Gladbeck. Ein Falschparker hat eine Gladbecker Einfahrt blockiert. Die Anwohner sind sauer, auf die Stadt. Die reagiert nun überraschend.
Die Bewohner eines Dreifamilienhauses an der Mittelstraße sind sauer. Eine Pkw-Fahrerin hatte ihr Auto dreist direkt auf dem Bürgersteig vor der Einfahrt zu ihrem Garagenhof abgestellt – von 9 bis gegen 13 Uhr blockierte das Auto Zu- und Ausfahrt. „Und weder Polizei noch Ordnungsamt haben uns geholfen“, beschwert sich eine Betroffene. „Zum Glück hatte niemand aus unserem Haus einen dringenden Termin.“
Die Polizei, nur außerhalb der Dienstzeiten der Stadtverwaltung zuständig für den ruhenden Verkehr, verwies den Anrufer ans Ordnungsamt. „Ein sehr freundlicher Mitarbeiter versicherte mir, dass er seine Mitarbeiter zu uns schickt“, schreibt die Bewohnerin.
Gladbecker Ordnungshüter verteilen lediglich ein Knöllchen über 15 Euro
Nach ca. 30 Minuten seien Ordnungskräfte gekommen, aber: „Sie sagten uns, dass man da nichts machen könne.“ Es gebe keine Veranlassung, das Fahrzeug abschleppen zu lassen, weil es weder einen Behindertenparkplatz noch eine Feuerwehrzufahrt blockiere und auch kein Notfall vorliege. „Wenn wir das möchten, müssten wir auf eigene Kosten einen Abschleppdienst beauftragen und das Geld hinterher einklagen.“ Nur ein „Knöllchen“ über 15 Euro hätten sie unter den Scheibenwischer geklemmt.
Dieses Verhalten des Außendienstes sei nicht korrekt gewesen, räumt David Hennig, Pressesprecher der Stadtverwaltung, ein. „Da haben wir falsch reagiert und können die Betroffenen leider nur nachträglich um Entschuldigung bitten.“
Ordnungsamt schaut zunächst, ob der Halter in der Nähe anzutreffen ist
Das Ordnungsamt greife ein, „wenn ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum grob verkehrsbehindernd abgestellt worden ist. Wenn, wie in diesem Fall, eine Ein- und Ausfahrt blockiert wird, ist dieses Kriterium nach unserer Auffassung erfüllt. Die Mitarbeiter schauen in solchen Fällen zunächst, ob der Halter in der Nähe anzutreffen ist und wenn nicht, rufen sie ein Abschleppunternehmen. Wenn die Möglichkeit besteht, wird das Fahrzeug umgesetzt auf einen nahe gelegenen regulären Parkplatz, wenn nicht, landet es auf dem Hof des Abschleppunternehmers.“ Der Halter könne beim Ordnungsamt und bei der Polizei erfahren, wo er sein Auto abholen kann.
Fachanwalt für Verkehrsrecht sieht Ermessensspielraum bei Stadt Gladbeck
Die WAZ-Redaktion hat auch Arndt Kempgens, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Gelsenkirchen, in dieser Sache kontaktiert. Er hält das Verhalten der Gladbecker Ordnungskräfte, die vor Ort waren, für durchaus nachvollziehbar: „Das Ordnungsamt KANN abschleppen lassen, wenn es das für erforderlich hält“, schreibt er. „Wenn aber nur eine private Einfahrt blockiert ist, hält das Ordnungsamt das in öffentlichem Interesse oft nicht für angemessen.“ Ermessenssache also.
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Die Hausbewohner hätten selbst ein Abschleppunternehmen beauftragen können, bestätigt der Anwalt die Auskunft der Ordnungskräfte. In der Regel verlange der Unternehmer dann das Geld von ihnen, seinen Auftraggebern, also. Sie hätten dann einen Schadensersatzanspruch gegen den Fahrzeughalter, „wenn nicht der Abschleppunternehmer das Inkasso beim Autoabholen übernimmt“.
Finanzielles Risiko liegt zunächst bei demjenigen, der den Abschlepper beauftragt
Bedeutet also auch, dass das finanzielle Risiko womöglich an den Hausbewohnern hängen geblieben wäre und sie sich die vorgestreckte Summe für das Abschleppen eventuell nur mit mit viel Aufwand vom Fahrzeughalter hätten zurückholen können. Denkbar, dass dafür sogar der juristische Weg nötig gewesen wäre.
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Die 200 Euro für das Abschleppen seines Autos hat sich die Falschparkerin erspart, billig wird es aber für sie trotzdem nicht. Mit 15 Euro kommt sie nicht davon. David Hennig: „70 Euro plus 28,50 Euro Bearbeitungsgebühr sind fällig.“
Als die Fahrerin nach ca. vier Stunden wegfahren wollte, haben Hausbewohner sie angesprochen. Laut einer Betroffenen begründete sie ihr Fehlverhalten so: Sie habe wegen eines Notfalls ins St. Barbara-Hospital gehen müssen. Dort habe man ihr gesagt, sie dürfe ihr Auto auf dem krankenhauseigenen Parkplatz nicht abstellen. Deshalb habe sie auf die Schnelle den „freien“ Platz vor der Einfahrt genommen.