Gladbeck. Für neun gerettete Gladbecker Herdenschutzhunde sucht der Kreis neue Besitzer. Ein Kangal-Experte erklärt, was die Interessenten wissen sollten.
Anfang November 2022 hat das Kreisveterinäramt in Gladbeck sieben Kangals aus schlechter Haltung befreit und in Obhut genommen. Die türkischen Herdenschutzhunde lebten unter üblen Bedingungen auf einem Firmengrundstück an der Haldenstraße. Über gut zwei Jahre hatten Anwohner und Tierschützer immer wieder auf das Leiden der Tiere aufmerksam gemacht. Dann konnte der Kreis endlich aktiv werden. Nun gibt es Neuigkeiten zu den Gladbecker Kangals.
Wie Kreissprecherin Svenja Küchmeister auf Anfrage erklärt, sollen die Hunde jetzt an neue Besitzer vermittelt werden. An die Haldenstraße zurück geht es für sie auf keinen Fall. Das Veterinäramt hatte die Hunde im November an verschiedenen, geeigneten Stellen, auch außerhalb des Kreises, untergebracht.
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Der Gladbecker Besitzer klagte sogar vor Gericht, um die Kangals behalten zu können
Über Monate hatte sich der Besitzer der Hunde zuvor dagegen gewehrt, dass ihm die Tiere weggenommen werden. Sogar vor Gericht war der Gladbecker gezogen. Für das Kreisveterinäramt bedeutete das, dass es Fristen einzuhalten gab, bis dann endlich zum Wohl der Hunde gehandelt werden konnte. Die Aufforderung, die Kangals innerhalb eines gesetzten Zeitrahmens selber zu verkaufen, hatte der Halter zum Schluss ungenutzt verstreichen lassen. So konnten die Tiere dann Anfang November von dem Grundstück geholt werden. Und: Einige Wochen später gab es dort einen erneuten Einsatz, weil wieder zwei Herdenschutzhunde an der Haldenstraße gehalten wurden. Auch die wurden dem Gladbecker weggenommen.
Für die neun Kangals von der Haldenstraße soll nun ein besseres Leben beginnen. Tiererfahrene Menschen, die einen der Hunde übernehmen möchten, können sich beim Kreisveterinäramt melden. „Die Vermittlung geschieht unter den Vorgaben des Landeshundegesetzes“, betont Svenja Küchmeister.
Was kommt auf die zukünftigen Halter der Kangals zu?
Doch worauf lässt man sich ein, wenn man einem dieser Hunde ein neues Zuhause gibt? Die Kangals sind kaum sozialisiert. Alles, was ein „normales“ Hundeleben ausmacht – angefangen von regelmäßigen Spaziergängen bis zur Begegnung mit Menschen und anderen Hunden – hat für die Herdenschutzhunde bislang nicht stattgefunden. Und darüber hinaus ist der Kangal alles andere als ein Anfängerhund.
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Der Gladbecker Rufin Hallasch hält selber Kangals, und er engagiert sich im Verein Herdenschutzhund-Service. Die Mitglieder kümmern sich seit 2005 um Herdenschutzhunde in Not, die aus schlechter Haltung befreit wurden. Darüber hinaus bietet der Verein eine intensive Halterschulung an, damit es von Anfang an gut klappt zwischen Zwei- und Vierbeiner.
Gladbecker Kangal-Experte rät dazu, sich einen erfahrenen Hundetrainer zu suchen
Etwa zwei Jahre alt müssten die meisten Hunde aus dem Gladbecker Rudel jetzt sein. „Und sie können nichts. Man hat also einen Welpen an der Leine, der um die 60 Kilo wiegt. Der aber auch aufgrund seines Alters bereits seinen eigenen Kopf hat“, sagt Rufin Hallasch. Keine leichte Aufgabe. Der Gladbecker rät deshalb dringend dazu, dass die neuen Besitzer sich einen Trainer suchen, der über Erfahrung mit Herdenschutzhunden verfügt. Diese Fachleute seien allerdings, bedauert er, nur schwer zu finden. Und auch die neuen Halter selbst sollten auf jeden Fall sehr hundeerfahren sein.
Zudem hofft Hallasch, dass die Übergabe behutsam über die Bühne geht. „Bestenfalls begleitet man die neue Familie einige Tage lang, stattet ihnen immer wieder Besuche ab.“ Bei einem Kangal sei nämlich wichtig, dass er alle Menschen in seinem neuen Rudel akzeptiert. „Ist das nicht der Fall, kann das problematisch werden.“
Einen Kangal kann man nicht ausbilden wie einen Schäferhund
Ganz wichtig ist dem Hunde-Experten auch: „Einen Kangal kann man nicht ausbilden wie einen Schäferhund, diesen bedingungslosen Gehorsam wird er nie zeigen, sondern immer seinen eigenen Kopf behalten.“ Gehorchen muss der Hund seinen neuen Besitzer natürlich dennoch auf jeden Fall. Die Erziehung müsse mit Geduld und ohne Gewalt erfolgen. Ein großes Grundstück sei ebenfalls wichtig. „Am besten ist, wenn der Hund frei entscheiden kann, ob er sich draußen oder drinnen aufhalten will. Außerdem braucht ein Herdenschutzhund unbedingt eine Aufgabe!“
Möglichen Interessenten rät Rufin Hallasch dringend, sich Beratung vom Verein Herdenschutzhund-Service zu holen.
>> Bei ernsthaftem Interesse an den Gladbecker Kangals kann man sich per Mail ans Veterinäramt des Kreises wenden, fd39@kreis-re.de.