Gladbeck. Es gibt städtische Leistungen, die die Bürger digital anstoßen. Doch im Hintergrund laufen die nicht alle papierlos. Was bald möglich sein soll.

Mit wenigen Klicks den neuen Personalausweis beantragen? Eben im Internet den Bauantrag einreichen? Nun ja, zumindest Letzteres ist online tatsächlich schon möglich. Doch ein digitaler Antrag, das heißt noch lange nicht, dass tatsächlich im Rathaus dann auch papierlos gearbeitet wird.

Aber der Reihe nach: Personenstandsabfragen oder Meldebescheinigungen können bei der Stadt Gladbeck schon auf digitalem Wege beantragt werden, dasselbe gilt für Handwerkerparkausweise sowie An- und Abmeldungen der Hundesteuer und Melderegisterauskünfte.

Anfang 2023 hat die Stadt Gladbeck einen Fokus aufs Wohngeld gelegt

Anfang 2023 habe man zudem einen Fokus auf das Wohngeld gelegt, berichtet Christopher Schöps, der Leiter der städtischen IT. Damals war das Gesetz geändert worden, weit mehr Menschen als vorher haben seither Anrecht auf diese Unterstützung. Man habe deshalb unter anderem auch einen Wohngeldrechner entwickelt, der stark nachgefragt sei.

Auch bei den Themen Unterhaltsvorschuss und Untersuchungsberechtigungsscheinen bietet die Stadt digitale Möglichkeiten – alles gebündelt im Serviceportal. Das sei jedoch derzeit nicht erreichbar, sagt Schöps. Grund dafür ist die Hackerattacke auf Südwestfalen IT. Bei diesem Rechenzentrum liege eine Erweiterung des städtischen Serviceportals, und vorsorglich habe man das Portal deshalb vom Netz genommen. In den nächsten Wochen rechne man mit Rückmeldung, dass es wieder läuft und ganz normal erreichbar ist unter: serviceportal.gladbeck.de

Medienbrüche in der Bearbeitung sollen vermieden werden

Dort gibt es dann auch wieder die Möglichkeit, digital einen Bauantrag zu stellen. Doch gerade diese Dienstleistung ist ein Beispiel dafür, dass es noch etwas dauert bis zum digitalen Rathaus. Denn noch wird der Antrag dann in der Verwaltung ausgedruckt und auf herkömmliche Weise bearbeitet. Das, was hier geschieht, nennen Christopher Schöps und Lukas Zalkau, der Digitalisierungsbeauftragte der Stadtverwaltung, einen „Medienbruch“. Heißt an dieser Stelle kommt auf einmal das Medium Papier ins Spiel.

Ziel ist es jedoch, solche Brüche künftig zu verhindern. Aus dem Grund will Zalkau für seine Kolleginnen und Kollegen eine Digitalisierungsstrategie erarbeiten. So soll verwaltungsintern die Arbeit digital erledigt werden, gleichzeitig auch extern für die Bürgerinnen und Bürger Angebote geschaffen und Barrieren abgebaut werden– bis 2028 will man nach und nach alle Maßnahmen umgesetzt haben.

Derzeit wird das Fundament für die Digitalisierung gelegt

46 Maßnahmen umfasst das Konzept, das zuletzt im Unterausschuss Digitalisierung vorgestellt wurde und am Dienstag auch Thema im Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschuss (HFDA) sein wird. Zalkau vergleicht die Digitalisierung mit einem Hausbau. Wichtig sei, jetzt das richtige Fundament zu legen. Dafür brauche es die technische Infrastruktur innerhalb der Verwaltung, die IT-Sicherheit aber auch ein funktionierendes Datenmanagement.

An Letzterem werde etwa gearbeitet. Das umfasse die Digitalisierung aller Akten, um so quasi eine digitale Aktenablage zu schaffen. Bisher gebe es sie zu etwa 40 Prozent, so die Schätzung der beiden ITler. Derzeit liefen Absprachen mit den Ämtern, welche Anforderungen sie an eine solche Ablage haben, welche Arbeitsschritte am aufwendigsten sind, aber auch, welche besonders häufig von den Bürgern gefragt seien.

