Essen. Spanien und die Niederlande gelten seit Dienstag als Hochinzidenzgebiete. Nicht alle Reiseveranstalter ermöglichen eine kostenlose Stornierung.

Die Bundesregierung und das Robert-Koch-Institut (RKI) haben Spanien – und damit auch die beliebte Urlaubsinsel Mallorca – und die Niederlande am Freitag zu Hochinzidenzgebieten erklärt. Die Einstufung ist seit Dienstag (27.7.) wirksam. In beiden Ländern sind die Corona-Zahlen in den vergangenen Wochen rasant gestiegen. Folgen hat das vor allem für nicht geimpfte Urlauberinnen und Urlauber. Die Regeln im Überblick:

Welche Einreisebestimmungen gelten grundsätzlich für Reiserückkehrer?

Reisende, die mit dem Flugzeug zurück nach Deutschland fliegen, müssen vor dem Abflug ein negatives Testergebnis vorlegen oder nachweisen, dass sie vollständig geimpft bzw. genesen sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie sich in einem Risiko- bzw. Hochinzidenzgebiet aufgehalten haben oder nicht. Das Ergebnis muss auf Anforderung der Fluggesellschaft vorgelegt werden. Ohne negativen Test dürfen Passagiere nicht ins Flugzeug steigen.

Was müssen Reisende bei der Rückkehr aus einem Hochinzidenzgebiet beachten?

Folgen hat die Einstufung der Länder Spanien und Niederlande zum Hochinzidenzgebiet vor allem für nicht geimpfte Urlauberinnen und Urlauber. Das sind in NRW rund 49 Prozent (Stand: 23.7.). Reisende, die keine vollständige Corona-Impfung oder eine überstandene Corona-Infektion nachweisen können, müssen laut Coronavirus-Einreiseverordnung des Bundes bei der Rückkehr aus einem Hochinzidenzgebiet für zehn Tage in Quarantäne – trotz negativem Test.

Die Quarantäne kann verkürzt werden, wenn ein weiterer Corona-Test am fünften Tag nach der Einreise negativ ausfällt. Kinder unter sechs Jahren sind von der Test-Pflicht befreit, müssen bei Rückkehr aus einem Hochinzidenzgebiet aber ebenfalls Quarantäne. Diese Regelungen gelten auch, wenn das Urlaubsland erst während des Urlaubs zum Hochinzidenz erklärt wird.

Was kann mir passieren, wenn ich dann keinen Urlaub mehr habe?

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Wenn Ihr Urlaubsziel zum Zeitpunkt des Urlaubsstarts noch kein Hochinzidenzgebiet war, drohen zumindest keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen, sagt der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens. „Sie müssen in diesen Fällen weder Abmahnung noch Kündigung fürchten.“ Aber – und das ist jetzt für manchen Betroffenen ein großes „Aber“ – anders als im ersten Sommer der Pandemie gibt es für die Zeit der Quarantäne keine Entschädigung für ausgefallenen Lohn mehr. „Denn nach § 56 Absatz 1, Satz 4 des Infektionsschutzgesetzes reicht schon eine Reise zu einem Ziel, das beim Reisestart nur Risikogebiet war“, stellt Kempgens klar. Ob es dann während des Urlaubs zum Hochrisikogebiet geworden ist, spiele keine Rolle.

Und wenn mein Urlaubsziel schon zu Reisebeginn ein Hochinzidenzgebiet war?

Dann gibt es natürlich auch kein Geld, dafür aber möglicherweise Ärger mit dem Arbeitgeber. Wer ohne ausreichend Urlaubspuffer in ein Hochinzidenzgebiet reise, sagt der Anwalt, führe seine Arbeitsunfähigkeit durch die Quarantäne bewusst herbei und verstoße gegen seinen Arbeitsvertrag. Das könne zu Abmahnung oder Kündigung führen. Höchstrichterliche Entscheidungen dazu gibt es allerdings noch nicht.

Was ist, wenn ungeimpfte Kinder mit in einem Hochinzidenzgebiet waren und durch die fällige Quarantäne nicht in die Schule gehen können?

