Gladbeck / Essen. Vor Gericht müssen sich jetzt Investoren verantworten, die die Schlägel & Eisen-Siedlung, sanieren wollten. Das wird ihnen vorgeworfen.

Von dieser Siedlung ging eine echte Anziehungskraft aus. Als die letzten Mieter aus der sogenannten „Schlägel- und Eisen-Siedlung“ ausgezogen waren, machten sich Abenteuerlustige, „Geisterjäger“ und Projektentwickler auf den Weg nach Gladbeck. Die verlassene Bergarbeitersiedlung war gruselig und faszinierend zugleich.

Aufmerksam geworden ist damals auch eine Marler Immobilienfirma, die die knapp 30 Häuser Anfang 2013 gekauft hat. Die Siedlung sollte saniert werden. Doch der Traum ist zerplatzt. Und schlimmer noch: Seit Mittwoch stehen die einstigen Verantwortlichen in Essen vor Gericht. Es geht um Insolvenzverschleppung, Untreue und mehr. Der Schaden für die Banken könnte in die Millionen gehen.

Laut Anklage sollen Firmeneinnahmen auf Privatkonten geflossen sein

Wann genau das Marler Unternehmen in finanzielle Schieflage gekommen ist, ist umstritten. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass spätestens im Sommer 2014 Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Doch an Aufgabe dachten die drei Angeklagten nicht. Die einstige Firmenchefin übertrug die Leitung offiziell ihrer damals 18-jährigen Tochter. Ein Geschäftspartner ließ sich angeblich immer neue Tricks einfallen.

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Laut Anklage sollen Banken getäuscht, Baukredite zweckentfremdet und Einnahmen der Firma auf Privatkonten umgeleitet worden sein, um sie vor den angeblich schon Schlange stehenden Gläubigern zu verstecken.

Firma aus Marl besaß nicht nur in Gladbeck Immobilien

Neben der ehemaligen „Geistersiedlung“ in Gladbeck, die damals auch als gruseligster Ort des Ruhrgebiets bezeichnet wurde, hatte die Firma auch Immobilien in Marl und Dortmund. Ein Teil musste laut Anklage allerdings schon damals wieder verkauft werden.

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Der Staatsanwalt sprach zum Prozessauftakt von einen klassischen „Schneeball-System“. „Man ist gescheitert und stopft mit Krediten immer neue Löcher.“ Das Problem sei dabei, dass die Kredite zweckgebunden für Kauf und Sanierung hätten eingesetzt werden müssen. Das sei jedoch nicht passiert. „Mit dem Geld wurde alles Mögliche gemacht.“ Auch der Kauf eines Porsche Cayennes für rund 80.000 Euro gehört laut Anklage dazu.

Richter sprechen zum Prozessauftakt von einem „großen Jonglieren“

Einfach ist der Fall aber nicht. Schon rechtlich gibt es viele strittige Punkte. Hinzu kommt, dass die Angeklagten die Buchhaltung offenbar ziemlich vernachlässigt haben. Die Richter sprachen zum Prozessauftakt von einem „großen Jonglieren“, das in einem „großen Schadenshaufen“ geendet sei.

Betrüger wollen die Angeklagten allerdings nicht sein. Sie schieben die finanziellen Probleme auf ein anderes Unternehmen, das ungerechtfertigt Geld vom Firmenkonto vollstreckt habe. „Die Geistersiedlung hatte Potenzial“, hieß es im Prozess. Nur zur Umsetzung der Pläne sei es nicht mehr gekommen. Der Prozess wird fortgesetzt.