Gladbeck. Die meisten infizierten Reiserückkehrer waren in Spanien. Wie gehen Unternehmen in Gladbeck damit um, wenn Beschäftigte in Quarantäne müssen?
Einmal Coronavirus, Inzidenzwerten und Sicherheitsmaßnahmen den Rücken kehren, wieder in den Ferien verreisen, unbeschwert den Tapetenwechsel im Ausland genießen. Darauf hatten sich viele Menschen gefreut und guter Dinge die Reise angetreten. Doch die Pandemie holt Erholungssuchende aus Gladbeck auch im Ausland ein. Mit Konsequenzen für die Wiedereinreise nach Deutschland und den beruflichen Alltag. Komplikationen wegen der Risiko-Hochstufungen sind nicht ausgeschlossen.
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Ein Knackpunkt: Wer aus einem Risikogebiet zurückkehrt, muss sich nach der Einreise umgehend in Quarantäne begeben. Die Betreffenden haben sich für einen Zeitraum von zehn Tagen zu isolieren. Die Quarantäne kann allerdings sofort beendet werden, wenn ein negatives Testergebnis über das Einreiseportal der Bundesrepublik gemeldet wird. Ähnlich sieht es für eine Rückkehr aus einem Hochinzidenz-Bereich aus, dazu wurden erst jetzt die Niederlanden und Spanien erklärt.
„Wir haben in unserem Bereich täglich um die 1000 Reiserückkehrer“
Lena Heimers, Sprecherin in der Kreisverwaltung Recklinghausen, berichtet: „Wir haben in unserem Bereich täglich um die 1000 Reiserückkehrer. Diese Zahl bekommen wir über die Rückreiseanmeldung des Bundes.“ Die meisten Menschen kehren demnach zurück aus der Türkei, auch Spanien sei weit vorne, ebenso Griechenland. „Aus Holland werden auch viele zurückkommen, aber hier dürfte die Quote derjenigen, die sich nicht melden, relativ hoch sein“, schätzt Heimers. Es mache einen großen Unterschied, ob die Reise per Flugzeug, wo der Anbieter kontrolliere, oder privat im Auto erfolge.
Die meisten Infizierten reisen laut Heimers aus Spanien retour, vornehmlich aus den Feierhochburgen, oftmals per Bus. „Es sind viele junge Leute darunter“, so die Kreissprecherin.
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Als so manche Urlauber verreisten, war die Ferienwelt noch in Ordnung – von Quarantäne keine Rede. Und nun? Manche Menschen haben eine Isolierung nicht in ihre Zeitplanung einkalkuliert, können daher nicht pünktlich zurück am Arbeitsplatz sein.
„So einen Fall hatten wir bisher nicht“, sagt Dr. Volker Weber. Der Leiter der ESHQ-Abteilung (Umwelt, Sicherheit, Gesundheit, Qualität) bei Ineos Phenol an der Dechenstraße setzt hinzu: „Und ich erwarte auch nicht, dass so ein Fall eintritt. Das wäre eine personal-rechtliche Frage.“ Was die Beschäftigten außerhalb ihres Arbeitsplatzes unternehmen, stehe in deren eigener Verantwortung – und in diesem Punkt hat Weber großes Vertrauen zur Belegschaft.
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Er lobt: „Unsere Beschäftigten haben sich als sehr vernünftig gezeigt. Die Inzidenz in den Werksgrenzen ist von Anbeginn der Pandemie null.“ Der Fachmann ist „sehr froh, dass das Bewusstsein und Verständnis so stark ist“. Bei einer betriebseigenen Impfaktion seien 75 Prozent des Personals immunisiert worden. „220 Mitarbeiter sind doppelt geimpft. Ich erwarte demnächst eine Quote von 80 Prozent“, so Weber. Ineos-Beschäftigte hätten sich gemeldet, wenn sie meinten, Covid-19-Symptome zu spüren. Der Experte: „Wir haben, wie das Gesundheitsamt, eine Rückverfolgung aufgenommen. Es war immer so, dass Infektionen außerhalb der Arbeit geschahen.“
Auch Wolfgang Heinberg, Leiter Unternehmenskommunikation in der St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH, der auch das St.-Barbara-Hospital Gladbeck angehört, verweist ebenfalls auf die Vernunft und Einsicht der rund 750 Beschäftigten: „Wir haben eine sehr hohe Impfquote von mehr als 80 Prozent und viele Genesene. Unsere Beschäftigten haben ein hohes Verantwortungsbewusstsein.“
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Diejenigen, die wissentlich in ein Hochrisiko-Gebiet gereist seien, weil sie dort zum Beispiel die Familie besuchen wollten, „haben eine Quarantäne eingeplant“. Des gelte auch für diejenigen, die eine Einstufung als Gefährdungsregion geahnt hatten.
Sollte jemand von der aktuellen Entwicklung überrascht worden sein, „werde völlig unbürokratisch und problemlos eine Lösung gefunden“. Das könnte über das individuelle Arbeitszeitkonto geschehen.
Falls möglich: Arbeit wird ins Homeoffice verlagert
Heinberg betont: „Eine Schablone F haben wir nicht. Die Betreffenden brauchen keinen Krankenschein. Sie melden sich zurück und geben Bescheid, dass sie sich in Quarantäne begeben, und treten danach ihren Dienst an. Ein Krankenhaus schenkt und lebt Vertrauen.“
Drei Kategorien von Risikogebieten
Das Robert Koch-Institut (RKI) teilt Corona-Risikogebiete in drei Kategorien ein. Einfaches Risikogebiet: Wenn der Inzidenzwert in einem Land über einen längeren Zeitraum höher als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vorangegangenen sieben Tagen liegt, gilt es als Risikogebiet. Das betrifft unter anderem Dänemark (mit Ausnahme von Grönland), in Frankreich unter anderem die Regionen Korsika, Okzitanien und Provence-Alpes-Côte d’Azur, Irland, Malta und Monaco.
Als Hochinzidenz-Gebiete eingeordnet werden solche mit einer hohen Sieben-Tage-Inzidenz – in der Regel wird mindestens ein Wert von 200 angesetzt. In diese Kategorie können auch Regionen mit einer geringeren Inzidenz fallen, die aber wegen eines hohen Infektionsrisikos als kritisch eingestuft werden. Dazu zählen seit dem 27. Juli die Niederlande (inklusive der autonomen Länder und der karibischen Teile des Königreichs), Spanien (einschließlich der Balearen und Kanaren), jedoch auch etliche weitere Länder wie Portugal, Tunesien, Ägypten und Zypern.
Und dann gibt es noch die Virusvarianten-Gebiete. Dort sind besonders ansteckende Mutationen des Coronavirus’ verbreitet. Das betrifft beispielsweise Brasilien, Namibia und Südafrika.
Unkompliziert bewertet auch Sparkassen-Sprecher Mathias Bludau die Lage: „Ich kenne bei uns keinen Fall, in dem Quarantäne angeordnet wurde.“ Eine Möglichkeit sei dann jedoch der Wechsel ins Homeoffice. Marcus Steiner, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Gladbeck, weiß von vorausschauenden Beschäftigten unter den insgesamt 150 des Hauses: „Sie haben geplante Reisen nach Spanien, in die Niederlande und auch nach Kroatien nicht angetreten.“
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In der Kreisverwaltung Recklinghausen mit 2167 Beschäftigten gehen, so möglich, bei Quarantäne-Ordnung Arbeitsfähige ebenfalls in Heimarbeit. Heimers: „Bei den allerwenigsten geht das nicht. Sie bleiben dann zuhause, erhalten weiter ihr Gehalt. Dieser Ausfall wird uns vom LWL erstattet.“
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Aus dem Rathaus meldet Stadtsprecher David Hennig: „Seit Mitte vorigen Jahres ist bei uns klar geregelt: Für den Fall, dass sich Kolleginnen und Kollegen für eine Reise in ein Risikogebiet entscheiden, müssen sie nach der Rückkehr zusätzlich mit der entsprechenden Quarantänezeit rechnen. In einem solchen Fall wird die anschließend notwendige ,Freistellung’ aufgrund der Quarantäne von den Urlaubstagen bzw. alternativ vom vorhandenen Zeitguthaben abgezogen.“