Gladbeck. Die Produktion im Pilkington- Glaswerk verbraucht viel Energie. Wasserstoff soll fossile Energieträger ersetzen. So sehen die Pläne konkret aus.

Der Energiebedarf im Gladbecker Glaswerk von Pilkington ist enorm. Rund um die Uhr sieben Tage die Woche laufen dort die beiden Produktionslinien. Das ist notwendig, weil das Glas kontinuierlich flüssig gehalten werden mus. Das erklört den hohen Gasverbrauch. Der entspricht nämlich in etwa dem Jahresverbrauch einer Kleinstadt mit 30.000 Einwohnern. Kein Wunder also, dass man sich bei Pilkington Gedanken um Alternativen macht – aus Klimaschutz- wie auch aus finanziellen Gründen.

Monitore in der Leitwarte an den Produktionslinien ermöglichen einen Blick ins Innere der Schmelzöfen.
Monitore in der Leitwarte an den Produktionslinien ermöglichen einen Blick ins Innere der Schmelzöfen. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Der Mutterkonzern, die NSG-Gruppe, habe sich die Klimaneutralität ab 2045 zum Ziel gesetzt, sagt Christian Püttmann, Qualitätsmanager bei Pilkington. Als Etappenziel gilt: „Bis 2030 will die NSG Group die absoluten Treibhausgasemissionen in Deutschland um 30 Prozent im Vergleich zum Niveau von 2018 reduzieren“, konkretisiert Unternehmenssprecherin Birgit Kernebruck.

Grüner Wasserstoff als Alternative zum Gas

Entsprechend laufen vor Ort in Gladbeck auch schon die Planungen, wie diese Ziele erreicht werden können. „Die Substituierung von Erdgas durch nicht-fossile Energieträger ist deshalb eine wichtige Säule im Rahmen dieser Dekarbonisierungsstrategie“, heißt es dazu seitens des Unternehmens. Vereinfacht ausgedrückt: Gesucht wird die klimafreundliche Alternative zum Erdgas. Das gelte eben insbesondere, so Birgit Kernebruck, für die beiden Floatglas-Standorte des Unternehmens. Neben Gladbeck ist das Weiherhammer in Bayern.

Dabei kommt der Wasserstoff ins Spiel. Ähnlich wie in der Stahlherstellung soll der aus regenerativer Energie hergestellte Stoff auch in der Glasherstellung zum Einsatz kommen. Die Pläne für Gladbeck sind da schon relativ weit fortgeschritten, schon ab 2026 soll hier in der Produktion schrittweise Wasserstoff als Brennstoff eingesetzt werden. „Voraussetzung dafür ist die Anbindung an eine Infrastruktur, die eine kontinuierliche Versorgung mit Wasserstoff gewährleistet“, erläuterte die Unternehmenssprecherin.

Gladbeck will von Wasserstoff-Pipeline Dorsten-Duisburg profitieren

Da sei man aber in Abstimmungen, etwa mit der Stadt Gladbeck. Gemeinsam mit der Wasserstoffkoordination Emscher-Lippe setze man sich für die Belange des Unternehmens ein – im Interesse des Klimaschutzes und der Versorgungssicherheit sowie der regionalen Wirtschaftsförderung und des Markthochlaufs für grünen Wasserstoff, erläutert Stadtbaurat Volker Kreuzer auf Nachfrage.

Ganz aktuell läuft ein sogenanntes Raumordnungsverfahren für eine Wasserstoffpipeline von Dorsten nach Duisburg-Hamborn. Bei der Stadt sieht man die Chance, dass Pilkington mit seinem Werk eine Schlüsselrolle übernehmen könnte und so zum Auslöser wird, „für eine Anbindung Gladbecks an das regionale und überregionale Wasserstoffleitungsnetz, dem eine herausragende Rolle für eine nachhaltige energieintensive Wirtschaft der Zukunft zukommt.“ Somit könnten weitere Unternehmen oder auch der Standort Gladbeck als Ganzes profitieren, so die Hoffnung, die hier zumindest zwischen den Zeilen zum Ausdruck kommt.

Neben der Verbindung Dorsten-Hamborn plane man auch eine Verbindung Dorsten-Marl, erläutert André Lehmann, Sprecher von Open Grid Europe. Das Unternehmen plant das Wasserstoffnetz in der Region. Aktuell befinde man sich im Genehmigungsverfahren, es gehe nun darum, den genauen Leitungsverlauf zu planen. Ankerpunkte sind der Chemiepark in Marl und das Stahlwerk in Duisburg, grundsätzlich gebe es aber die Möglichkeit, weitere Kunden anzuschließen. Lehmann vergleicht den Ausbau des Wasserstoffnetzes mit dem Ausbau des Gasnetzes. Auch das habe sich auf diese Weise ausgeweitet. „So ein Netz ist überall da interessant, wo große konstante Stoffströme benötigt werden.“ 2026, so der Plan, solle die Leitung in Betrieb gehen.

Einsatz von Ökostrom und mehr Scherben am Pilkington-Standort Gladbeck

Selbstverständlich hat man auch bei Pilkington genau dieses Netz im Blick. Ein Anschluss daran wäre aus Sicht des Unternehmens ein großer Schritt, hin zur Abkehr fossiler Brennstoffe. Ein Ziel, das auch die Stadt Gladbeck begrüßt. Volker Kreuzer: „Hierin liegen ganz erhebliche Potenziale zur Einsparung von CO2 für den Klimaschutz, zugleich könnte das Werk weltweit eine technologische Vorreiterrolle bei der Anwendung von Wasserstoff in der Produktion einnehmen.“

Allerdings ist ein möglicher Anschluss an eine bisher in Planung befindliche Pipeline Zukunftsmusik. Doch schon jetzt tue man einiges, um die Produktion nachhaltiger zu gestalten und CO2 einzusparen, sagt Birgit Kernebruck. So setzt man im Werk Gladbeck schon jetzt zusätzlich Ökostrom ein, um die Schmelzwanne zu beheizen. Diese Elektrifizierung werde man in den nächsten Jahren weiter steigern – soweit wie es technisch möglich ist.

Zusätzlich hat das Unternehmen den Anteil der Scherben, also des Recyclingmaterials, erhöht. Auch das trage dazu bei, dass weniger Energie bei der Glasschmelze benötigt werde, erläutert die Unternehmenssprecherin.