Gladbeck. Brigitte Dielenhein beschäftigt einen jungen Mann mit Handicap in ihrem Obst-Gemüseladen in Gladbeck. Für beide Seiten ist es eine Bereicherung.

Eigentlich könnte man wegen des Nachnamens auf ein Faible für fleischliche Genüsse schließen. Daniel Wolff liebt es aber viel mehr, mit Obst und Gemüse umzugehen. Und für den jungen Mann wird es so ein ganz besonderes Weihnachtsfest, da er in LinNo’s Obst- und Gemüseladen in Gladbeck seinen Traumjob gefunden hat. Seine Chefin, Brigitte Dielenhein, hat sich damit auch einen Wunsch erfüllt. Sie sagt, dass es ihr schone lange eine Herzensangelegenheit gewesen sei, einen Menschen mit Behinderung im ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Sie hofft, dass viele weitere Gladbecker Geschäfte und Betriebe ihrem Beispiel folgen.

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Denn auch viele andere Menschen mit Handicap „würden sicher gerne sichtbar inmitten der Gesellschaft arbeiten, statt unsichtbar in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung am Rande der Stadt“, so die Geschäftsinhaberin. Ihre Kunden an der Horster Straße würden jedenfalls die Unterstützung durch den neuen Mitarbeiter schätzen, dessen stets freundliches Gemüt gut ankomme. Der 23-Jährige hilft bei der Auswahl von Obst und Gemüse, kann Fragen beantworten, ob etwa dieser oder jener Apfel süßer oder saurer schmeckt. Und auch seine Kolleginnen freuen sich über den Zuwachs. „Daniel ist immer zufrieden und die Arbeit mit ihm macht Spaß. Er entlastet uns prima, wenn mehrere Kunden im Laden sind. Wir können dann in Ruhe kassieren, während Daniel den Kunden hilft und Fragen beantwortet“, so Verkäuferin Steffi Paszelak.

Über ein Berufspraktikum wurde die Leidenschaft für Obst und Gemüse geweckt

Daniel Wolff bei der Arbeit. Sorgfältig werden Porré-Stangen in die Verkaufskiste sortiert. Brigitte Dielenhein steht bereit, um gegebenenfalls zu unterstützen.
Daniel Wolff bei der Arbeit. Sorgfältig werden Porré-Stangen in die Verkaufskiste sortiert. Brigitte Dielenhein steht bereit, um gegebenenfalls zu unterstützen. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

„Wir üben jeden Tag ein neues Produkt, so lerne ich nach und nach alles kennen, was im Laden verkauft wird“, erzählt Daniel Wolff, der gerne seine Lieblingsfrüchte nennt, „Birnen und Himbeeren“, Äpfel mag er ebenso. Und beim Gemüse dürfen gerne Rosen- und Blumenkohl aufgetischt werden, gerne auch mal etwas mit Champignons. Heute hat er die CaraCara neu kennengelernt, eine saftige Kreuzung aus Pampelmuse und Orange, die freilich auch probiert werden muss, um den Kunden zum Geschmack Rede und Antwort stehe zu können.

Der junge Mann hat eine Einschränkung beim Sehen, braucht beim Lernen gegebenenfalls auch etwas länger. Er ist aber mit großer Begeisterung bei der Sache, hat es durch seien Zielstrebigkeit auch geschafft, zunächst den Hauptschulabschluss auf der Focus-Schule in Buer und dann auf dem Berufskolleg die Fachoberschulreife zu erlangen. Über die Agentur für Arbeit folgte eine Berufsvorbereitungsphase mit zweijähriger Ausbildung zum Verkäufer und IHK Zeugnis. Über ein Berufspraktikum bei Rewe sei sein Wunsch gewachsen, im Bereich Obst und Gemüse arbeiten zu wollen, erzählt Daniel Wolff, der daheim bei den Eltern in Gelsenkirchen lebt.

Der Integrationsfachdienst brachte Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen

Diplom-Sozialarbeiter Dietrich Kober vom Integrationsfachdienst brachte die suchende Arbeitgeberin und den suchenden Arbeitnehmer zusammen und freut sich, dass alles prima klappt.
Diplom-Sozialarbeiter Dietrich Kober vom Integrationsfachdienst brachte die suchende Arbeitgeberin und den suchenden Arbeitnehmer zusammen und freut sich, dass alles prima klappt. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Die Vermittlung erfolgte dann über die Agentur für Arbeit, beziehungsweise über den dazu beauftragten Integrationsfachdienst in Gelsenkirchen, der auch für Gladbeck und Bottrop zuständig ist.

