Gladbeck. Das ehemalige Möbelhaus Niessing in der Gladbecker Innenstadt ist inzwischen komplett entkernt. Künftig sind hier Wohnen und Gewerbe geplant.

Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass hier mal Möbel verkauft wurden. Wo früher die Traumküche oder das bequeme Sofa auf den Kunden wartete, türmen sich jetzt teils Schuttberge auf. Die Umbauarbeiten im ehemaligen Möbelhaus Niessing am Gladbecker Marktplatz laufen auf Hochtouren, die Entkernung des Gebäudes sei so gut wie abgeschlossen, sagt Stefan Heidermann, Prokurist von Kreativ Bauen und Wohnen aus Schermbeck beim Besuch der Lokalredaktion auf der Baustelle.

Schuttberge in den oberen Etagen des Hauses in der Gladbecker City – sie müssen mit viel Aufwand über den bestehenden Fahrstuhl nach unten befördert werden.
Schuttberge in den oberen Etagen des Hauses in der Gladbecker City – sie müssen mit viel Aufwand über den bestehenden Fahrstuhl nach unten befördert werden. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Während das Hauptgebäude also entkernt ist, laufen hinter dem Haus die Abrissarbeiten. Die Abbruchspezialisten von BST aus Bottrop reißen einen Anbau – den ehemaligen Verwaltungstrakt – ein. Die Idee, diesen etwas niedrigeren Bauteil einfach aufzustocken, mussten die Bauherren verwerfen. Statisch war das nicht möglich. Stattdessen wird dieses Element nun also dem Erdboden gleichgemacht, bevor dann an derselben Stelle neu gebaut wird.

Ein Innenhof soll in das ehemalige Möbelhaus geschnitten werden

Das Hauptgebäude ist zwar derzeit eingerüstet, doch wer aufmerksam durch die Stadt geht, dem werden an den Außenwänden und an der Fassade schon Änderungen aufgefallen sein. Einige Fenster wurden dauerhaft verschlossen, an anderer Stelle neue Fensteröffnungen in das Gebäude geschnitten.

Doch verglichen mit dem, was noch kommt, ist das nur ein Vorgeschmack. Die Pläne sehen für das Gebäude auch einen Innenhof vor – zumindest ab der ersten Etage. Denn nur auf diese Weise gelingt es, Tageslicht in Bereiche des ehemaligen Möbelhauses zu bringen, die bisher künstlich beleuchtet werden mussten. Über den Innenhof, so Heidermann, erfolgten dann auch die Zugänge zu den geplanten Wohnungen.

Mitte August soll der Mietvertrag mit der Gastronomie stehen

Dafür brauche es im Vorfeld eine sehr dezidierte Analyse. „Wir müssen klären, was die Statik hergibt, wo wir da eingreifen können und wo wir dann vielleicht auch Kompensationsmaßnahmen ergreifen müssen.“ Doch die Stützen, die das ganze Haus vom Dach bis zum Fundament durchziehen, gäben da schon eine Art Raster vor, innerhalb dessen man sich bewegen könne.

1890 Quadratmeter Wohnfläche bei 36 Wohnungen sollen hier realisiert werden. Rund die Hälfte davon ist zwischen 35 und 45 Quadratmetern groß, weiterhin geplant sind Wohnungen mit einer Größe von 55 bis 70 Quadratmetern und zwei mit mehr als 90 Quadratmetern Wohnfläche. Dazu kommen im Erdgeschoss zwei Gewerbeeinheiten. Eine davon ist für Gastronomie geplant. Wer dort einziehen wird? Das könne er noch nicht sagen, so Heidermann. Die entsprechenden Verträge seien noch nicht unterzeichnet, es gebe zwei potenzielle Mieter, die starkes Interesse hätten. Mitte August, so Heidermanns Schätzung, könne man mehr sagen. Für die zweite Fläche verhandele man mit einem Anbieter aus dem Gesundheitsbereich.

Beim Abriss kommen ferngesteuerte Maschinen zum Einsatz

Derweil knabbert auf der Rückseite der Bagger am Anbau. Die Abrissarbeiten im Bestand, sie sind nicht ohne, sagt Bauleiter Thorsten Becker von BST. Schließlich darf nichts weggerissen werden, was später noch gebraucht wird. Entsprechend vorsichtig gehen die Männer vor. Auf einer Etage ist ein ferngesteuerter Abbruchroboter am Werk. Vorteil: Kein Mensch muss sich in die Gefahrensituation begeben. Weitere Schwierigkeit an der Stelle: Direkt hinter der Wand, die weg soll, sitzt die Außenwand des Nachbargebäudes. Die darf bei den Arbeiten nicht beschädigt werden.

Die Rückseite des Gebäudes – der Anbau, an dem der Bagger schon knabbert, wird komplett abgerissen.
Die Rückseite des Gebäudes – der Anbau, an dem der Bagger schon knabbert, wird komplett abgerissen. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Das gehört eben zu den Schwierigkeiten beim Bauen im Bestand, das weiß Stefan Heidermann selbstverständlich auch. Trotzdem habe man sich bewusst gegen einen kompletten Abriss entschieden. „Das bedeutet im Vorfeld eine gute Planung und Überlegung, wie der Bau mit Leben gefüllt werden kann.“ Gleichzeitig brächten Altbauten ja auch nicht selten Charme und Historie mit sich. „Da wollen wir dann gar nicht mit dem Abbruchhammer ansetzen.“

Schermbecker Investor kann auf Netzwerk von Unternehmen zurückgreifen

Der Plan, im ehemaligen Gladbecker Traditionsgeschäft sogenanntes Micro-Living, also teils kleine und auch schon möblierte Wohnungen anzubieten, scheint auf Interesse zu stoßen. Obwohl die Vermarktung offiziell noch gar nicht begonnen habe, gebe es schon Anfragen und Interessenten für die Wohnungen. Kreativ Bauen und Wohnen setzt dabei auf Geschäftsleute, die Wohnungen auf Zeit suchen, ebenso wie auf Studenten. Der Standort Gladbeck sei dafür ideal, so Heidermanns Überzeugung – auch mit Blick auf die Universitäten und Fachhochschulen in unmittelbarer Nähe. Andere Wohnungen in dem Haus werden auch ganz klassisch vermietet.

Für diesen etwas anderen „Neubau“ in der Gladbecker City setzen die Bauherren auch auf Nachhaltigkeit. Geplant ist eine Photovoltaik-Anlage auf Teilen des Daches und der Fassade, geheizt wird mit Wärmepumpen, und auch Dachbegrünung ist vorgesehen. Anfang 2025 soll die Baustelle abgeschlossen sein. Noch liegt alles im Zeitplan. Fachkräfte- oder Materialmangel spüre man hier noch nicht, sagt Heidermann. Da helfe es, dass die Firma sich ein Netzwerk aus Unternehmen aufgebaut habe, mit denen man regelmäßig zusammenarbeite.