gladbeck. . 5000 Quadratmeter Verkaufsfläche bietet die Wohnwelt Niessing am Marktplatz. Jetzt feiert das Möbelunternehmen sein 125-jähriges Bestehen.

  • Die Wohnwelt Niessing am Markt feiert in diesen Tagen ihr 125-jähriges Bestehen
  • Seit Jahren kann sich das Unternehmen in einem hart umkämpften Markt behaupten
  • Das A und O fürs Unternehmen sind ein guter Service und eine gute Beratung

Ein Möbelgeschäft mitten in der Innenstadt – heutzutage eine Rarität. 5000 Quadratmeter Verkaufsfläche – ein Zwerg gegenüber den Riesen auf der grünen Wiese. Und trotzdem behauptet sich die „Möbelwelt Niessing“ im hart umkämpften Markt, und das jetzt schon 125 Jahre und in der vierten Generation.

1892 kaufte der Borkener Heinrich Niessing das Grundstück gegenüber dem Marktplatz (noch heute Sitz des Unternehmens) und gründete dort eine Schreinerei mit 300 Quadratmetern Ausstellungsfläche und einer der modernsten Werkstätten weit und breit.

Prachtvolle Wandvertäfelungen in der Sakristei

An Heinrich Niessings Handwerkskunst erinnern noch heute in der Sakristei der St. Lamberti-Kirche die prachtvollen Wandvertäfelungen und Eichenschränke. In der dank des Bergbaus rasant wachsenden Gemeinde Gladbeck boomte auch seine Möbelschreinerei. Niessing brauchte schon bald Gesellen, um alle Aufträge erledigen zu können, und 1912 wurde die Ausstellungsfläche verdoppelt.

Historisches Foto: Dieses Bild zeigt die Gründerfamilie.
Historisches Foto: Dieses Bild zeigt die Gründerfamilie. © Joachim Kleine-Büning

Wann der Firmengründer sich zurückzog und die Schreinerei in jüngere Hände gab, wissen die heutigen Eigentümer nicht. Nur so viel: Ernst Stegerhoff wurde der neue Chef, Ehemann von Heinrichs Tochter Wilhelmine. Stegerhoffs Tochter Gertrud arbeitete mit im elterlichen Geschäft. 1952 heiratete sie Karl Zwingmann. Der junge Mann war aus Krieg und Gefangenschaft nach Gladbeck zurückgekommen, hatte das Abitur nachgeholt, und als er Gertrud kennenlernte, stand sein Berufswunsch fest. Er besuchte die Möbelfachschule in Wöbbel. Mit seiner Frau baute er das im 2. Weltkrieg zerstörte Geschäft wieder auf.

Verkaufsfläche mehrfach vergrößert

Unter der Leitung von Karl und Gertrud Zwingmann erlebte das Unternehmen in den Jahrzehnten des Wirtschaftswunders einen erneuten Aufschwung. Sie vergrößerten die Verkaufsfläche mehrmals, kauften 1998 zwei Nachbargrundstücke dazu, ließen die Gebäude abreißen und erweiterten die „Wohnwelt Niessing“ auf ihre jetzigen Größe.

„Polster aktuell“ in Lübeck eröffnet

Die Expansion beschränkte sich nicht auf Gladbeck. 1988 kaufte Zwingmann das größte Möbelhaus in Hamm, und im Jahr 2000 eröffnet die Firma Niessing in der Hansestadt Lübeck unter dem Namen „Polster aktuell“ einen der größten Fachmärkte Schleswig-Holsteins. Die Idee dazu hatte Gregor Zwingmann, eines der sechs Kinder von Karl und Gertrud Zwingmann. Die wuchsen quasi zwischen Couchgarnituren und Küchenzeilen auf. Kein Wunder, dass mit Ausnahme des Erstgeborenen Heinz, der Lehrer wurde, alle der Möbelbranche treu blieben.

Die Sakristei der St. Lamberti Kirche: Der Gladbecker Schreiner Heinrich Niessing übernahm 1892 die Holzarbeiten in der Sakristei.
Die Sakristei der St. Lamberti Kirche: Der Gladbecker Schreiner Heinrich Niessing übernahm 1892 die Holzarbeiten in der Sakristei. © Joachim Kleine-Büning

Als Karl Zwingmann 2007 starb, übernahmen Ulrich Zwingmann und seine Schwester Ursula Zwingmann-Reuter in 4. Generation den Stammsitz des Unternehmens am Marktplatz. Beide haben ihre Fachkenntnisse an der Möbelfachschule in Köln erworben. Sie beschäftigen zwölf Mitarbeiter im Verkauf, im Büro und für die Auslieferung und den Aufbau der Möbel. Seit geraumer Zeit schon liegt der Schwerpunkt der „Möbelwelt Niessing“ auf Küchen, auch wenn Zwingmanns – bis auf Kinderzimmer – das gesamte Sortiment vorhalten.

Zurück zum Anfang: Wie schafft man es, sich als „kleines“ Möbelhaus gegen die Konkurrenz der Großen zu behaupten? „Das A und O sind guter Service und eine gute Beratung“, sagt Ursula Zwingmann-Reuter. „Außerdem haben unsere Vorfahren, vor allem unsere Eltern, durch ihren Fleiß ein gesundes Fundament gelegt“, ergänzt Ulrich Zwingmann. „Sie haben sich keine Finca in Spanien gekauft, sondern ihr Geld in das Unternehmen gesteckt.“

Online-Handel ist nicht ihr Ding

An eine weitere Expansion denkt die vierte Generation des Familienunternehmens nicht. Auch Online-Handel ist nicht ihr Ding. Ulrich Zwingmann: „Was nutzt es uns, wenn jemand aus Bayern Möbel bei uns bestellt und wir können auf diese weite Entfernung den üblichen Service nicht bieten – vom Risiko der Transportschäden ganz abgesehen.“ Da bauen die Geschwister lieber auf „Kunden rund um den Kirchturm“.

Ulrich Zwingmann ist 51 Jahre alt, seine Schwester Gertrud 56. Einige Berufsjahre haben sie also noch vor sich. Und dann? Er hat zwei Kinder, sie ein Kind. An ihnen liegt die Entscheidung, ob es die „Wohnwelt Niessing“ auch in 5. Generation geben wird.