Gladbeck. Gladbecker Fahrschulen stecken in der Klemme. Personalsorgen, Terminschwierigkeiten beim TÜV und gestiegene Kosten machen ihnen zu schaffen.

Wer im Jahr 2022 den Führerschein machen will, muss wohl mit deutlich höheren Kosten rechnen als noch vor Beginn der Pandemie. Eine Ursache dafür sind zum einen die gestiegenen Benzinpreise, überdies macht die Inflation den heimischen Fahrschulen zu schaffen. In diese Gemengelage stößt der akute Personalmangel, unter dem viele Fahrschulen in Gladbeck ächzen.

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So auch Stefan Wulfekotte von „Stefans Fahrschule“. „Wir haben einen Fahrlehrer, der eigentlich im Rentenalter ist. Er hat sich bereit erklärt, noch bis Ende 2023 weiterzumachen.“ Da der Nachwuchs fehle, müsse „der Beruf attraktiver gemacht werden“, ist Wulfekotte überzeugt. Bisher kommen angehende Fahrlehrer für ihre Ausbildung – etwa 20.000 Euro – selbst auf, wobei sie anschließend denkbar ungünstige und unregelmäßige Arbeitszeiten haben, nämlich meistens dann, wenn andere Feierabend machen. Nach Aussage von Fahrlehrern seien dies der Hauptgrund dafür, dass sich nicht so viele wie erhofft für den Beruf begeistern lassen.

Gladbecker Fahrlehrer Stefan Wulfkotte registriert einen Stau von Führerscheinwilligen

Einen gravierenden Rückgang der Führerscheinaspiranten hat Stefan Wulfkotte während der Pandemie bei sich allerdings nicht beobachtet, dafür hätten die zwei Lockdowns 2020 und 2021, in denen gar nichts ging, zu einem regelrechten Stau der Führerscheinwilligen geführt. Den gelte es offenbar noch bis heute abzuarbeiten.

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Auf der anderen Seite fehlte es beim TÜV an Prüfern. Hier wurden inzwischen neue Kräfte eingestellt oder ehemalige reaktiviert, zusätzlich wurde der Samstag als Prüfungstag hinzugenommen. Dass diese Situation bei den Fahrschulbetreibern an den Nerven zehrt, macht einer von ihnen deutlich, der auf keinen Fall genannt werden möchte.

Stefan Wulfekotte, Fahrschulinhaber aus Gladbeck, stellt fest: Beim TÜV fehlen Prüfer.
Stefan Wulfekotte, Fahrschulinhaber aus Gladbeck, stellt fest: Beim TÜV fehlen Prüfer. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Er wolle überhaupt nichts sagen, so seine erste Reaktion, dazu habe er keine Zeit, weil er nur noch unterwegs sei. Doch dann macht er seinem Ärger Luft. „Das Durchschnittsalter der Fahrlehrer liegt bei 57 Jahren, und niemand kommt nach. Dem stehen überdurchschnittlich viele Führerscheinanwärter gegenüber.“

Blick auf die Preisgestaltung

Vergleichen lohnt sich, denn Fahrschulen unterliegen keiner Gebührenordnung. Jeder Anbieter darf seine Preise selbst bestimmen. Das Gesetz verpflichtet Fahrschulen allerdings zu Transparenz in ihrer Preisgestaltung.

Für angebotene Leistungen, wie etwa Theorie- und Fahrstunden oder die Prüfung, müssen sie einen festen Preis angeben. Dieser ist öffentlich zugänglich zu machen. Die Preise müssen dann auch eingehalten werden.

An sich wäre die große Nachfrage für Fahrschulen erfreulich, wenn sie denn auch bedient werden könnte. Verantwortlich für diese Diskrepanz sind aus seiner Sicht mehrere Gründe. Die Bundeswehr bilde keine Fahrlehrer mehr aus, also fehle es an Nachschub. Flüchtlinge, deren heimische Fahrerlaubnis nach sechs Monaten erlischt, drängen auf den Markt – oder sie benötigen, wenn sie eine Arbeit gefunden haben, einen Lkw-Führerschein. Die Kosten aufgrund der gestiegenen Benzinpreise, verbunden mit Lieferengpässen im Kfz-Bereich, sowie die Nachwirkungen der Lockdowns hätten alle zu Buche geschlagen. „Wir werden nicht daran vorbeikommen, die Preise zu erhöhen.“ Zurzeit kostet die Fahrstunde im Schnitt 47 Euro, dabei wird es wohl nicht bleiben können.

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Ähnlich sieht das auch Karl Heinz „Karlo“ Demski aus Butendorf. „Ich werde wohl zwei Euro mehr nehmen müssen“, blickt er schon mal in die Zukunft. „Der zweite Lockdown hat viele an den Rand ihrer Existenz gebracht.“ Demski ist auch unzufrieden mit dem Verkehrsumfeld. „Die Verkehrsdichte ist enorm angestiegen. Auf der Straße herrscht mittlerweile Krieg.“ Es gäbe keinen Respekt mehr, so der Fahrlehrer, er und seine Schüler würden – obwohl deutlich sichtbar als Fahrschule gekennzeichnet – an Baustellen bedrängt, wenn sie sich ans vorgeschriebene Tempo halten. Demski plädiert für ein Tempolimit: „40 Stundenkilometer in der Stadt und 120 auf der Autobahn“, das ist seine Überzeugung.

Der Eindruck trügt nicht: Die Branche der Fahrschulen hat mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen. Aber aufgeben, so scheint es, ist für sie keine Option.

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