Recklinghausen / Gladbeck. Der Kreis plant einige große Bauvorhaben. Dabei geht es um mehrere Millionen Euro. Kann das den Städten – und somit auch Gladbeck – gefallen?
Die Komplettsanierung des Kreishauses an der Kurt-Schumacher-Allee in Recklinghausen ist mit 101,5 Millionen Euro veranschlagt. Bauzeit: bis 2028/2029. In den nächsten Jahren sollen auch die Kreisleitstelle der Feuerwehr (23,4 Millionen Euro), das Straßenverkehrsamt (17,5 Millionen Euro) und das Studieninstitut Emscher-Lippe (16,4 Millionen Euro) neu gebaut werden. Da stellt sich die Frage: Woher nimmt der Kreis Recklinghausen in diesen schwierigen Zeiten das viele Geld?
Fakt ist: Die zehn kreisangehörigen Städte sind finanziell angeschlagen. Da bildet Gladbeck keine Ausnahme. Corona- und Flüchtlingskosten sowie hohe Energiepreise belasten die Haushalte. Die Schuldenlast allein bei den Kassenkrediten, sie werden gerne mit privaten Überziehungskrediten verglichen, summiert sich aufmehr als 1,4 Milliarden Euro. Über diverse Umlagen finanzieren die Städte die Aufgaben des Kreises in diesem Jahr zu 38 Prozent mit (509 Millionen Euro). Wie lange kann der Kreis mit seinen Millionen noch helfen?
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Vor diesem Hintergrund mutet es abenteuerlich an, dass der Kreis vermutlich noch nicht einmal Kredite aufnehmen muss, um die genannten Hochbauprojekte zu finanzieren. Das ist zumindest die derzeitige Einschätzung von Kreisdirektor Roland Butz, der für die Finanzen der Kreisverwaltung zuständig ist. Der Grund für die entspannte Lage: Die Liquiditätskasse des Kreises ist stets gut gefüllt. Aktuell mit 200 Millionen Euro! Neulich hat der Kreis sogar noch 20 Millionen Euro für fünf Jahre als Festgeld angelegt (Zinssatz: 2,72 Prozent). Von so viel freiem Kapital kann jeder Bürgermeister und Kämmerer nur träumen.
Wie kommt der Kreis an so viel Geld? Die Erklärung dafür findet sich im Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF). Demnach sind Kommunen und Kreise verpflichtet, den Werteverzehr ihrer Gebäude und Straßen im Haushaltsplan auszuweisen. Abschreibungen gelten im NKF als Aufwand, den die kreisangehörigen Städte dem Kreis RE über die Kreisumlage erstatten müssen. Jährlich fließt auf diesem Weg eine zweistellige Millionensumme in die Kasse des Kreises. Das Geld ist in erster Linie für Reparatur- und Sanierungsmaßnahmen reserviert. Auf diese Weise sollen die Werte für künftige Generationen erhalten bleiben. Nicht immer jedoch werden im Jahr alle Mittel ausgeschöpft. So ist die Liquiditätskasse in der Regel gut gefüllt.
Warum gibt es in den Rathäusern keinen Unmut? Auf den ersten Blick ist es erstaunlich, dass in den Rathäusern kein Unmut aufkommt über den Kreis angesichts dieser Konstellation. Doch dafür gibt es Gründe. Einer ist, dass die Investitionen des Kreises ja in den Städten umgesetzt werden. Egal ob es die Sanierung einer Straße, der Neubau einer Brücke oder die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes ist: Die jeweilige Stadt profitiert davon.
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Auch ein zweiter Aspekt ist für die Kommunen von Bedeutung: Der Kreis setzt seit Jahren Teile seines Eigenkapitals ein, um die Städte zu entlasten. Mit dem Haushaltsplan 2023 hat der Kreistag zum Beispiel beschlossen, dass der Kreis bis 2026 mehr als 50 Millionen aus seinen Rücklagen nimmt, um die von den Städten zu zahlenden Umlagen abzufedern. Vor Jahren noch schauten die Verantwortlichen in den Rathäusern kritisch und missmutig auf das Finanzgebaren der Kreisverwaltung. Mittlerweile wird der Kreis von den Städten nicht mehr als Problem, sondern als Teil der Problemlösung angesehen