Gladbeck. Der Hospiz-Verein feiert 25-jähriges Bestehen. 500 Sterbende wurden liebevoll in Gladbeck begleitet. Der Verein sorgt immer wieder für Aufsehen.

„Sie sind wichtig, weil Sie eben Sie sind. Sie sind bis zum letzten Augenblick Ihres Lebens wichtig, und wir werden alles tun, damit Sie nicht nur in Frieden sterben, sondern auch bis zuletzt Leben können.“ Eine Antwort, die so oder ähnlich vielleicht auch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hospiz-Vereins Gladbeck gegeben haben könnten. Auf die Frage eines sterbenskranken Menschen, warum man sich mit solcher Wertschätzung um ihn kümmert? Gesagt hat dies, Cicely Saunders. Die Begründerin der Hospizbewegung drückt so in wenigen Worten aus, wofür die Aktiven mit ihrem Einsatz einstehen. In Gladbeck feiert der Hospiz-Verein dieses Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Guter Grund für einen Rück- und Ausblick.

Quasi als Initialzündung habe sich 1996 „eine Initiative des katholischen Bildungswerkes Gladbeck und des Stadtkatholikenausschuss zusammen gefunden und in der ökumenischen Aktion „Woche für das Leben“ das Thema „Leben bis zuletzt – Sterben als Teil des Lebens“ angeboten“, berichtet die leitende Koordinatorin des Hospiz-Vereins Gladbeck, Beate Letzel. Daraufhin habe sich ein Kreis von Interessierten gebildet, „um das noch immer häufig in der Gesellschaft verdrängte Thema Sterben und Tod sowie die Hospizidee in Gladbeck zu verbreiten. Und um so Voraussetzungen zu schaffen, unheilbar kranken und sterbenden Menschen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tode zu ermöglichen“.

Der gemeinnützige Verein wurd 1998 mit 22 Mitgliedern gegründet

„Es geht um Leben und Tod“: Angelika Schulz (ehrenamtliche Begleiterin, li.), Beate Letzel (Koordinatorin) und Egon Hasenbrink (Vorstand) laden herzlich zu einer der vielen Veranstaltungen ein, die der Hospiz-Verein Gladbeck im Jubiläumsjahr anbietet.
„Es geht um Leben und Tod“: Angelika Schulz (ehrenamtliche Begleiterin, li.), Beate Letzel (Koordinatorin) und Egon Hasenbrink (Vorstand) laden herzlich zu einer der vielen Veranstaltungen ein, die der Hospiz-Verein Gladbeck im Jubiläumsjahr anbietet. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Im Jahr darauf wurde von der späteren Vereinsvorsitzenden Gisela Netkowsik (2010 - 2016), Leiterin des kath. Bildungswerkes Gladbeck, und Dipl. Sozialpädagogin Barbara Köhler der erste Befähigungskurs angeboten, zur Ausbildung Ehrenamtlicher Begleiterinnen und Begleiter. Mit großem Zuspruch, so dass 1998 der als gemeinnützig anerkannte Hospiz-Verein Gladbeck mit 22 Mitgliedern gegründet werden konnte.

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Zu den Gründungsmitgliedern gehörte Angelika Schulz. Die heute 65-Jährige berichtet, wie schmerzlich für sie der Tod ihrer Mutter gewesen sei. Die Seniorin sei würdelos in einem Krankenhaus gestorben. „Ich hatte extra die Schwestern darum gebeten, sofort benachrichtigt zu werden, sobald es meiner absehbar sterbenden Mutter schlechter geht.“ Dies sei nicht erfolgt, „sie ist ganz alleine gestorben, ich wurde erst ein paar Stunden später benachrichtigt“. Da habe sie gedacht, „hier läuft doch etwas völlig schief“, so dass sie sich mit großem Interesse dem Hospiz-Verein angeschlossen und dann als Ehrenamtliche sterbende Menschen bis zu ihrem Tod begleitet habe.

500 sterbende Menschen und deren Angehörige wurden bislang in Gladbeck begleitet

Seit seiner Gründung haben die ausgebildeten Aktiven des ambulanten Hospizdienstes in Gladbeck mehr als 500 Menschen und deren Angehörige in ihrer häuslichen Umgebung, im Alten-und Pflegeheimen oder im Krankenhaus unabhängig von Konfession auf unentgeltlicher Basis begleitet. Durch Kooperationen mit Seniorenheimen entlasten sie auch das Personal, indem die Hospizler bei den Sterbenden verweilen, die Hand bis zum letzten Atemzug halten, wenn es etwa keine Angehörigen gibt. „Am Anfang der Hospizbewegung in Gladbeck wurden wir von den Pflegekräften oft misstrauisch betrachtet, wie eine Art unliebsamer Beobachter, mittlerweile sind wir längst als Partner anerkannt und gerne gesehen“, sagt Angelika Schulz.

