Gladbeck. Während einer Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer arbeiten Gladbecker Azubis in der Glasproduktion. Ein Blick hinter die Kulissen.
Mit einem silbernen Schutzmantel, grauem Helm, Schutzbrille und dicken Handschuhen schützt sich Süfyan Dercin gegen die Hitze, die ihm aus dem Ofen entgegenschlägt. Bei 1500 Grad wird darin Glas geschmolzen, an vier Bildschirmen in einem Überwachungsraum neben der Produktionshalle zeigen Kameras aus dem Ofeninneren orange lodernde Flammen – die Bilder gleichen einem Feuerinferno. Es stehen Reparaturarbeiten am Ofen an, Dercin macht das großen Spaß: „Es ist toll, hier direkt an der Glaserzeugung mitwirken zu können“.
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Seit August 2019 arbeitet Süfyan Dercin beim Glashersteller Pilkington in Gladbeck. In riesigen Produktionshallen wird an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr Flachglas produziert – für Windschutzscheiben, Fensterscheiben oder auch Duschabtrennungen. Über 500 Mitarbeiter arbeiten am Standort an der Hegestraße 360, davon sind 22 bis 30 Auszubildende in vier Bereichen tätig: Als Maschinen- und Anlagenführer (MAF), Industrieelektriker, Mechatroniker und Feuerungs- und Schornsteinbauer.
Ausbildung in Gladbeck: Eigenes Geld verdienen und gute Übernahmechancen
Dercin startete als Azubi zum MAF bei Pilkington, zum ersten Mal aufmerksam wurde er auf das Unternehmen, als er an der Windschutzscheibe seines Autos den Schriftzug des Unternehmens las. Nach seinem Schulabschluss an einer Gesamtschule in Herten entschied er sich für die Ausbildung in der Glasproduktion: „Mir war es wichtig, nach der Schule schnell mein eigenes Geld zu verdienen und früher im Berufsleben zu stehen, als wenn ich beispielsweise ein langes Studium gemacht hätte. Zudem wusste ich, dass die Übernahmechancen hier sehr gut sind.“
1000 Euro verdienen Azubis bei Pilkington derzeit im ersten Lehrjahr, 1150 Euro im zweiten. Voraussetzung für eine Ausbildung ist mindestens ein guter Hauptschulabschluss sowie gute Ergebnisse in einem Einstellungstest während der Bewerbungsphase. Die zweijährige Ausbildung zum MAF verläuft dreigeteilt. Personalmanager Michael Kolpack erklärt: „Zum einen werden die Azubis an den Anlagen in den Produktionshallen auf die Tätigkeit als MAF vorbereitet. Durch diesen hohen Praxisbezug werden die Auszubildenden gut an den Berufsalltag herangeführt und sie wissen gleich, was sie später in ihrem Job erwartet“. Ein zweiter Teil der Ausbildung erfolgt in einer Ausbildungswerkstatt direkt im Werk, hier werden Theorie und handwerkliche Übungsphasen vermittelt. Zudem besuchen die Azubis eine Berufsschule, wo sie regelmäßig Prüfungen ablegen.
Seit Juni 2021 arbeitet Dercin fest als Produktionsmitarbeiter in der Glaserzeugung. Sein Arbeitstag beginnt mit einem Ablösegespräch mit den Mitarbeitern der vorherigen Schicht, bei dem er auf den neusten Stand gebracht wird. Der 25-Jährige berichtet: „Dadurch weiß ich, was während meiner Schicht alles ansteht und wo beispielsweise Reparaturarbeiten nötig sind. Es ist wichtig, Störungen direkt zu melden und zu beseitigen, damit alles ordnungsgemäß abläuft.“
Große Verantwortung: Bei Störungen kann es richtig teuer werden
Wenn tatsächlich eine schwerwiegende Störung auftreten sollte, kann das im schlimmsten Fall richtig teuer für das Unternehmen werden. André Felgenhauer, Betriebsleiter der Produktion, erzählt: Wenn in unseren Maschinen beispielsweise Komponenten nicht richtig miteinander gemischt werden, wird das produzierte Glas unbrauchbar. Wir produzieren hier 800 Tonnen Glas am Tag, die Verluste könnten immens sein – im Extremfall im sechsstelligen Bereich“. Dass Dercin während seines Arbeitsalltags eine große Verantwortung hat, weiß er sehr zu schätzen. Umso wichtiger sei es, im Team gut zusammenzuarbeiten – das mache ihm in seinem Job am meisten Spaß.
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Zu seinem Job gehört auch Schichtarbeit, bei Pilkington arbeiten die Produktionsmitarbeiter in vier Schichten: Zwei Tage Frühschicht (6 bis 14 Uhr), zwei Tage Spätschicht (14 bis 22 Uhr), zwei Tage Nachtschicht (22 bis 6 Uhr) und zweieinhalb Tage frei. Dercin hat sich damit gut arrangiert. „Ich finde es super, beispielsweise mal Montag und Dienstag freizuhaben, wenn alle anderen arbeiten müssen. Da kann ich viel erledigen und die Zeit für mich nutzen“.
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Auch wenn Dercin die Arbeit in der Produktion großen Spaß macht – seit Jahren können bei Pilkington nicht alle Ausbildungsstellen besetzt werden. In diesem Jahr gebe es laut Personalmanager Kolpack besonders wenige Bewerbungen: „Ich denke, die Ausbildung zum MAF ist einfach zu wenig bekannt und die meisten Menschen wissen gar nicht, was sie in diesem Job erwartet. Zudem ist das Interesse an Ausbildungen allgemein seit Jahren gering, insbesondere in der Produktion“. Besonders schade findet er, dass es keine einzige weibliche Auszubildende im Betrieb gibt. Dabei würde er sich sehr über weibliche Bewerberinnen freuen, er ist sich sicher, dass auch Frauen den Job sehr gut erledigen können – doch Bewerbungen bleiben aus.