Wenn der Nachwuchs dann nicht zur Schule kann, ist das eine Verletzung der Schulpflicht. Dafür können die Eltern zur Kasse gebeten werden. Und das nicht zu knapp. „Nach den Schulgesetzen drohen Geldbußen von bis zu 5.000 Euro“, sagt Arndt Kempgens. „Üblicherweise werden 100 Euro pro Tag und Kind verhängt.“ Wer im Urlaub von der Hochstufung des Urlaubslandes in ein Hochinzidenzgebiet überrascht wird, dürfte nach Kempgens Einschätzung allerdings bußgeldrechtlich sicher sein.

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Die Bezirksregierung Arnsberg hat in diesem Zusammenhang auf Anfrage erklärt, sie werde ihren Ermessensspielraum nutzen und in Fällen von behördlich angeordneter Quarantäne keine Bußgelder aussprechen – ganz egal, wann das Urlaubsziel zum Hochrisikogebiet erklärt worden ist. Gleichzeitig appellierte eine Sprecherin an die Eltern, auf Urlaub in solchen Regionen zu verzichten. Es sei für viele Kinder nicht einfach, wenn sie die ersten Tage des neuen Schuljahres verpassen würden. Auch die Bezirksregierungen Münster und Düsseldorf wollen im Fall einer angeordneten Quarantänemaßnahme keine Bußgelder verhängen.

Wer kontrolliert eigentlich, ob ich mich an die Quarantäne halte?

Reisende, die sich in den vergangenen zehn Tagen in einem Risikogebiet, Hochinzidenzgebiet oder Virusvariantengebiet aufgehalten haben, müssen sich vor ihrer Ankunft in Deutschland auf www.einreiseanmeldung.de registrieren. Nach Angabe aller Informationen erhalten Urlauberinnen und Urlauber ein PDF-Dokument als Bestätigung, das sie bei einer Kontrolle am Flughafen oder an einem Grenzübergang vorzeigen müssen. Die Behörden wissen also grundsätzlich, wer einreist.

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Nach Informationen des NRW-Gesundheitsministeriums werden die Daten zudem automatisch an das zuständige Gesundheitsamt weitergeleitet. „Die Einhaltung dieser Pflichten werden die Gesundheitsämter in Nordrhein-Westfalen stichprobenartig prüfen, damit auch klar ist, dass jeder wissen muss, dass wir darauf achten, dass diese Regeln nicht nur gesetzt sind, sondern eingehalten werden“, hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zu Ferienbeginn erklärt.

Welche Stornierungsoptionen haben Reisende?

Reisende können kurz bevor­stehende Pauschal­reisen unter Berufung auf „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ grundsätzlich kostenlos stornieren. „Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes“, so Reiserechtsexperte Jan Philipp Stupnanek von der Verbraucherzentrale NRW, „ist ein starkes Indiz für das Vorliegen solcher Umstände“. Ob Urlauberinnen und Urlauber ihr Geld tatsächlich zurückerhalten, hänge jedoch immer vom Einzelfall ab. So komme es auch darauf an, ob die Reisewarnung schon zum Zeitpunkt der Buchung bestand.

Kundinnen und Kunden des in Duisburg ansässigen Reiseveranstalters Schauinsland-Reisen können ihren Spanienurlaub mit Anreise bis zum 8. August auf Wunsch kostenlos stornieren. Wie eine Sprecherin erklärte, seien die Reisenden über die Einstufung Spaniens zum Hochinzidenzgebiet informiert worden und könnten entscheiden, ob sie stornieren oder die Reise antreten wollen.

Haben Urlauberinnen und Urlauber ihre Reise bereits gebucht und das Reiseziel wird zum Hochinzidenzgebiet erklärt, ermöglicht auch der Reisekonzern Tui eine kostenlose Stornierung oder Umbuchung der Reise. Deutschlands zweitgrößter Reiseveranstalter DER Touristik hat ebenfalls angekündigt, dass Gästen kostenfreie Stornierungs- und Umbuchungsmöglichkeiten angeboten werden.

Der Reiseveranstalter Alltours verweist auf Anfrage auf die Aktion „Flexibel Buchen“. Bis zum 31. Oktober könnten Reisen bis 21 Tage vor Abreise kostenlos storniert und bis 14 Tage vor Abreise kostenlos umgebucht werden. Danach sei eine kostenlosen Stornierung nicht mehr möglich.