Gladbeck. Teile des Jovyplatzes für einen Ersatzbau des Riesener-Gymnasiums zu nutzen – ein weitgehender Vorschlag der Verwaltung. Das sagt die Politik.
Wie einen vorzeitigen Silvesterböller hat die Stadtverwaltung in der Lokalpolitik ihr Überraschungspaketmit Vorschlägen zur Zukunft des Riesener-Gymnasiums gezündet. Die Idee, auch den südlichen Jovyplatz als Baufeld für ein Schulgebäude in den Blick zu nehmen, sorgt für ein lautes wie geteiltes Echo.
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Politik wie Stadtgesellschaft waren bislang davon ausgegangen, dass das grüne Kleinod in der Stadtmitte höchstens übergangsweise für ein Container-Ersatzgymnasium genutzt wird. Um Unterrichtsmöglichkeiten zu schaffen, während am maroden Riesener-Gymnasium abgerissen, gebaut, oder saniert wird. In der letzten politischen Sondersitzung von Schul- und Planungsausschuss, am 21. Dezember, wurde dann das Überraschungspaket geöffnet. Mit den Vorschlägen, vor weiteren Maßnahmen rund um das marode Altgebäude zwei Schulgebäude zu errichten, in denen Unterrichtsräume untergebracht werden könnten. Das erste (Gebäude B) auf dem bisherigen Schulparkplatz, mit dem Mehrwert als Naturwissenschaftliches Zentrum. Das zweite (Gebäude C) mit Besonderheit eines Musischen Zentrums, nutzbar auch für außerschulische Konzertveranstaltungen, auf dem südlichen Zipfel des Jovyplatzes.
Die kleinen Fraktionen reagierten am schnellstens
Nach dem Sonderausschuss reagierten die kleinen, populistischen Fraktionen im Stadtrat am schnellsten mit klarer Ablehnung in Sachen Jovyplatz-Bebauung. Dies könne sich die AfD nicht vorstellen, so Fraktionsvorsitzender Marco Gräber. Konzerte oder Aufführungen würden die Stadthalle konterkarieren, eine Konkurrenzsituation entstehen. Nach Meinung der AfD könnte das Schulparkplatz-Gebäude ausreichen, um Teile des Altgebäudes abzureißen, um dort dann neu zu bauen. „Der Königsweg für unsere Fraktion wäre jedoch, ein kompletter Neubau auf der großen grünen Wiese am Westbahnhof“, so die AfD.
Die ABD-Fraktion (ABI, BiG und DKP) lehnt mit einer Presseerklärung unter der Überschrift „Die Stadtgeschichte baut man nicht zu“, ebenfalls die Jovyplatz-Idee ab. Denn der von den Stadtvätern und -müttern behutsam angelegte Park empfange die von der B224 zur Stadtmitte fahrenden Besucher mit einem freundlichen Ambiente. Zudem sei er für die hochverdichtete Stadt „ein Kleinod, das unversiegelt etwas Frischluft für die Stadtmitte gegen den Klimawandel schafft und von stadtgeschichtlich hoher Bedeutung“. Um Flächen zu schonen, sollte deshalb „auch ein vorübergehender Unterricht in Containerklassen und ein kompletter Neubau für das Riesener Gymnasium geprüft werden“.
Moderatere Töne der CDU- und SPD-Fraktion
Die CDU schlägt deutlich moderatere Töne an. Letztlich müsse sich die Fraktion zum Thema noch eine Meinung bilden, so Stadtverbandsvorsitzender Dietmar Drosdzol. Er persönlich finde die Planung gewagt, „aber gar nicht so uninteressant“. Die Verwaltung habe sich „gute Gedanken gemacht“, mit Vorschlägen, wie das Platzdilemma gelöst werden könnte. Diese Ideen sollte man nicht sofort kategorisch ablehnen, „sondern sie prüfen und dann offen darüber weiter diskutieren“. Es sei aber wichtig, sagt Dietmar Drosdzol, bei der Riesener-Diskussion nicht das Ratsgymnasium aus dem Blick zu verlieren. Er fragt: „Was ist, wenn ein weiteres neues Super-Gymnasium in Gladbeck entsteht, ist das Rats dann in zehn Jahren überflüssig?“
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SPD-Fraktionschef Wolfgang Wedekind sagt, dass ihn die Vorschläge ebenfalls überrascht hätten, „die erst eine Stunde vor Ausschussbeginn in der Fraktionsvorbesprechung grob angesprochen wurden“. Die Fraktion müsse sich jetzt noch eine Meinung bilden. Für ihn persönlich sei klar geworden, „dass es sich um eine äußerst schwierige und hochkomplexe Situation am Riesener-Gymnasium handelt“. Denn es würden die Flächen auf dem Schulgelände fehlen, „um neben dem Altbestand einen Neubau zu errichten“. Sollte es zur Jovyplatz-Bebauung kommen, sei es wichtig, das Gebäude architektonisch ansprechend zu gestalten. Zuvor müsse aber die Frage geklärt werden, „ob nicht doch andere Flächen in Frage kommen“, so Wedekind. Er finde es gut, „dass die Politik frühzeitig in die Überlegungen der Verwaltung eingebunden wird“. Ein Auftakt sei jetzt gemacht, und er glaube, „dass wir in vier Wochen im Schulausschuss deutlich weiter sind, wenn sich die Fraktionen in Ruhe ihre Gedanken zu den Vorschlägen gemacht haben“.
Die Gladbecker Grünen sehen noch „viele Fragezeichen“
Auch die Grünen-Fraktion hat noch keine eindeutige Meinung zu dem Thema. So kurz vor Weihnachten habe man sich allenfalls über informelle Kanäle ausgetauscht, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion. Er sieht noch „viele Fragezeichen“ und „Beratungsbedarf“. Der Verwaltungsvorschlag stoße bei den Grünen zunächst auf „Befremden“, sagt Lehmann. Es sei schwierig, diese Grünfläche zu bebauen. Er will es auch nicht kategorisch ausschließen, fordert aber viele zusätzliche Informationen seitens der Verwaltung. Dazu zählt er unter anderem auch die Unterlagen der Planungsbüros, die sich damit befasst haben. Gleichzeitig wollen die Grünen auch wissen, auf welcher Beurteilungsgrundlage die alternativen Standorte etwa am Bahnhof geprüft und schließlich ausgeschieden sind. Nicht zuletzt erinnert Lehmann an Reaktionen von Bürgern, die auch die Grünen erreicht haben. „Diese Rückmeldungen sind eher kritisch.“ Sie mahnen die Verwaltung an, nun auch Politik, Schüler- und Lehrerschaft, Eltern sowie Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen.