Gladbeck. Gut 2000 Schüler sind in Gladbeck bereits von Talentscouts gefördert worden. Fünf weiterführende Schulen in der Stadt nutzen das Förderprogramm.
Es ist eine Erfolgsgeschichte, darin sind sich Schulleiterinnen und Schulleiter beteiligter Gladbecker Schulen einig: Das zur Talentförderung an weiterführenden Schulen in NRW entwickelte Programm „NRW Talentscouting“. In den vergangenen zehn Jahren haben bereits mehr als 2000 Schülerinnen und Schüler der fünf beteiligten Gladbecker Schulen die Talentförderung durchlaufen. Die Scouts helfen dabei, die eigenen Stärken wie Neigungen zu entdecken und herauszufeilen, um den Weg in die berufliche Zukunft zu bahnen. Dabei hat das Programm einen besonderen Fokus.
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Vor dem Hintergrund der starken sozialen Ungleichheit beim Übergang in das Studium seien „insbesondere junge Menschen, deren Eltern nicht studiert haben, Zielgruppe der Talentförderung“, machte Laura Estner jetzt im Schulausschuss deutlich. Sie fördert als Koordinatorin die Talente an der Westfälischen Hochschule und ist auch für das Projekt an Schulen in Gladbeck zuständig. Die CDU hatte nach einem Bericht in der WAZ zum NRW-weiten erfolgreichen Talentscouting-Programm beantragt, eine Bilanz für die beteiligten Gladbecker Schulen (Heisenberg- und Riesener-Gymnasium, Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule, Erich-Kästner-Realschule und Berufskolleg) im Schulausschuss vorzustellen.
Es ist wissenschaftlich belegt, dass mehr beteiligte Talent-Schüler ein Studium anstreben
„Es ist jetzt wissenschaftlich belegt, dass es uns mit dem Coaching gelingt, die auseinanderklaffende Chancenschere bei Schülerinnen und Schülern an weiterführenden Schulen zu schließen, berichtete Estner. Sie verwies auf die Evaluation des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), das den Effekt des Talentscoutings ab der zehnten Klasse bei mehr als 1000 Schülerinnen und Schülern untersucht habe. Das repräsentative Ergebnis lasse sich auch auf Gladbeck übertragen. So hätten zum Projektbeginn an den weiterführenden Schulen 77 Prozent der befragten Kinder aus Akademikerfamilien angegeben, nach dem Schulabschluss studieren zu wollen. Bei den Kindern, deren Eltern nicht studiert hatten, seien es nur 56 Prozent gewesen, so Estner.
Durch den Einsatz der Talentscouts fassten dann 64 Prozent der Teilnehmenden aus Nicht-Akademiker-Familien doch den Entschluss, studieren zu wollen. Und bei Kindern von Akademiker-Eltern sank der Studienwille auf 70 Prozent. Estners Erklärung dazu: Ein Teil dieser jungen Menschen habe durch das Talentscouting den Mut gefasst, um statt des Elternwunsches den eigenen Neigungen und Wünschen nachzugehen und kein Studium, „sondern lieber eine handwerkliche Ausbildung anzuvisieren“.
Die Talentscouts helfen, die Stärken der Teilnehmenden zu entdecken und zu fördern
Und darum gehe es, frühzeitig, ab der zehnten Klasse, in den Schulen bei den beteiligten Schülerinnen und Schülern die Stärken und Talente zu entdecken, sie herauszuarbeiten und zu fördern. Um durch langfristige individuelle Begleitung, monatliche Beratungsgespräche quasi einen Leitfaden zu stricken, „um optimal ins Studium oder die Berufsausbildung einsteigen zu können“, so Laura Estner. Dabei gehe es auch um finanzielle Fördermöglichkeiten des Studiums (Bafög), den Besuch von Ferienakademien, Beratung zu Auslandsaufenthalten oder Freiwilligendiensten und Schülerstipendienprogramme wie RuhrTalente, fachliche Exkursionen und die Erweiterung des persönlichen Netzwerkes durch Treffen mit möglichen Vorbildern und Experten, etwa Ex-Studenten oder Ex-Auszubildenden, die über ihren Werdegang berichten und Tipps geben.
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„Jeder von uns braucht doch jemanden, der die Türen öffnet“, lobte Direktor Ulrich Elsen das Engagement der Talentscouts, die das Programm an der Erich-Kästner-Realschule vorstellen und betreuen. Rund 40 seiner Schülerinnen und Schüler sei es seit 2015 gelungen, „sich erfolgreich für ein RuhrTalente-Stipendium zu bewerben“. Gerade in Brauck, wo viele Eltern das nicht leisten könnten, sei die Berufsberatung und Förderung wichtig. Dass sich das erfolgreiche Programm mittlerweile verstetigt habe, bestätigte auch Heisenberg-Direktor Peter Hogrebe. Hätte anfangs kräftig geworben werden müssen, so würden die Gymnasiasten sich jetzt selbst anmelden, mit der Begründung: „Die Talentscouts machen uns Mut, unsere Ziele zu verfolgen.“ Etwa drei Mal so viele Mädchen wie Jungen würden sich bewerben, „die offenbar schon frühzeitiger zielstrebig in ihrer Zukunftsplanung sind“. Die Hälfte der Teilnehmenden habe einen Migrationshintergrund.
Die langfristige Unterstützung und Begleitung ist besonders wertvoll
Gesamtschuldirektorin Alrun ten Have bewertet die langfristige Begleitung und Unterstützung der Talentscouts bis zum Studium und darüber hinaus als besonders wertvoll. Durch das stetige Bemühen sei es auch gelungen, anfangs zurückhaltende und skeptische Ingeborg-Drewitz-Gesamtschülerinnen und -schüler für das Programm zu gewinnen. „Die sich dann öffnen und ihre Wünsche äußern“, wobei ihnen dann weiter Mut gemacht werde „und sie gestärkt werden, ihre Talente zu sehen und weiter auszubauen - und wie man auch bei finanziell schwachem Elternhaus Möglichkeiten hat, ein Studium aufzunehmen“.