Gladbeck. Der Warnstreik des öffentlichen Dienstes beeinträchtigt den Alltag in Gladbeck. Nicht alle sind auf die zahlreichen Einschränkungen vorbereitet.
Am Dienstag hat der Warnstreik des öffentlichen Dienstes auch Gladbeck fest im Griff. Das spürt man morgens schon in den Waden. Zumindest, wenn man ob des Streiks der Vestischen gezwungenermaßen aufs Auto umgestiegen ist. Der ständige Tritt auf die Kupplung im innenstädtischen Stau fordert seinen Tribut. Auch sonst macht sich der Kampf um mehr Einkommen in der Stadt bemerkbar.
Auf dem Rathausvorplatz zum Beispiel. Das singt Gunther Gabriel gerade seinem Boss ein Ständchen. Dass er mehr Geld braucht. Bertram Polenz freut sich. Sicherlich auch über Gabriels Lied, vor allem aber darüber, dass so viele Menschen gekommen sind. Ein neongelbes Meer auf dem Willy-Brandt-Platz. „Wir schätzen, dass 350 Leute gekommen sind“, sagt der Personalratsvorsitzende der Stadt. Schon um 7.30 Uhr haben sich die Mitarbeiter der Stadtverwaltung, des Zentralen Betriebshofs Gladbeck (ZBG) und der Stadtsparkasse am Oberhof getroffen.
„Streiklaune“ in Gladbeck ist gut
Gemeinsam dann mit Bannern, Trillerpfeifen und der Polizei durch Gladbeck, vor das Rathaus. Kollegen, sagt Polenz, hätten mit Reden die Forderungen von Verdi bekräftigt. 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr. Für 640.000 Arbeitnehmer in Nordrhein-Westfalen. Die Arbeitgeber, also die Städte und Kommunen nennen das „wirtschaftlich nicht verkraftbar“.
Umso motivierter sind die Menschen auf dem Willy-Brandt-Platz. „Das spürt man auch“, sagt Bertram Polenz. Er hilft gerade dabei, die Bögen für das Streikgeld auszufüllen. Wohl nicht das letze Mal in dieser Verhandlungsrunde. Denn der Streik am Dienstag ist nur der Auftakt. Die nächsten Verhandlungstage sind für den 22. und 23. Februar geplant; dass die Arbeitgeber einlenken, ist nicht zu erwarten.
Trotz Streik: Menschen kommen zum Betriebshof in Gladbeck
Abseits der Kundgebung vor dem Rathaus macht sich der Streik nur mit kleinen Regungen bemerkbar. Am Busbahnhof, im Schaufenster des Kundencenters der Vestischen, hängt ein rotes Plakat: „Warnstreik!“ Ansonsten aber gähnende Leere. Bis auf zwei junge Männer, die etwas verdutzt dreinschauen. Und noch verdutzter telefonieren. Wer auch immer am anderen Ende der Leitung ist, er oder sie kann wohl auch nicht helfen. Die Männer warten weiter auf einen Bus, der nicht kommt.
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Am Zentralen Betriebshof an der Wilhelmstraße herrscht reger Betrieb. Zumindest gemessen daran, dass er streikbedingt eigentlich geschlossen ist. Ein Müllwagen und ein paar große Tonnen blockieren den Eingang, verstreute Mitarbeiter schlurfen langsam vom Rathausplatz zurück. Eine Dame aus Recklinghausen fährt vor. Sie sieht das Plakat und schürzt die Lippen. „Ich wollte nur Porzellan wegbringen. Ich war gestern schon hier, da hat keiner was von einem Streik erzählt.“ Sie nimmt es gelassen. „Immerhin hab ich es nicht so weit“. Hinter ihr trudeln die nächsten Autos ein, die nächsten Mienen entgleisen im Antlitz des Streikplakats.
Entlang der Straßen stehen blaue Papiertonnen und warten vergeblich auf ihre Leerung. Daneben ihre schwarzen Brüder, frisch geleert. Der Papiermüll muss sich noch eine Woche gedulden.