Gladbeck. Als Leiter des Behinderten-Wohnheims begann Rainer Knubben 1983 bei der Caritas Gladbeck. Ende des Jahre geht er in den Ruhestand. Blick zurück.
Am 15. November 1983 hat Rainer Knubben seine Arbeit beim Gladbecker Caritasverband aufgenommen. Auf den Tag genau 40 Jahre später – am 15. November 2023 – feiert er sein Dienstjubiläum und gleichzeitig auch seinen Abschied. Denn Ende des Jahres geht Rainer Knubben, mittlerweile seit 2009 Vorstand des Gladbecker Wohlfahrtsverbandes, in den Ruhestand. Zeit, zurückzublicken auf 40 Jahre soziale Arbeit in der Stadt.
Sein geräumiges Büro mit dem großen Schreibtisch im Verwaltungsgebäude an der Kirchstraße hat Knubben bereits vor einigen Wochen seinem Nachfolger Wieland Kleinheisterkamp überlassen, der sich bereits seit Oktober mit seiner neuen Aufgabe vertraut macht. Rainer Knubben ist ein Büro weiter gezogen – und hat schon mal kräftig ausgemistet. Akten, Unterlagen, Notizen und Memos aus 40 Arbeitsjahren hat er zuerst in etlichen Umzugskartons verpackt und dann ordnungsgemäß der Aktenvernichtung anvertraut. „Einen kleinen Karton mit Erinnerungen nehme ich Ende des Jahres dann mit nach Hause“, sagt der 66-Jährige.
Um die 2000 Menschen betreut die Caritas Jahr für Jahr in Gladbeck
Gut 800 Mitarbeitende hat der Caritasverband in Gladbeck. Um die 2000 Menschen werden von ihnen Jahr für Jahr betreut – Schwangere, Familien, Kinder, Senioren, Wohnungslose, Menschen mit Behinderungen, psychischen Erkrankungen und mit Suchtproblemen. „Es gibt viel Not in Gladbeck, und so manches Schicksal verkraftet man auch nach Jahren der Arbeit im sozialen Bereich nicht so ohne Weiteres“, sagt Rainer Knubben. Bereut hat er seine Entscheidung, bei der Caritas zu arbeiten, allerdings wohl nie.
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Als Leiter des St.-Suitbert-Hauses in Brauck ist er 1983 gestartet. Mittlerweile ist das Wohnheim für Menschen mit Behinderungen ein Auslaufmodell. Und diesen Prozess federführend mit in die Wege geleitet hat Rainer Knubben – mit dem Projekt „Wohnen 2015“. Doch 1983 hat das noch keine Rolle gespielt. Mit Menschen mit Behinderung arbeiten? So richtig vorstellen konnte Knubben sich das Anfang der 80er nicht. „Ich habe in Gelsenkirchen in einem Kinderheim gearbeitet, und eigentlich stand für mich fest, auch weiterhin mit Kindern und Jugendlichen arbeiten zu wollen.“ Jedoch, es gab keine entsprechenden Stellenangebote.
1986 entstand die erste Außenwohngruppe der Gladbecker Caritas an der Tilsiter Straße
Zweite Wahl blieb die neue Beschäftigung im Suitbert-Haus allerdings nicht lange. Schon nach kurzer Zeit waren ihm die Bewohner ans Herz gewachsen. „Ich habe gelernt, nicht auf die Defizite zu schauen, sondern stattdessen auf die Stärken der Menschen. Und was die Ehrlichkeit angeht, kann sich da so mancher Nichtbehinderte eine Scheibe abschneiden.“ Im Suitbert-Haus haben schon immer auch viele junge Menschen gelebt. Rainer Knubben hat das zum Nachdenken gebracht. „Es gab keinen Grund dafür, dass sie alle Zeit ihres Lebens in einer Einrichtung leben müssen.“
Als Folge dieser Überlegung entstand 1986 die erste Außenwohngruppe der Caritas an der Tilsiter Straße. Sie war als Trainingsgruppe konzipiert. Menschen mit Behinderung konnten hier betreut üben, alleine zurechtzukommen. Weitere Wohngruppen, zentral gelegen und barrierefrei, wurden in Mitte und in den Stadtteilen gebaut. Neubauten, die viel mehr Teilhabe ermöglichen als das fernab gelegene, alte Wohnheim in Brauck. Und mit dem Projekt „Wohnen 2015“ sollte eigentlich schon vor acht Jahren das Ende des Wohnheims eingeläutet werden. Das hat zeitlich nicht geklappt. Erst 2025 wird der jüngste Caritas-Neubau auf dem Gelände von St. Johannes bezugsfertig, und damit das St.-Suitbert-Haus endgültig Geschichte sein. Eine Erfolgsgeschichte ist das Wohn-Projekt für die Menschen mit Behinderung in Gladbeck dennoch.
Was wird aus dem St.-Suitbert-Haus in Gladbeck-Brauck?
Das Schicksal des Suitbert-Hauses muss Rainer Knubben allerdings in die Hände seines Nachfolgers legen. Denn noch ist nicht entschieden, wie das riesige Gebäude an der Brauckstraße weiter genutzt werden könnte, oder ob es verkauft werden soll. Dass diese Entscheidung bei Wieland Kleinheisterkamp aber gut aufgehoben ist, davon geht der scheidende Caritas-Chef fest aus. „In der Zeit unserer Zusammenarbeit hat sich bereits herauskristallisiert, dass ihm dieselben Dinge wichtig sind wie mir.“ Das seien zum einen die Menschen, die die Caritas in der Stadt betreut, aber genauso auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wohlfahrtsverbandes.
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Dass die Gladbecker Caritas zu den besten Arbeitgeberinnen im sozialen Bereich gehört, das hat der Verband bereits seit 2019 schriftlich. Da gab es nämlich in Berlin die Auszeichnung des bundesweiten „Great Place to Work“-Wettbewerbs. Und dass ein gutes Arbeitsklima auch künftig bei der Caritas eine zentrale Rollen spielen wird, davon geht Rainer Knubben fest aus.
Zwei tragische Ereignisse haben sich dem Caritas-Vorstand für immer eingeprägt
Zwei tragische, schreckliche Ereignisse haben sich Rainer Knubben für immer eingeprägt. „Für beide gilt, es ist nach wie vor schwierig, damit umzugehen“, sagt der scheidende Caritas-Vorstand.
Blick zurück ins Jahr 1997: Im St.-Suitbert-Haus ist in der Nacht ein Feuer ausgebrochen. Bewohner und Mitarbeiter müssen rasch in Sicherheit gebracht werden. „Zum Glück ist damals niemand ernsthaft verletzt worden. Aber die Bilder aus dieser Nacht werde ich immer im Kopf behalten“, sagt Knubben heute. Das Feuer hatte großen Schaden angerichtet. Die Bewohner und ihre Betreuer mussten in ein Notquartier umziehen. Für neun Monate wurde das kurz zuvor leergezogene Krankenhaus in Gelsenkirchen-Resse ihr Zuhause auf Zeit – dann konnten sie zurückkehren ins renovierte Heim in Brauck.
Mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie konnte niemand rechnen
Das zweite Ereignis ist jüngeren Datums: die Corona-Pandemie. „Was diese Zeit mit den Menschen gemacht hat, wie sie sich auf unsere Arbeit ausgewirkt hat, das hat man sich vorher einfach gar nicht ausmalen können“, erinnert sich Rainer Knubben. Wenn er von den Ansteckungen bei Mitarbeitern und Bewohnern in den Einrichtungen spricht, von den Todesfällen in den Seniorenheimen, dann merkt man ihm seine große Betroffenheit immer noch an.
Krankenhäuser und Pflegeheime, in denen auf einmal keine Besuche mehr möglich waren. Menschen, die einsam gestorben sind; Verwandte, die sich nicht von ihren Lieben verabschieden konnten. „Es war einfach schrecklich, was sich da abgespielt hat!“ In Erinnerung geblieben ist ihm aber auch, wie kreativ die Caritas-Mitarbeiter in den Einrichtungen im Laufe der Pandemie mit der Problematik umgegangen sind, damit bei allem Stillstand des öffentlichen Lebens doch noch ein kleines bisschen Miteinander möglich wurde.