Gladbeck. Der Dämmstoffhersteller Rockwool hat die Corona-Flaute überwunden und kurbelt die Produktion deutlich an. Firmenzentrale in Gladbeck kernsaniert.
Die Coronakrise hat auch bei der Deutschen Rockwool, dem größten deutschen Dämmstoffhersteller mit Sitz in Gladbeck, Spuren hinterlassen. „Wir haben unsere Kapazitäten anpassen, Wochenendschichten aussetzen und sogar während der ersten und zweiten Coronawelle jeweils eine Woche in allen drei Werken Produktionslinien runterfahren und Kurzarbeit einlegen müssen“, bilanziert Volker Christmann, Chef der Deutschen Rockwool im Gespräch mit der WAZ. Aber inzwischen gehe es wieder aufwärts. „Ab Pfingsten fahren wir an allen Standorten annähernd wieder Volllast und gehen komplett zurück in den Sieben-Tage-Rhythmus.“
Unterm Strich ist der Rockwool-Chef Volker Christmann angesichts der Corona-Unwägbarkeiten im vergangenen Jahr mit Produktion und Umsatz in 2020 noch zufrieden, auch wenn das Niveau der besten Rockwool-Jahre 2018 und 2019 nicht ganz erreicht werden konnte. Christmann bedauert, dass das Unternehmen im vergangenen Jahr auch im Werk Gladbeck Zeitarbeitskräfte reduzieren und den Personalstand in der Produktionsstätte an der Bottroper Straße auf 260 Kräfte anpassen musste.
Rockwool verzeichnet hohe Auftragseingänge in der Bauindustrie
„Wir sind aber besser durch die Corona-Krise gekommen als viele andere“, so Christmann, „und inzwischen liegen wir wieder bei fast 300 Leuten.“ Insgesamt habe sich die Lage mittlerweile deutlich entspannt („wir haben hohe Auftragseingänge in der Bauindustrie“), und man steuere wieder auf die Umsatzziele von 2018 zu. Die aktuellen Probleme in der Bauwirtschaft mit lähmenden Fortschritten auf den Baustellen durch Baustoffmangel und die teils heftig steigenden Preise seien bekannt, wirkten sich aber nicht auf die eigene Produktion aus, da große Teile der Produktion in den Industriebau gingen, wo Rockwool Marktführer sei. Christmann: „Und bei den Preisen nutzen wir die Lage nicht aus, sondern geben nur den normalen Inflationsschub weiter, wir wollen ja nicht unsere Kundenbeziehungen strapazieren.“
Auch interessant
Ein wenig unglücklich sei es gewesen, dass mitten in der Pandemie die neue Produktionslinie im Werk Neuburg in Bayern im Juni 2020 in Betrieb genommen wurde. Christmann: „Die Entscheidung war schon 2018 gefallen, die Bauarbeiten liefen und am Ende sogar so gut, dass die neue Linie 9 im Rekordtempo von 55 Wochen realisiert wurde.“ Das Investment betrug über 100 Millionen Euro – dafür verfügt die Deutsche Rockwool nun über eine hochmoderne Fertigungsanlage, übrigens die dritte in Neuburg, die die höchste Kapazität im gesamten Rockwool-Konzern hat. „Sie produziert 30 Prozent mehr als die Hochleistungslinie 1 im Gladbecker Werk“, so der Chef der Deutschen Rockwool.
Millionen wurden in die Sanierung der Firmenzentrale investiert
Die Produktionslinie sichere den Bestand und die Wachstumsfähigkeit des gesamten Unternehmens, so Christmann. In der neuen Anlage werden Dämmstoffe für Wärmedämmverbundsysteme und Flachdächer vor allem für den Süden Deutschlands und Österreich hergestellt. Das Werk beliefere damit eine Region, in der die Nachfrage nach diesen Produkten besonders stark wachse.
Auch interessant
Aber auch in Gladbeck wurde im vergangenen Jahr kräftig investiert: Nach 15 Monaten Bauzeit, corona-bedingt etwas länger, konnte Rockwool die umgebaute Unternehmenszentrale an der Rockwoolstraße im März wieder beziehen. Mehrere Millionen Euro kostete die aufwändige Kernsanierung. Dafür verfügt Rockwool nun über 150 moderne Büroarbeitsplätze mit mehr Tageslicht durch raumhohe dreifach verglaste Fenster, hygienisch-optimalem Luftaustausch, rollstuhlgerechtem Zugang, neuem Aufzug und Dachterrasse.
Rockwool plant Investitionen am Logistik-Gelände und
„Wir haben mit der Sanierung ehrgeizige Ziele verfolgt“, erklärt Rockwool-Chef Christmann. Man habe das 1974 errichtete Gebäude nicht nur um eine Etage aufgestockt und die Bürofläche um 435 Quadratmeter erweitert, sondern durch eine Optimierung des Dämmstandards der gesamten Gebäudehülle („natürlich mit Dämmstoffen aus eigener Produktion“) die Wärmeverluste so deutlich reduziert, „dass wir den Primärenergiebedarf um über 80 Prozent senken konnten“, freut sich Christmann. „Wir wollten und haben tatsächlich eine Sanierung mit Modellcharakter hingelegt.“ Inzwischen, und darauf ist der Rockwool-Chef besonders stolz, sei das Haus, das mit seiner markanten Aufstockung und einer vielfältigen Fassadengestaltung ins Auge fällt, bereits goldzertifiziert.
Auch interessant
Im laufenden Jahr sind weitere Investitionen ins Werk und in die Logistik in Gladbeck geplant, so Christmann. Auf dem Logistik-Gelände habe man eine Lagerhalle von Kaiser gekauft und werde sie sanieren. Unter anderem wird dort eine neue Kaue für Mitarbeiter eingerichtet. Und im Werk ist eine Teilsanierung eines Ofens geplant. Christmann: „Wir haben die Problematik Corona schon abgeschüttelt und blicken optimistisch nach vorn.“
Rockwool ist seit 1954 in Gladbeck
Rockwool kam 1954 nach Gladbeck – es war die erste Auslandsniederlassung des dänischen Konzerns. In der Folge wurde Gladbeck Sitz der Deutschen Rockwool, zu der es eben dem Gladbecker Werk auch ein Werk in Neuburg in Bayern (seit 1974) und in Flechtingen nahe Magdeburg(seit 1990) gibt. Insgesamt zählt die Deutsche Rockwool in ihren drei Werken und in der Gladbecker Verwaltung 1300 Beschäftigte.
Volker Christmann (63) ist seit 2008 Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Rockwool, zu der er bereits 1984 kam und verschiedene Positionen bekleidete. 2001 zog er als technischer Direktor in die Geschäftsführung ein. Seit 2015 ist Christmann zusätzlich Mitglied des Rockwool-Konzernvorstandes in Dänemark und verantwortet das Geschäft in Zentraleuropa.