Gladbeck. Viele Menschen haben Hemmungen vor Wiederbelebungsmaßnahmen. Bei einem Training in Gladbeck haben Teilnehmer gelernt: So kann jeder Leben retten.
Bei einem Herzstillstand zählt jede Sekunde. Damit ein Notfallpatient überlebt, muss schnellstmöglich mit einer Herzdruckmassage begonnen werden. Doch was genau ist im Notfall zu tun – und wie funktioniert eine Reanimation? Beim Reanimationstraining im St. Barbara-Hospital frischen Gladbecker ihr Wissen auf und üben die Herzdruckmassage. Die WAZ Gladbeck fasst die wichtigsten Schritte für eine Wiederbelebung zusammen, denn: Jeder kann Leben retten.
„Das Einzige, das man falsch machen kann, ist nichts zu tun“ stellt Dr. Thorsten Großwendt, Chefarzt der Anästhesiologie im St. Barbara-Hospital, gleich zu Beginn des Trainings klar. Häufig trauen sich Passanten aber keine Herzdruckmassage zu, wenn sie eine bewusstlose Person entdecken. Hemmungen sollen in kostenlosen Trainings und Schulungen abgebaut werden, denn ohne eine Laienreanimation haben auch die Rettungskräfte kaum eine Chance: Neun Minuten dauert es durchschnittlich, bis der Rettungsdienst bei einem Notfall eintrifft, das Gehirn nimmt jedoch schon Schäden, wenn es drei bis fünf Minuten nicht mit Sauerstoff versorgt wird. Bei einem Herzstillstand muss also sofort gehandelt und der Blutkreislauf mit einer Herzdruckmassage aufrechterhalten werden.
Mobile Defibrillatoren können das Herz „neustarten“
Beim Reanimationstraining geht die leitende Oberärztin Martina Wilbers mit Fachpflegekraft und Reanimationstrainer Dirk Bonka die einzelnen Schritte einer Reanimation durch und erklärt die Grundsatz-Formel „Prüfen, Rufen, Drücken“, bevor es an die Reanimationspuppen geht. Auch ein AED, ein automatisierter externer Defibrillator, kommt beim Training zum Einsatz. Die mobilen Defibrillatoren, häufig in öffentlichen Gebäuden, in Supermärkten oder Sportstätten zu finden, können das Herz mit einem elektrischen Schock „salopp gesagt neustarten“, beschreibt Bonka und betont: „Die Geräte sind mittlerweile so einfach gebaut, dass jeder sie nutzen kann.“
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Ein AED ersetze in keinem Fall eine Herzdruckmassage, könne aber bei der gesamten Reanimation nützlich sein, da das Gerät nicht nur elektrische Schocks abgeben kann, sondern auch eine Herzdruckmassage anleitet.
An Reanimierungspuppen üben die Teilnehmer die Herzdruckmassage
Mal mit, mal ohne AED: Im Praxisteil entwickeln die Teilnehmer an Reanimierungspuppen ein Gefühl für Kraft und Frequenz einer Herzdruckmassage. Denn häufig sei Angst, etwas falsch zu machen ein Grund warum Laien keine Reanimation durchführen. „Der letzte Erste-Hilfe-Kurs ist bei mir schon ein paar Jahre her. Damals haben wir auch noch gar nicht mit Puppen geübt und man muss jetzt erstmal ein Gefühl für den Druck entwickeln“, findet Iris Stienecker. In ihrem Bekanntenkreis gebe es sowohl Menschen, die schon reanimiert haben, als auch Personen, die durch eine Laienreanimation gerettet wurden. „Es schadet ja nicht, sein Wissen aufzufrischen. Das ist hier einfach eine gute Gelegenheit“, ergänzt Ralf Stienecker.
Auch für Kerstin Güdding hat sich das Training „richtig gelohnt. Man vergisst mit der Zeit ja wieder viel, da ist so ein Kurs sehr hilfreich“, so die Teilnehmerin. Eine positive Bilanz zieht auch Chefarzt Thorsten Großwendt: „In der Kürze der Zeit haben sehr viele Leute Interesse gezeigt und wir hoffen, so ein Training – dann vielleicht auch ohne Personenbeschränkung wegen Corona – in Kürze zu wiederholen.“
>>> So funktioniert die Reanimation
Wie eine Wiederbelebung in drei Schritten funktioniert, das erklärt Reanimationstrainer Dirk Bonka:
1. Prüfen: Reagiert die bewusstlose Person auf lautes Ansprechen oder Rütteln? Atmet sie noch? Zum Überprüfen der Atmung sollte zunächst der Kopf überstreckt und die Atemwege freigemacht werden. Dann gilt es zu beobachten: Hebt und senkt sich der Brustkorb? Kann ich mit meiner Hand eine Atmung an Mund oder Nase des Menschen fühlen? „Fürs Prüfen sollte man sich etwa zehn Sekunden Zeit nehmen“, so Reanimationstrainer Dirk Bonka.
2. Rufen: Wählen Sie den Notruf 112 oder bitten Sie jemand anderen, den Rettungsdienst zu rufen. „Sprechen Sie Personen direkt an. ‚Sie in der roten Jacke‘ ist effektiver als ‚Kann mal jemand den Notarzt rufen‘“, weiß Bonka. Die Leitstelle der Feuerwehr leitet in der Regel dann telefonisch die Ersthelfer an, dazu legt man am besten das Telefon mit Lautsprecher neben den Patienten und beginnt schon mit der Herzdruckmassage.
3. Drücken: „Die Herzdruckmassage ist das Wichtigste“, betont die leitende Oberärztin Martina Wilbers. Um den Kreislauf aufrecht zu erhalten, sollte die Herzdruckmassage möglichst schnell begonnen und nicht unterbrochen werden. Dazu wird ein Handballen mittig auf den Brustkorb gelegt, die zweite Hand darüber. Mit gestreckten Armen und aus dem Oberkörper heraus den Brustkorb etwa fünf Zentimeter tief kräftig drücken und wieder entlasten. Dabei sollte ein gleichmäßiger Rhythmus von etwa hundert Mal pro Minute erreicht werden. Das entspricht zum Beispiel dem Takt des Lieds „Stayin’ Alive“ von den Bee Gees. Eine Herzdruckmassage ist schnell körperlich anstrengend. Für eine gleichmäßig starke Kompression sollten sich nach Möglichkeit Ersthelfer mit der Reanimation abwechseln. „Die Herzdruckmassage ist Pflicht, die Atemspende die Kür“, vergleicht Wilbers. Viele Menschen zögern vor einer Mund-zu-Mund-Beatmung (30 Mal Drücken, zweimal je eine Sekunde Atmen), während Corona wird sogar von ihr abgeraten, um sich nicht zu infizieren. Wichtiger als eine Atemspende sei die schnelle und ununterbrochene Herzdruckmassage bis der Rettungsdienst eintrifft, betont die Medizinerin.
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