Kontakt zum Integrationsfachdienst

Der Integrationsfachdienst für Menschen mit Behinderungen (Ifd) in Gelsenkirchen ist im Auftrag des LWL-Inklusionsamtes Arbeit sowie der Rehabilitationsträger wie z.B. den Rentenversicherungen, den Agenturen für Arbeit und den Berufsgenossenschaften tätig und zuständig für die Städte Gelsenkirchen, Gladbeck und Bottrop.

Der Ifd kooperiert mit den örtlichen Fachstellen für behinderte Menschen im Beruf, den Industrie- und Handelskammern, den Handwerkskammern und den Fachdiensten des LWL-Inklusionsamtes Arbeit und arbeiten mit (Förder)- Schulen und Werkstätten für Menschen mit Behinderung zusammen.

Die Mitarbeitenden unterliegen der Schweigepflicht. Ihre Arbeit ist für Menschen mit Behinderung und Arbeitgeber kostenlos. Kontakt über die Teamleitung Nicole Goralski, Bahnhofsvorplatz 4 in Gelsenkirchen, 0209 957146-10 sowie E-Mail ifd-ge@ifd-westfalen.de und Infos im Internet: www.ifd-westfalen.de/ifd-ge

„Wir beraten Arbeitgeber bei der Neueinstellung von Menschen mit Behinderung, etwa über Auswirkungen der Beeinträchtigungen in der Kommunikation, Belastbarkeit und Arbeitsfähigkeit und wir bleiben nach Abschluss eines Arbeitsvertrages weiter Ansprechpartner“, so der zuständige Begleiter Dietrich Kober. Auch über mögliche Kostenzuschüsse werde informiert und bei der Beantragung von Fördergeldern geholfen. „Wir hoffen, dass mit unserer Unterstützung noch viele weitere Integrationen aus Werkstätten in Richtung erster Arbeitsmarkt gelingen“, sagt Kober. Die Erfahrung zeige, dass dies ein Gewinn für beide Seiten sei, „denn ein Mensch mit Behinderung bringt ein ganz anderes Arbeitsklima in den Betrieb“.

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Das bestätigt Brigitte Dielenhein. Bei ihr und Daniel Wolff habe es direkt bei der ersten Begegnung menschlich gepasst „wie Topf auf Deckel“. Und auf die Frage, was sie von dem neuen Mitarbeiter habe lernen können, denkt sie einen Augenblick nach, um dann zu antworten: „Wieder mehr unvoreingenommen auf Neues zuzugehen, jede Situation mit anderen Augen zu sehen und zu bewerten, da ein schwerbehinderter Mensch alles lockerer sieht und nicht so viel hinterfragt wie wir“.

Ganz wichtig: Miteinander umzugehen, ohne beleidigend oder verletzend zu sein

Daniel Wolff mag Äpfel. Behutsam werden die Früchte gedreht und dicht nebeneinander platziert, so dass die Ware für die Kunden ansprechend aussieht.
Daniel Wolff mag Äpfel. Behutsam werden die Früchte gedreht und dicht nebeneinander platziert, so dass die Ware für die Kunden ansprechend aussieht. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Und natürlich habe sie wieder gelernt, „mehr Rücksicht und Geduld zu üben“, was in der heutigen Gesellschaft oft nicht mehr gegeben wäre. Es sei auch schön, mit Daniel einfach mal wieder albern zu sein, „wenn er aus der Kreuzung einer Frucht eine Kreuzigung macht“ und dann wieder ein bisschen Kind zu werden, „mit dem Menschen zu lachen und nicht über ihn“. Sie habe auch gelernt, trotz Geschäftshektik „zuzuhören und nicht immer nur wegzuschieben“. Und ganz wichtig sei es auch, „miteinander umzugehen, ohne beleidigend und verletzend zu sein“. Sie könne so nur empfehlen, einem Menschen mit Behinderung die Chance auf einem Job im ersten Arbeitsmarkt zu geben. „Ich würde gerne eine weitere Kraft dieser Art anstellen, wenn ich es mir finanziell leisten könnte.“