Gladbeck. Heinz Richter war Soldat, technischer Zeichner, Hobby-Schreiner und zwölftes von 13. Kindern. Geschichten aus einem gelebten Leben.

Man kann sich auch im fortgeschrittenen Alter noch Ziele stecken. „Ich peile die 110 an“, sagt Heinz Richter. Die 101 hat er schon, was ihm nun wirklich nicht anzumerken ist. In dieser Woche feierte der gebürtige Gladbecker in der Tat seinen 101. Geburtstag. Den Termin fürs Gespräch mit der Zeitung hat der Senior am Telefon selbst ausgemacht. Er geht auch noch selbst einkaufen und ist geistig vollkommen auf der Höhe. Gut, die Ohren wollen nicht mehr so, wie es Heinz Richter gerne hätte. Er nimmt’s mit Humor: „Schlecht hören kann ich gut.“

Er greift auch auf den Rollator zurück. „Ich bin vorsichtig geworden“, räumt er ein. In Rentfort ist Heinz Richter zur Welt gekommen. Er war das zwölfte von 13 Kindern und verlebte, wie er mit wachen Augen erzählt, eine unbeschwerte Kindheit. „Ich hatte viel Auslauf.“ Sein Vater war Bergmann, seine Mutter kümmerte sich um die große Kinderschar. Mit Freunden verbrachte er viel Zeit auf dem Hof der Familie Wüllentorp, der nur ein paar Hundert Meter entfernt lag.

Gladbecker wurde als Soldat eingezogen: „Man wurde doch nicht gefragt“

Eigentlich sollte er, so erinnert sich Heinz Richter, nach der Volksschule aufs Gymnasium wechseln. So hatte es zumindest sein Lehrer vorgeschlagen, der auch einen Teil der Kosten für den Schulunterricht übernommen hätte, wie der Gladbecker erzählt. Aber der Direktor des Gymnasiums lehnte eine Aufnahme des Schülers ab, und auch sein Vater wäre von einem Besuch der Oberschule nicht angetan gewesen, erinnert sich Heinz Richter. So besuchte er weiter die Volksschule und machte nach seinem Abschluss bei der Firma Oswald Schulze eine Lehre als technischer Zeichner. Seine erste Anstellung fand Heinz Richter bei einem Ingenieurbüro in München.

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1941 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Hatte er Angst? War er stolz? Heinz Richter winkt ab. „Man wurde doch nicht gefragt.“ Der Gladbecker war in Frankreich im Einsatz. Nach dem Kriegsende waren seine Fähigkeiten in München nicht mehr gefragt. Heinz Richter kehrte in seine Heimat nach Gladbeck zurück und fand Anstellung bei der Firma Borsig in Gladbeck. „Das war klasse.“ Unter seiner Leitung, so berichtet er, sei die Abteilung für den Apparatebau entstanden. Privates Glück fand er auch. Bei einem Tanztee in Butendorf lernte er Anna Pröse kennen, die er auch heiratete.

101 Jahre alter Gladbecker: Seine Werkstatt im Keller hat er behalten

Die junge Familie – später mit Sohn und Tochter – lebte viele Jahre im Elternhaus der Ehefrau in der Marktstraße. Als das Haus einem Neubau weichen musste, zog es die Familie in den Gladbecker Osten. Heinz Richter war ein passionierter Heimwerker. Und ganz besonders hat es ihm die Schreinerei angetan. Möbel hat er gebaut, und kleine Geschenke ebenfalls. Der 101-Jährige steht auf und holt aus dem Schrank eine Lokomotive mit kleinen Anhängern. Ein Schmuckstück. Rund 40 Exemplare, erzählt er, habe er davon gebaut und an Freunde und Verwandte geschenkt. Die Werkstatt im Keller hat er nach wie vor, aber das Heimwerken hat der Gladbecker aufgegeben. Gibt’s ein Rezept, um bei so guter Gesundheit so alt zu werden? Heinz Richter schüttelt mit dem Kopf. Vermutlich seien es die Gene, antwortet er. Seine Eltern seien auch recht alt geworden. Gute Voraussetzungen also für die 110.