An drei Stellen in Gladbeck werden neue Messstellen gebohrt. Die Belastung des Grundwassers mit giftigen Chemikalien soll geklärt werden.
Krebserregende und giftige Altlasten, die sich vom Grund einstiger Firmen in Gladbeck über das Grundwasser im Boden ausbreiten, beschäftigen jetzt wieder die zuständige Untere Bodenschutzbehörde des Kreises Recklinghausen. Zum Schutz der Bevölkerung und zur Gefahrenabwehr sollen drei neue Messstellen gebohrt werden, um Schadstoffkonzentrationen noch genauer ermitteln zu können.
Zwei Bohrstellen an der Joggingstrecke im Naherholungsgebiet
Die ersten Bohrungen erfolgen dort, wo viele Gladbecker bei der Naherholung ihre Runden drehen, an der Ringallee im Stadtwald in Wittringen. Zwei Messstellen werden im Bereich zwischen dem Adler-Sportplatz und Bauernhof Keller erstellt. Die erste, um in zwölf bis 18 Metern Tiefe Grundwasser zu beproben, die zweite Filterstrecke, um aus 25 bis zu 30 Metern Tiefe Grundwasser analysieren zu können. Konkret gehe es „um eine Erfolgskontrolle, bezogen auf die durchgeführten Sanierungsmaßnahmen“, erklärt Christian Eilebrecht, der zuständige Ressortleiter der Unteren Bodenschutzbehörde. Ermittelt werden soll die noch vorhandene Konzentration der Schadstoffe, die von der bis 1988 tätigen Firma Voßbäumer in den Boden gedrungen sind. Sie produzierte einst Reinigungs- und Lösungsmittel vis-a-vis der neuen Bohrstellen hinter den Bahngleisen an der Beisenstraße 25 (heute Rockwool), die durch falsche Lagerung in den Boden eindrangen und sich über die Grundwasserfahne weiter Richtung Wittringen ausgebreitet haben. Es handelt sich um langlebige und giftige wie krebserregende Chlorkohlenwasserstoffe (CKW), die im Grundwasser über Hausbrunnen gefördert bei hohen Konzentrationen Menschen schädigen können.
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Auf dem einstigen Voßbäumer-Areal wurden Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. „Jetzt wollen wir überprüfen, ob keine Schadstoffe mehr in gravierender Konzentration Richtung Landwirt Keller abströmen“, erklärt Eilebrecht. Ein externes Gutachterbüro werde mit der Beprobung beauftragt, „und wir hoffen auf nur noch sehr geringe CKW-Gehalte“. Wie sich die Situation darstellt, wenn keine Altlastsanierung erfolgt, wird aktuell im Pestalozzidorf deutlich. Hier zieht eine CKW-Altlastfahne vom einstigen Produktionsstandort der Firma Säkaphen (Korrosionsschutz-Beschichtungen bis 2004/05) an der Bottroper Straße (heute Rockwool-Lagerfläche) im Untergrund Richtung Wohnsiedlung. Mit so hohen Schadstoffkonzentrationen im Bereich von Durchholzstraße und Lökensweg, dass für 31 Grundstücke und die dort bestehenden und beprobten Hausbrunnen im April 2020 vom Kreis ein Grundwasser-Nutzungsverbot ausgesprochen werden musste.
Überraschende Entdeckung hat die Umweltschützer alarmiert
Start der Maßnahme verzögert sich
Der für diese Woche angekündigte Start der Maßnahmen musste verschoben werden. Grund: Zunächst habe sich die Bodensondierung zur Freigabe der Bohrungen durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierung verzögert, so Christian Eilebrecht.
Die eigentlich schon für April dieses Jahres anvisierten Bohrungen mussten in den Sommer verschoben werden. „Mit dem Problem, dass sich Facharbeiter der beauftragten Firma jetzt im Urlaub befinden. Daher können die Arbeiten aufgrund des Personalengpasses erst in drei bis vier Wochen starten“, so Eilebrecht.
Die bestehende Grundwassermessstelle von Rockwool reiche nur bis 15 Metern Tiefe. „Wir werden hier eine Bohrung bis auf 30 Meter setzen, um ausschließen zu können, dass die Hausbrunnen von Schadstoffen unterströmt werden“, sagt Eilebrecht. Über ein Sanierungskonzept müsse dann im nächsten Schritt diskutiert werden, auch, wer als Rechtsnachfolger dafür zuständig ist. „Es ist klar, dass Rockwool keine derartigen Schadstoffe in den Boden einbringt.“ Auch Säkaphen bestreitet, mit Stoffen umgegangen zu sein, die zur Kontaminierung führten. Klarer ist die Haftungsfrage beim ehemaligen Areal der Großreinigung Malorny an der Sandstraße. Hier ist die Stadt Gladbeck nun verantwortlicher Grundstückseigentümer, der Sanierungsmaßnahmen durchführte, indem belastetes Grundwasser hochgepumpt und über Filter einer am Allhagen errichteten Anlage über Jahre gereinigt wurde. Mit Erfolg, so dass die Pumpen vor etwa zwei Jahren abgestellt wurden.
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Jetzt habe die Bodenschützer aber eine Überraschung alarmiert, berichtet Eilebrecht. An einer Grundwassermessstelle an der Friedrichstraße, die Stadt beobachtet an 240 Messpunkten im Stadtgebiet die Grundwasserqualität, sei eine hohe CKW-Konzentration festgestellt worden. Die bislang angenommene Fließrichtung des Grundwassers schließe hier eigentlich einen Zusammenhang mit der Malorny-Altlast aus. Ob gegebenenfalls doch ein Zusammenhang besteht, und bis in welche Tiefen die Kontaminierung festzustellen ist, soll über die Bohrung zweier neuer Messpunkte (12-18 und 25-30 Meter) geklärt werden. „Vielleicht gibt es ja auch eine Eintragstelle aus Richtung Rathaus, die wir bislang nicht kannten“, so Eilebrecht. Der Fachbereichsleiter erwartet alle Untersuchungsergebnisse des beauftragten Gutachters im Oktober. Danach solle über weitere Maßnahmen entschieden werden.