Gladbeck. Mehr Menschen haben bald Anspruch auf Wohngeld. In Gladbeck erwartet die Stadtverwaltung einen Ansturm – und somit eine höhere Bearbeitungszeit.
In der vergangenen Woche hat der Bundestag die Wohngeld-Reform beschlossen – demnach haben künftig mehr Menschen Anspruch auf diese Form der Unterstützung, zudem werden die Bezüge erhöht. Die Stadt Gladbeck erwartet daher eine hohe Zahl von Neuanträgen – und rüstet sich entsprechend. Sozialdezernent Rainer Weichelt hält die Reform für einen wichtigen und richtigen Schritt. Gladbeckerinnen und Gladbecker müssen aber einiges beachten.
„Die Wohngeldreform ist gut“, so Weichelt. Denn damit seien künftig auch die Menschen erfasst, „die nicht in sonstigen Unterstützungssystemen sind“. Rainer Weichelt sieht in der Reform einen Schritt, soziale Not abzufedern. „Es geht darum, den sozialen Zusammenhalt zu stärken und individuelle Schicksale nicht in Armut abdriften zu lassen.“ Die Stadtverwaltung rechnet damit, dass der Kreis der Berechtigten verdreifacht wird. Vor allem Rentner und Geringverdiener werden ab Januar neu in die Gruppe der Wohngeldbezieher kommen. „Wir erwarten im kommenden Jahr rund 3500 Anträge.“ Aktuell seien es jährlich etwa 1000 Anträge.
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Sozialdezernent: Berechtigte sollten Leistungen in Anspruch nehmen – ohne Scham
Marcel Hädrich, Abteilungsleiter Existenzsicherung und Wohnen im städtischen Sozialamt, weiß: „Wir sind eine Stadt im Ruhrgebiet, die sozial schwach ist. Daher ist die Zahl der Wohngeldempfänger schon jetzt höher als auf dem Land.“ Sozialdezernent Weichelt appelliert an die Menschen, die Leistungen in Anspruch zu nehmen und einen möglichen Bedarf auf jeden Fall ausrechnen zu lassen. „Viele Berechtigte trauen sich das oft nicht.“ Aktuell gibt es bei der Stadtverwaltung Überlegungen, einen möglichst niederschwelligen Zugang einzurichten.
Dazu soll es etwa ein städtisches Angebot geben, ebenerdig in einem Ladenlokal, „ohne dass die Menschen durch eine große Pforte gehen müssen“, um sich ausrechnen zu lassen, ob ein Anspruch besteht. „Niemand braucht Scham zu haben“, so Weichelt. Wohlfahrtsverbände hätten zudem bereits Unterstützung in Form von Beratung zugesichert. Ob ein Anspruch besteht, sollten Gladbeckerinnen und Gladbecker lieber einmal zu viel als zu wenig überprüfen, rät der Sozialdezernent. Das ist auch online über einen Wohngeldrechner möglich.
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Bearbeitungszeit der Wohngeld-Anträge könnte sich aufgrund der Zunahme erhöhen
Die Stadtverwaltung bereitet sich derzeit auf den Ansturm vor. „Das ist eine echte Herausforderung“, so Marcel Hädrich. Momentan liege die Bearbeitungszeit bei einem entsprechenden Antrag bei etwa einem Monat. „Wir könnten an einen Punkt kommen, wo längere Wartezeiten möglich sind“, räumt Hädrich ein. 3,5 Stellen gibt es bei der Stadtverwaltung aktuell für das Wohngeld-Angelegenheiten.
Angedacht ist, aufgrund der erwarteten gestiegenen Nachfrage zwei weitere Stellen in diesem Bereich zu schaffen. „Das muss mit dem Haushalt im Rat verabschiedet und von der Bezirksregierung genehmigt werden“, so der Erste Beigeordnete, Rainer Weichelt. Das helfe aktuell allerdings noch nicht. Zwei Mitarbeiterinnen – davon aktuell eine noch in Ausbildung – sollen nun kurzfristig in dem Bereich eingesetzt werden. „Wir hoffen, dass wir so die Anforderungen abdecken können. Ansonsten müssten wir Personal aus anderen Abteilungen umschichten“, sagt Rainer Weichelt. Der städtische Haushalt wird – abgesehen von den Personalkosten – nicht belastet, die Kosten für das Wohngeld tragen Bund und Land.
„Wenn möglichst viele Menschen ihren Antrag online stellen, würde uns das sehr helfen“, sagt Hädrich. Denn: „Anfang Januar werden die Leute in Scharen kommen.“
Auch in den Ausschüssen wird die Wohngeld-Reform in kommender Zeit ein Thema sein. Die Verwaltung wird Umsetzungsdetails im Ausschuss für Senioren, Soziales und Gesundheit am Dienstag, 22. November, vorstellen. Auch im Integrationsausschuss werde das Thema erläutert. „Es gibt einige Menschen, die ihren Anspruch nicht realisieren, darunter auch Migranten“, so Sozialdezernent Weichelt.