „Diese Sorgen muss man ernst nehmen.“

Polizei rät lieber zum Einsatz eines Schrillalarms, der bei Bedarf ausgelöst werden kann

Generell empfiehlt die Polizei jedoch, sich immer die Frage zu stellen, welchen Eindruck es in der Öffentlichkeit mache, eine Waffe bei sich zu tragen. Denn auch wenn es sich nicht um scharfe Schusswaffen handele, sehen diese doch aus wie echte Waffen. „Wir raten dazu, in Bedrohungssituationen die Polizei unter der 110 zu rufen oder auf einen Schrillalarm zu setzen“, sagt Polizei-Sprecherin Pia Weßing. Der Taschenalarm, der beim Auslösen einen schrillen Ton von sich gibt, sei eine bessere Alternative.

Je mehr Waffen im Spiel sind, desto eher ist eine Eskalation wahrscheinlich
Norbert Sperling - Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, Kreisgruppe Recklinghausen

Der Kleine Waffenschein berechtigt dazu, Schreckschuss,- Gas und Signalwaffen in der Öffentlichkeit bei sich zu tragen. Aber, so schränkt Polizei-Sprecherin Pia Weßing ein: „An Silvester und bei öffentlichen Veranstaltungen ist dies nicht erlaubt.“ Um einen Kleinen Waffenschein zu bekommen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. „Wer einen Waffenschein bekommen möchte, muss mindestens 18 Jahre alt sein. Zudem wird auf Zuverlässigkeit und persönliche Eignung geschaut“, so Weßing. Dazu gehöre etwa die Prüfung, wie oft und weswegen der Antragsteller bisher polizeilich in Erscheinung getreten sei. Bei einer Kontrolle muss immer auch der Personalausweis in Verbindung mit der Waffe vorgezeigt werden, betont Pia Weßing.

Der Kleine Waffenschein kann online beantragt werden, die Beantragung kostet 90 Euro. „Wird der Antrag abgelehnt, müssen 75 Prozent dieser Summe gezahlt werden“, sagt Weßing. Wie viele Kleine Waffenscheine in den vergangenen Jahren beantragt wurden, kann die Polizei auf Anfrage nicht mitteilen, bloß die Zahl der Bewilligungen. Die Zahl der Anträge sei nur schwer zu ermitteln. Wer einmal einen Kleinen Waffenschein hat, gibt ihn in der Regel auch nicht mehr ab. „Den Waffenschein verliert man nur, wenn er einem entzogen wird oder bei Tod“, erklärt Weßing.

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