Der Hospiz-Verein hat auch in der Gladbecker Stadtgesellschaft immer wieder für Aufsehen gesorgt, indem er Tabuthemen öffentlich machte, wie etwa dem zuvor oft unmenschlichen Umgang mit Fehlgeburten, die seit 2003 gesetzlich geregelt würdevoll beigesetzt werden müssen. Die erste öffentliche Fötenbeisetzung in Gladbeck erfolgte dann 2005, in einer gemeinschaftlichen Aktion mit dem Barbara-Hospital und der Pfarrei St. Lamberti. Ganz wichtig war und ist die Gründung eines palliativen Arbeitskreises 2015, um die Palliativ-medizinische Versorgung schwersterkrankter Bürger sicher zu stellen. Welche Ausdauer dazu oft vonnöten ist belegt die Tatsache, dass mit der Caritas erst dieses Jahr der erste offizielle Palliativ-Pflegedienst in Gladbeck die Arbeit aufgenommen hat.

Unter der Ägide von Dorothee Schwers wurde die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt

Mit besonderen Schatzkisten ging der Hospiz-Verein in Grundschulen, um mit den Kindern über Sterben, Tod und Trauer zu sprechen. Koordinatorin Beate Letzel (l.) und die damalige Vorsitzende, Dorothee Schwers, stellten das Projekt „Hospiz macht Schule“ vor.
Mit besonderen Schatzkisten ging der Hospiz-Verein in Grundschulen, um mit den Kindern über Sterben, Tod und Trauer zu sprechen. Koordinatorin Beate Letzel (l.) und die damalige Vorsitzende, Dorothee Schwers, stellten das Projekt „Hospiz macht Schule“ vor. © Funke Foto Services | Lutz von Staegmann

Mit der neuen Vorsitzenden Dorothee Schwers (2016 - 2019) wurde die Öffentlichkeitsarbeit weiter verstärkt. Aufsehen erregte etwa die „post mortem“-Ausstellung 2018 in der Stadtbücherei, die pietätvolle Aufnahmen verstorbener Menschen für die Lebenden zeigte, und so den Tod ins Bewusstsein rückte. Das gelang auch 2019 mit der Aktion „Hospiz macht Schule“. Koordinatorin und Ehrenamtler gingen dazu in die vierten Klassen einer Grundschule, um eine Woche lang thematisch mit den Kindern zum Thema Sterben, Tod und Trauer zu arbeiten. Individuelle Trauerbegleitung in Einzelgesprächen bietet der Verein auch an, ebenso eine Trauergruppe, um miteinander ins Gespräch zu kommen, die Trauer zu verarbeiten.

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Trotz des Vierteljahrhunderts engagierter Arbeit in Gladbeck dürften die Anstrengungen des sich öffentlich Bekanntmachens nicht aufhören, sagt Vize-Vorsitzender Egon Hasenbrink. Auch mit der Reform der Sterbehilfe, Stichwort assistierter Suizid, wolle man sich weiter auseinandersetzen, Standpunkt beziehen. Eine aktuelle Umfrage des Dachverbandes habe ergeben, „dass sich viele Menschen mehr Aufklärung zum Thema Tod und Sterben wünschen“. Die Gesellschaft selbst befinde sich ja auch in einem stetigen Wandel, ergänzt Beate Letzel. Mittlerweile lebten viele Menschen aus anderen Kulturkreisen in der Stadt, „die noch nie etwas von der Hospizbewegung gehört haben und dann ganz überrascht und dankbar sind, dass es uns und unser Unterstützungsangebot gibt, das sie dann als Multiplikatoren weiter verbreiten“.

Die Einrichtung eines stationären Hospizes in Gladbeck ist aktuelles Thema

Zurzeit hat der Hospiz-Verein Gladbeck um seinen Vorsitzenden Jürgen Rönne gut 150 Mitglieder. Die fachliche Expertise ist auch aktuell von der Gladbecker Politik gefragt, da über die Einrichtung eines stationären Hospizes in Gladbeck diskutiert wird. „Auch dieses für uns wichtige Thema“, verspricht Beate Letzel, „werden wir sicherlich im Fokus behalten und weiter öffentlich machen“.