Gladbeck. Statt 1460 sind bald 4500 Gladbecker berechtigt, Wohngeld zu empfangen. Die Stadt sagt: Das Geld kommt, bittet aber um Geduld und nennt Gründe.
Eine deutliche Entlastung für Gladbecker Haushalte mit geringem Einkommen wird kommen – aber jetzt ist erst einmal noch Geduld gefragt. Und bevor es zu Beschwerden kommen mag, erklärt Pressesprecher David Hennig lieber direkt im Voraus: Ja, das mit einer Gesetzesänderung am 25. November reformierte Wohngeld sei „ein ganz wichtiges Instrument, um der finanziellen Belastung vieler Rentner und Geringverdiener entgegenzuwirken.“ Aber: Zur finalen Bearbeitung der vielen Wohngeld-Anträge in Gladbeck wird es wohl frühestens erst ab April 2023 kommen.
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Denn erst dann sollen die zur Bearbeitung notwendigen IT-Anwendungen des Landes bereitstehen, erst dann könne damit das Wohngeld sauber berechnet und ordnungsgemäß ausgezahlt werden. „Aber es geht kein Geld verloren“, betont Hennig. „Alle Anträge werden natürlich bearbeitet und das Geld wird selbstverständlich rückwirkend gezahlt.“
Bearbeitung der Wohngeld-Anträge ist für Verwaltung eine zusätzliche Belastung
Erwartet wird mit Beginn des kommenden Jahres freilich eine Antragsflut: Denn durch die Reform des Bundes erweitert sich der Kreis der Wohngeld-Empfänger ab 2023 deutlich. Von derzeit rund 1460 berechtigten Haushalten in Gladbeck werde sich die Zahl erhöhen auf rund 3370 Bewilligungen, so die erste Prognose. Mittlerweile geht die Verwaltung aber von mehr Anträgen aus und schätzt, dass rund 4500 gestellt werden, was eine Verdreifachung bedeuten würde. Denn: Wie viele Menschen genau berechtigt sind, ist schwierig zu erfassen. Schließlich kennt die Stadt nicht die Einkommensverhältnisse jedes Gelsenkircheners.
Bekannt sind der Stadt nur jene Personen, die bislang bestimmte Leistung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II oder SGB XII) erhalten, also beispielsweise Hilfe im Alter. Sie sollen künftig ins Wohngeld wechseln und dadurch voraussichtlich mehr Geld erhalten. Diese Haushalte müssen keinen neuen Antrag stellen. Das wird über die zuständigen Behörden geregelt.
Die Verwaltung bereitet sich auf den Ansturm der Antragsteller vor
Die Stadtverwaltung bereitet sich derzeit auf den Ansturm der Antragsteller vor. „Das ist eine echte Herausforderung“, so Marcel Hädrich, Abteilungsleiter Existenzsicherung und Wohnen im städtischen Sozialamt. Momentan liege die Bearbeitungszeit bei einem entsprechenden Antrag bei etwa einem Monat. „Wir könnten an einen Punkt kommen, wo längere Wartezeiten möglich sind“, räumt Hädrich ein. 3,5 Stellen gibt es bei der Stadtverwaltung aktuell für die Wohngeld-Angelegenheiten. Zwei weitere Stellen sind für das kommende Jahr eingeplant und bereits besetzt. Sollten diese 5,5 Stellen nicht ausreichen, „so könnten bei höherem Aufkommen personelle Umschichtungen innerhalb der Verwaltung Entlastung bringen“, sagt Hennig und befristete Einstellungen für den Stellenplan 2024 ins Auge gefasst werden.
Heizkosten werden berücksichtigt
Das neue Wohngeldgesetz tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft. Dadurch werden insbesondere Menschen mit geringen Einkommen unterstützt – dazu zählen Familien, Alleinerziehende, sowie Rentnerinnen und Rentner, die knapp oberhalb der Grenze zum Erhalt sozialer Sicherung liegen.
Das neue Gesetz nimmt explizit die gestiegenen Heizkosten in den Fokus. Dafür wird zukünftig eine sogenannte Heizkostenkomponente auf das Wohngeld obendrauf gerechnet.
Zusätzlich zum erhöhten Wohngeld wird es für Menschen mit kleinem Einkommen einen weiteren einmaligen Heizkostenzuschuss geben: Wohngeldhaushalte, denen zwischen September und Dezember 2022 Leistungen gewährt wurden, erhalten 415 Euro für eine Person, 540 Euro für zwei und für jede weitere Person 100 Euro. Zuschussberechtigte Azubis, Schülerinnen und Schüler und Studierende bekommen 345 Euro.
Sozialdezernent Rainer Weichelt appelliert an die Menschen, die Leistungen in Anspruch zu nehmen und einen möglichen Bedarf auf jeden Fall ausrechnen zu lassen. „Viele Berechtigte trauen sich das oft nicht.“ Aktuell gibt es bei der Stadtverwaltung Überlegungen, einen möglichst niederschwelligen Zugang einzurichten. Dazu soll es etwa ein städtisches Angebot geben, ebenerdig in einem Ladenlokal, „ohne dass die Menschen durch eine große Pforte gehen müssen“, um sich ausrechnen zu lassen, ob ein Anspruch besteht. „Niemand braucht Scham zu haben“, so Weichelt. Wohlfahrtsverbände hätten zudem bereits Unterstützung in Form von Beratung zugesichert. Ob ein Anspruch besteht, sollten Gladbeckerinnen und Gladbecker lieber einmal zu viel als zu wenig überprüfen, rät der Sozialdezernent. Das ist auch online über einen Wohngeldrechner möglich.
Der Wohngeldantrag kann auch online via Internet gestellt werden
Ein Link dazu und auch zur Möglichkeit, den Antrag online zu stellen, sowie weitere Informationen zum Thema Wohngeld sind über die Homepage der Stadt zu finden, über das Stichwort „Wohngeld“ im Suchfenster. „Natürlich helfen auch die Kolleginnen und Kollegen in der Wohngeldstelle an der Wilhelmstraße (Service-Center) weiter“, so David Hennig. Das Ergebnis des Wohngeldrechners solle man jedoch mit Vorsicht genießen und das Geld erst offiziell einplanen, wenn der offizielle Bescheid mit der tatsächlichen Höhe da ist. Im Durchschnitt wird das Wohngeld um 190 Euro je Haushalt steigen, sich also etwas mehr als verdoppeln.
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David Hennig rät, schnellstmöglich den Wohngeldantrag zu stellen, da das Antragsdatum zähle, „ab dann wird bei Bewilligung rückwirkend gezahlt“. Da die Software wohl erst ab April funktioniert, bittet die Stadtverwaltung um Geduld. Haushalte, die allerdings dringend auf dieses Geld angewiesen sind, sollen nicht im Regen stehen gelassen werden. „Wenn Eilbedürftigkeit besteht, können in Notfällen Lösungen gefunden werden“, so David Hennig. Das neue Wohngeldrecht eröffnet die Möglichkeit, monatliche Vorschusszahlungen bis zur endgültigen Entscheidung über den eingereichten Antrag zu gewähren. Dies ist eine freiwillige mögliche Leistung der Kommune. Allerdings kann es auch hier passieren, dass eventuell doch etwas zurückgezahlt werden muss, falls der im April berechnete Anspruch geringer ausfällt, als zunächst eingeschätzt wurde.