Düsseldorf. In NRW sind ab 1. Januar 2023 Vorschusszahlungen möglich. Land und Städte werfen dem Bund vor, beim Wohngeld “unseriös“ zu handeln.
Die mit dem neuen „Wohngeld Plus“ organisatorisch stark belasteten Städte in NRW reagieren auf den zu erwartenden Ansturm von Antragstellern mit der Möglichkeit von Vorschusszahlungen.
„Wir haben mit den Kommunen einen Kurzbescheid entwickelt, der ab dem 1. Januar Vorschusszahlungen ermöglicht“, sagte NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Mittwoch. Es handele sich um eine „Notlösung im Sinne der Menschen“, betonte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW und Bürgermeister von Soest, Eckhard Ruthemeyer (CDU). Dennoch dürften zwischen Antragstellung und Auszahlung oftmals viele Wochen vergehen.
Die Belastung der Beschäftigten in den Wohngeldstellen wird nur verschoben
Die vorläufigen Auszahlungen entlasten die Wohngeldstellen nicht. „Der immense Aufwand wird nur zeitlich gestreckt und ins Frühjahr verschoben“, sagte Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) für den Städtetag NRW. Jeder Antrag müsse noch einmal geprüft werden. Empfängerinnen und Empfänger könnten sich im Zuge der Nachprüfungen mit Rückzahlungsforderungen konfrontiert sehen. Dennoch empfehlen die Städte die Antragstellung auf einen Vorschuss ausdrücklich.
Die vom Bund angestoßene Wohngeldreform greift zum 1. Januar 2023. In NRW dürfte dann die Zahl der wohngeldberechtigten Haushalte von rund 160.000 auf etwa 480.000 steigen. Die Städte suchen händeringend Personal, um die Antragsflut stemmen zu können. Bielefeld verdoppelt zum Beispiel die Zahl der Beschäftigten in der Wohngeldstelle von 15 auf 30, Soest von drei auf sechs. Auf den Personalkosten -- rund 50.000 Euro pro Stelle und Jahr -- bleiben allerdings die Kommunen sitzen.
Ministerin kritisiert den Bund scharf
Scharrenbach kritisierte die „Ampel“ scharf: „Die Bundesregierung schreibt mit der Wohngeldreform ein Menü auf die Karte, will es aber selbst nicht zubereiten“. Die Landesministerin wirft dem Bund sogar „unseriöses“ Verhalten vor. Er habe Wohngeldberechtigten fälschlicherweise dazu geraten, Anträge formlos per Telefon oder Mail einzureichen. Tatsächlich bedürfe es immer eines schriftlichen oder eines Online-Antrags. „Der Unmut landet am Ende nicht beim Bund, sondern bei den Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern in der Wohngeldstelle vor Ort, und die können am wenigsten dafür“, so Scharrenbach.
Antragstellung mit Hindernissen
Um einen Vorschuss zu erhalten, reicht der Wohngeld-Antrag nicht. Zusätzlich müssen der Mietvertrag, eine Verdienstabrechnung und die Zahl der Haushaltsmitglieder übermittelt werden. Andere Dokumente können nachgereicht werden.
Das Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss zu den Wohnkosten für Haushalte, die keine Sozialleistungen wie zum Beispiel Bürgergeld erhalten. Die Kriterien für diesen Zuschuss sind ab Januar großzügiger bemessen, daher dürfte die Zahl der Empfänger erheblich steigen. Bürgerinnen und Bürger können im Internet über den „Wohngeldrechner NRW“ prüfen, ob sie einen Wohngeldanspruch nach neuem Recht haben.
Hier drei Beispiele für Wohngeldberechtigte (Quelle: Landesregierung)
Beispiel 1: Eine Rentnerin, alleinstehend, Wohnort Düsseldorf (Mietenstufe 6). Sie hat ein Bruttorenteneinkommen in Höhe von 747,88 Euro (Netto 669,35 Euro). Zu Ihrer Rente erzielt sie noch Einkünfte aus einem Mini-Job in Höhe von 450 Euro. Sie zahlt eine Miete in Höhe von 460 Euro im Monat, wovon 50 Euro für in der Miete enthaltene Haushaltsenergie (Strom) bei der Berechnung des Wohngeldes abgezogen werden, da diese Kosten nicht wohngeldfähig sind. Bisher hat diese Person keinen Anspruch auf Wohngeld. Im Jahr 2023 hat sie einen Wohngeldanspruch in Höhe von 169 Euro.
Beispiel 2: Ein Busfahrer, verheiratet, 2 Kinder, Wohnort Bochum (Mietenstufe 3). Er hat als Alleinverdiener ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 4.196 Euro (Netto: 2.642,42 Euro). Er zahlt eine Miete von 723 EUR. Bisher hat dieser 4-Personen-Haushalt keinen Anspruch auf Wohngeld. Im Jahr 2023 hat er einen Wohngeldanspruch in Höhe von 153 Euro. Kindergeld und ein eventuell gewährter Kinderzuschlag werden nicht angerechnet.
Beispiel 3: Eine Krankenschwester, alleinerziehend, ein Kind, Wohnort Krefeld (Mietenstufe 4). Sie hat ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 2.797 Euro (Netto: 1.999,80 Euro). Sie zahlt eine Miete von 594 Euro. Bisher hat dieser 2-Personen-Haushalt keinen Anspruch auf Wohngeld. Im Jahr 2023 hat er einen Wohngeldanspruch in Höhe von 101 Euro. Kindergeld und ein eventuell gewährter Kinderzuschlag werden nicht angerechnet.
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