Gladbeck. Haben sich die Kunden im Weihnachtsgeschäft zurückgehalten? Oder haben sie sich und ihren Lieben etwas gegönnt? Das sagt der Gladbecker Handel.

„Es fehlt die Laufkundschaft“ – so bringt Georg Hahne, Vorsitzender des Einzelhandelsverbands die Frage nach dem Weihnachtsgeschäft auf den Punkt. Die Besucherfrequenz in der Innenstadt sei eben nicht auf dem Niveau von vor Corona – und werde dort wahrscheinlich auch nicht mehr hinkommen. Zum Glück gebe es aber auch viele Stammkunden, die gezielt in die Stadt kämen, sich freuten, dass es dort die Fachhändler gibt und dort dann auch einkaufen.

Ähnlich äußern sich fast alle von der Lokalredaktion befragten Händler. Die Kundenfrequenz sei insgesamt zurückgegangen, das sei ein Trend, der schon vor Corona eingesetzt habe, die Pandemie habe diese Entwicklung dann noch einmal beschleunigt. Letztlich habe Corona eine Entwicklung von fünf Jahren auf ein Jahr verdichtet, sagt Hahne.

Gladbeckerinnen und Gladbecker gönnen sich zu Weihnachten etwas

Hinzu kommen die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten, die sich auch im Weihnachtsgeschäft äußern. Vermehrt kämen nun nämlich auch Kunden, die sich selbst beschenkten, die sich zur Weihnachtszeit bewusst etwas gönnen wollten, so die Beobachtung von Regina Hahne in ihrem Geschenkeladen.

Gladbecks Einkaufsstraßen – hier die Hochstraße am Mittwochmorgen. Vor allem aber nachmittags sei kaum noch jemand unterwegs, sagt Simon Terhardt.
Gladbecks Einkaufsstraßen – hier die Hochstraße am Mittwochmorgen. Vor allem aber nachmittags sei kaum noch jemand unterwegs, sagt Simon Terhardt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Grundsätzlich fehle es einfach an Geld, urteilt Gregor Hahne. Das sei gar nicht mal unbedingt ein Gladbecker Problem. Ähnliches höre er auch von seinen Kollegen aus dem Geschäftsverbund. Nur in einer Stadt mit einer Sozialstruktur wie Gladbeck äußere es sich dann vielleicht auch eher.

Beim Schmuck waren vor allem Ketten gefragt

Er selbst habe dieses Jahr vor Weihnachten weniger Uhren verkauft. Es sei insgesamt ein ruhiges Weihnachtsgeschäft gewesen. Beim Schmuck seien vor allem Ketten gefragt gewesen, sagt er. Im Geschenkeladen sei auch Praktisches nachgefragt worden – etwa der warme Poncho, den man sich im kühlen Büro überwerfen könne, ergänzt Regina Hahne.

Diesen Trend, etwas Nützliches zu schenken, hat auch Gabi Katzewski-Heib vom Home Store festgestellt. Das könne die elektrische Pfeffermühle sein oder vielleicht eine besondere Bratpfanne – Geschenke also, die einen Nutzen haben und trotzdem nicht alltäglich sind. Auch hier „gönnt“ man sich ja etwas. Zudem hat die Geschäftsfrau eine gestiegene Nachfrage nach Dekorationsartikeln bemerkt. „Die Leute wollen es sich zu Hause schön machen.

Beleuchtete Außendeko war in diesem Jahr in Gladbeck kaum gefragt

Doch sei in dem Bereich auch nicht alles gelaufen. Beleuchtete Außendeko etwa sei kaum gefragt gewesen. Sie vermutet, dass die Menschen hier schlicht auf die Energiepreise reagiert haben und auf diese Weise etwas sparen. Ihr Fazit zum Weihnachtsgeschäft fällt dennoch positiv aus. „Im Prinzip bin ich ganz zufrieden, wenn ich auch nicht ganz auf die Umsätze komme, wie eigentlich gedacht.“ Die Leute müssten eben sparen, gerade von jungen Familien habe sie oft gehört, dass der Puffer aufgebraucht sei.

„Ich möchte nicht klagen“, so antwortet Simon Terhardt von der Traumwerkstatt auf die Frage nach dem Weihnachtsgeschäft. Wie viele seiner Kollegen hat auch er beobachtet, dass die Kunden gezielt kämen. Das sei aber kein neues Phänomen, und es sei ja auch bekannt, dass es in der Innenstadt an Frequenz fehle – vor allem nachmittags.

Umsätze nicht annähernd mit denen von vor Corona vergleichbar

Insofern gilt aus seiner Sicht: „Es hat sich nicht riesig was verändert.“ Zumal er in seinem Geschäft auch nicht unbedingt klassische Geschenke und Weihnachtsartikel anbiete. Allerdings: Accessoires, Kissen oder auch Bademäntel seien durchaus gefragt gewesen.

Andrea Kronenberg kann sich über das Weihnachtsgeschäft in ihrem Modegeschäft an der Hochstraße „nicht beklagen“. Sie sagt aber auch, dass die Umsätze nicht annähernd mit denen in den Jahren vor Corona zu vergleichen seien. „Früher haben wir hier mit vier Leuten gearbeitet und hatten kaum Zeit zum Luftholen. Das ist bei weitem nicht mehr so.“ Für sie steht fest: Viele Kunden haben sich in der Pandemie umorientiert, shoppen nun lieber online. Ob man sie zurückgewinnen kann? Ungewiss, sagt sie und zuckt mit den Schultern.

Von einer lebendigen Innenstadt profitiert die gesamte Stadt

Immerhin: Die Kundinnen und Kunden, die bei ihr nach Weihnachtspräsenten für ihre Lieben suchen, würden nicht aufs Geld schauen. „Da wird schon das gekauft, was man gerne haben möchte.“ Ob das in Hinblick auf die steigenden Kosten in allen Bereichen noch lange so sein wird, daran hegt die Geschäftsfrau allerdings Zweifel.

Nicht nur aus eigener Betroffenheit heraus betont sie, wie wichtig es sei, den lokalen Handel zu unterstützen. „Das hält die Innenstädte lebendig, und davon profitieren letztendlich alle in einer Stadt.“ Sie selbst bemüht sich, alles vor Ort zu besorgen. Und sei ein Produkt in einem Geschäft einmal nicht sofort erhältlich, „dann bestelle ich es dort, und dann fließt es auch in die Bilanz des Händlers ein.“

Und bei allen Problemen, mit denen auch der Einzelhandel in Gladbeck zu kämpfen hat, fällt ihr Blick auf die Innenstadt doch positiv aus. „Im Vergleich zu anderen Städten schlägt Gladbeck sich wirklich tapfer.“