Gladbeck.. Hospiz-Verein zieht Bilanz nach zwei Jahren Palliativarbeit. Es fehlenSpezial-Pflegedienste, um mehr Patienten das Krankenhaus zu ersparen.


Wir werden geboren und wir werden sterben. Das sind die beiden Gewissheiten im Leben. Die Ehrenamtlichen im Gladbecker Hospiz-Verein stehen dafür ein, dass das Sterben nicht zur Qual wird. Die Palliativmedizin ist der Schlüssel dazu, dass mehr sterbende Menschen in ihrer vertrauten Umgebung versorgt werden können – immerhin 80 Prozent aller Menschen wünschen sich das laut Statistik.


„Seit zwei Jahren ist die palliativmedizinische Versorgung in Gladbeck möglich“, erzählt Beate Letzel, hauptamtliche Koordinatorin des Vereins. In Gladbeck gibt es einen runden Tisch zum Thema, an dem Experten aus allen betroffenen Bereichen sitzen. Dieser kooperiert mit den palliativmedizinischen Konsiliardiensten (PKD) Bottrop und Gelsenkirchen.

Auch Gladbecker Ärzte arbeiten palliativ

In den Diensten sind Ärzte mit entsprechender Ausbildung organisiert, die Sterbende fachgerecht ambulant versorgen können, auch Gladbecker Mediziner sind dabei. Ein Schritt in die richtige Richtung für die engagierten Hospiz-Arbeiterinnen. Denn auch Gladbecker werden von diesen Ärzten versorgt.

Der Ablauf: Will ein Sterbender oder unheilbar Kranker zu Hause bleiben, wenden er oder die Angehörigen sich an den Hausarzt. Der schreibt eine Palliativverordnung. Diese Verordnung braucht der PKD, um alles weitere, ärztliche als auch pflegerische Versorgung, in die Wege zu leiten. „Die kommen raus und gucken, was nötig ist“, beschreibt Beate Letzel.

Bedarf wächst mit dem Alter der Menschen

Richtig zufrieden ist Doro Schwers, Vorsitzende des Hospiz-Vereins, mit dem Angebot jedoch noch nicht. „Ich wünsche mir, dass mehr Gladbecker Ärzte sich zum Palliativmediziner ausbilden“, sagt sie. Gerade mit Blick auf die immer älter werdenden Menschen wachse der Bedarf nach dieser Medizin.

Außerdem wünscht sie sich, dass Vorbehalte von Hausärzten gegenüber dem Palliativnetz abgebaut werden. Nur, wenn diese beiden Akteure zusammen arbeiten, könnten Patienten Krankenhausaufenthalte erspart bleiben, sagt sie. Und versichert: „Die Hausärzte verlieren durch die Kooperation nicht ihren Patienten.“

Palliativ-Pflege wird mit Krankenkasse abgerechnet

Und dann gibt es noch einen Punkt, der ihr auf der Seele liegt. Nur ein Pflegedienst in Gladbeck bietet bislang Palliativpflege an. Die Gründe liegen auf der Hand: Wer solche Pflege anbietet, muss eine Erreichbarkeit rund um die Uhr gewährleisten. Dazu braucht ein Dienst mindestens fünf qualifizierte Mitarbeiter, die darüber hinaus eine längere und kostspielige Ausbildung absolvieren müssen. Das schreckt die Betreiber wohl ab.

Es stehe außer Frage, dass auch andere Pflegekräfte Sterbende versorgen können, so die Frauen vom Hospiz-Dienst. Für die Betroffenen allerdings gibt es ein schwerwiegendes Argument für Palliativspezialisten: „Bei Palliativpatienten wird die Pflege über die Krankenkasse abgerechnet“, erklärt Beate Letzel. So bleibe das Pflegegeld erhalten. „Wir erleben es immer wieder, dass Familien durch die Pflege in existentielle Not geraten und darum Hilfen nicht in Anspruch nehmen können“, so Doro Schwers. Umso stärker ihr Wunsch, über die Möglichkeiten in der Palliativarbeit hinzuweisen. Und: Palliativpflege unterliegt keinem Zeitdruck, da die Kosten anders abgerechnet werden.

Ärzte wie der Wittener Palliativarzt Dr. Matthias Thöns („Patient ohne Verfügung“), der medienwirksam immer wieder das Gesundheitssystem anprangert und für die Möglichkeit wirbt, im vertrauten Umfeld zu sterben, regen die Diskussion um das Thema an. „Alles Aufrütteln ist von Vorteil“, sagt Doro Schwers. Denn in ihrer Arbeit als Sterbebegleiterin hat sie eines gelernt: „Wir erleben immer wieder, dass es für die Angehörigen eine Erleichterung ist, am Ende zu sagen: Wir haben es geschafft.“ Das gute Gewissen, alles getan zu haben, erleichtere den Trauerprozess.