Gladbeck. Windrad-Pionier Klaus Schulze Langenhorst sieht große Chancen, die Energiewende zu schaffen. Er mahnt aber die Politik zum entschiedenen Handeln.

Windrad-Pionier Klaus Schulze Langenhorst sieht durch die aufziehende Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges einen ungeahnten Schub auf die Windkraft- und Photovoltaik-Branche zukommen. „Der Schub muss von der Politik nun aber auch ehrlich umgesetzt werden“, so der 55-jährige Unternehmer aus Gladbeck, der mit seiner Firma „SL Naturenergie“ schon mehr als 20 Jahre für den Ausbau erneuerbarer Energien kämpft.

So sehr er die jüngste Entwicklung begrüße, so sehr müsse die Politik in Land und Bund, so Schulze Langenhorst im WAZ-Gespräch, deutlich Farbe bekennen und für die „Erneuerbaren“, allen voran Wind- und Solarkraft, entsprechend die Weichen stellen. „Ich hätte mir zuletzt auch gewünscht, dass die Gladbecker Politik sich eindeutig zur Windkraftanlage auf der Mottbruchhalde positioniert hätte.“ Ohne Anlagen wie die auf der Braucker Halde sei die Energiewende nicht zu schaffen, so der Windrad-Experte.

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SL Naturenergie sieht in Gladbeck vor allem Potenzial für Photovoltaikanlagen

Windrad-Pionier Klaus Schulze Langenhorst ist seit 22 Jahren mit einem Unternehmen SL Naturenergie in der Branche tätig.
Windrad-Pionier Klaus Schulze Langenhorst ist seit 22 Jahren mit einem Unternehmen SL Naturenergie in der Branche tätig. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Platz für ein weiteres Windrad in Gladbeck (neben der Mottbruch-Anlage gibt es zwei Windräder des SL Naturenergie in Ellinghorst und Rentfort) erkennt Schulze Langenhorst allerdings nicht. Aber: Der Unternehmer sieht in Gladbeck ein großes Potenzial für Photovoltaikanlagen. Sein Blick richtet sich vor allem auf die Gewerbe- und Industriegebiete. „Da sind so viele Dächer ungenutzt.“ Aber auch weitere Photovoltaik-Freiflächenanlagen, wie augenblicklich eine in Rentfort westlich der A 31 eine Solaranlage in Planung ist, kann sich Schulze Langenhorst im Stadtgebiet vorstellen. „Das ist im Vergleich zur konventionellen Kraftwerksnutzung auch kein Flächenverbrauch, sondern eine ideale Form, per Photovoltaik naturnah Energie zu produzieren.“ Er sieht sogar einen Gewinn für die Natur, da sie unter den aufgeständerten Solar-Modulen unberührt bleibe.

Wichtig sei indessen ein gesamtgesellschaftliches Umdenken und ein Umsteuern der Politik. „Da sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu viele Fehler gemacht worden.“ Vor 26 Jahren habe er seine erste Anlage realisiert, seit 22 Jahren gebe es die SL Naturenergie. „Aber in all der Zeit habe ich immer Gegenwind verspürt, führten wir oft genug einen Kampf auf verlorenen Posten und gegen den Zeitgeist.“ Verkannt worden sei, dass Unternehmen aus der Branche der erneuerbaren Energien zur Wertschöpfung beitragen. „Wenn wir unseren Wohlstand beibehalten wollen, ist es notwendig, diesen Weg entschieden weiter zu gehen.“

Klaus Schulze Langenhorst fordert drei wichtige Weichenstellungen vom Land NRW

Auf Dächern in Gladbeck ist noch viel Platz für Photovoltaikanlagen.
Auf Dächern in Gladbeck ist noch viel Platz für Photovoltaikanlagen. © picture alliance | Ulrich Baumgarten

Um vor allem die Windkraft voran zu bringen, seien drei Dinge dringend notwendig, die die Landesregierung auf den Weg bringen müsse, betont Windkraft-Unternehmer Klaus Schulze Langenhorst: Eine Verkürzung der Mindest-Abstandsflächen zur Wohnbebauung von derzeit 1000 auf 600 Metern im Außen- und auf 800 Metern im Innenbereich von Siedlungen, die Öffnung der Wälder (des Sauerlandes) als Standorte für Windenergieanlagen und eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren. Derzeit dauere es im Schnitt sechs Jahre, bis eine Anlage geplant und genehmigt sei. Schulze Langenhorst fordert eine Verkürzung der Planungsphase auf zwei Jahre und eine Begrenzung des Genehmigungsverfahren auf sechs bis acht Monate.

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Schulze Langenhorst gibt sich zuversichtlich, dass in den kommenden Jahren trotz eines deutlich steigenden Stromverbrauchs die Energiewende weg von fossilen und hin zu erneuerbaren Energien und damit auch die Klimaneutralität bis 2040/50 zu schaffen ist. „Wir können uns autark versorgen, Voraussetzung ist, dass die Politik jetzt ernst macht“, so Schulze Langenhorst.

SL Naturenergie in Gladbeck nahm 2021 exakt 25 neue Windräder in Betrieb

Die SL Naturenergie, zu deren Geschäft Windenergieanlagen zu 90 Prozent und Solaranlagen zu zehn Prozent beitragen, werde im energieverbrauchstärksten Bundesland NRW ihren Beitrag leisten. Im vergangenen Jahr habe das Unternehmen 25 neue Windräder in Betrieb genommen, insgesamt fährt die SL inzwischen 160 Windräder, darunter ältere kleine mit einer Produktion von nur zwei Millionen Kilowattstunden im Jahr.

Neuere Anlagen erbringen eine Stromproduktion von 10 und 20 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Für das kommende Jahr erwartet Schulze Langenhorst ähnliches Wachstum, auch durch Erneuerungen alter Windräder. In den nächsten fünf bis sechs Jahren will er die Leistung der SL verdoppeln.

Windradflügel aus Fernost

Trotz der jetzt positiven Perspektive für Windkraftanlagen gibt es laut Windenergie-Unternehmer Klaus Schulze Langenhorst Abhängigkeiten: Die Flügelproduktion für Windräder findet vorwiegend – wegen der hohen Personalintensität – in Fernost statt. Auch Lieferengpässe könnten Probleme bereiten.

Neben Windkraft und Photovoltaik gehören Wasserkraft, Biogas und Geothermie (Erdwärme) zu den „Erneuerbaren“. Größter Energieerzeuger aus regenerativer Quelle ist die Windkraft: Derzeit gibt es in Deutschland rund 29.000 Anlagen, in NRW 3100. Unternehmer Schulze Langenhorst schätzt, dass diese Zahl künftig auf 3500 anwachsen könnte.