Brauchtumsfeuer sollen in Gladbeck künftig online angemeldet werden

So soll es im Laufe des ersten Quartals möglich sein, Brauchtumsfeuer digital anzumelden – mit Blick auf Ostern. Ziel fürs kommende Jahr sei es auch, einen digitalen Traukalender aufzusetzen, so dass Gladbeckerinnen und Gladbecker auf einen Klick erkennen können, ob ihr Wunschtermin noch verfügbar ist und an welchem Trauort. Langfristiges Ziel der Strategie ist das digitale Bürgerbüro. Dort soll es auch Hilfe beim Ausfüllen der digitalen Formulare geben. Denn inhaltlich macht die Digitalisierung die Formulare nicht unbedingt einfacher.

Doch was ist mit denen, die den digitalen Weg nicht mitgehen können? Für die wird es weiter die herkömmlichen Wege geben. Geplant ist eine zentrale Scanstelle bei der Stadtverwaltung, die Papierformulare auf den dann hoffentlich digitalen Dienstweg bringt. All das ist aber auch verbunden mit entsprechenden Schulungen innerhalb der Verwaltung.

Gladbecker Digitalisierungsstrategie umfasst 43 Projekte

Was haben die Bürger davon: Unter den 43 Projekten der Digitalisierungsstrategie gibt es auch eine Kita- Kommunikations-App. Der Veranstaltungskalender der Stadt soll ausgebaut werden und Angebote für verschiedene Zielgruppen bündeln und auch Anmeldungen ermöglichen. In der Bücherei läuft die Umstellung auf digitale Buchungen mittels eines Chips. So können die Nutzer ihre Ausleihen selbst buchen, und auch eine Rückgabe außerhalb der Öffnungszeiten wird so möglich.

Sportler sollen auf Sicht städtische Sportstätten digital buchen können – unabhängig von Öffnungszeiten der Verwaltung. Am Ende sei da gar eine kontaktlose Schlüsselübergabe denkbar, vielleicht am ehesten vergleichbar mit einer Ferienhausbuchung im Internet. Auch andere Freizeitangebote – etwa ein digitaler Stadtrundgang in der Gladbeck-App – sind ein Zukunftsprojekt. Ein verwaltungsinterner, digitaler Rechnungsworkflow komme der Wirtschaft zugute, weil Rechnungen schneller bearbeitet und damit bezahlt würden.

Austausch mit anderen Städten im Kreis Recklinghausen

Eine Stabstelle um Lukas Zalkau, angegliedert ans Büro der Bürgermeisterin, arbeitet an der Digitalisierungsstrategie. Regelmäßig einmal in der Woche treffe man sich zum Austausch, um die zahlreichen einzelnen Projekte zu koordinieren und voranzutreiben, erläutert Michael Berger, der Leiter des Büros der Bürgermeisterin. Dazu stimme man sich innerhalb des Kreises und mit anderen Städten ab.

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Bleibt die Frage nach den Kosten: Insgesamt lasse sich das nicht beziffern, meint Lukas Zalkau, wohl aber später bei den Einzelmaßnahmen. Michael Berger sagt deutlich: „Digitalisierung kostet zunächst einmal, hilft uns dann aber, zu sparen.“ Ein Beispiel, das er parat hat: die Räume. Allein der Platz, der für Aktenschränke derzeit in den Büros benötigt werde. Ohne die könne die Stadt sicher auf die Anmietung von Räumen, wie derzeit im Haus der evangelischen Kirche, verzichten.

Personalausweis freischalten lassen

Für viele der digitalen Angebote der Stadtverwaltung muss man sich anmelden und vor allem auch ausweisen. Die IT-Experten raten daher denjenigen, die dieses Services nutzen möchten, die Online-Funktion des Personalausweises freischalten zu lassen. Dazu benötigt man die Ausweis-App. Die ist auch für die Anmeldung nötig, da über die App der NFC-Chip ausgelesen wird. Dafür eignet sich jedes Smartphone, mit dem man auch mobil bezahlen kann. Ein extra Kartenleser für daheim ist nicht mehr nötig.

Gleichzeitig laufen die Arbeiten zur Nutzung der bundesweit einheitlichen Identifikationsverfahren, der Bund-ID. Auch die kann dann genutzt werden, bisher gibt es einzelne Länderlösungen, für NRW ist es das Servicekonto NRW.