Gladbeck. Fachvortrag im Umweltausschuss: Altlasten aus längst geschlossenen Firmen und Zechen beeinträchtigen die Grundwasserqualität im Stadtgebiet.
Im Boden des Stadtgebietes schlummert ein Erbe, das das Grundwasser teils wohl noch auf Jahrzehnte belasten wird. Es geht im Großteil um giftige Hinterlassenschaften von Firmen, die längst lokale Wirtschaftsgeschichte sind. Etwa die Großreinigungen Raupach und Malorny, die mit chemischen Mitteln arbeiteten, oder die Firmen Säkaphen, die Korrosionsschutz-Beschichtungen herstellte, und Voßmerbäumer, die Reinigungs- und Lösungsmittel produzierte. Im Umweltausschuss berichtete dazu Barbara Sasse, die im Umweltamt der Stadt für den Bereich Bodenschutz und Altlasten zuständig ist.
Die Fachfrau stellte vorab klar, dass sie nur die größeren sanierungsbedürftigen Schadensfälle vorstellen werde, wo zum Großteil
„bereits seit geraumer Zeit Maßnahmen erfolgen, oder stattfinden werden“. Der von Grundwasser durchströmte Boden befindet sich je nach Lage im Stadtgebiet in oberflächennahen Bereichen von wenigen Metern bis hin zu einer maximalen Tiefe von 60 Metern. Die Qualität des Grundwassers wird von der Stadt über 240 Messstellen beobachtet, zu denen auch die Messstellen der Emschergenossenschaft oder die auf Firmengeländen zählen.
Schadstoff ist bis in große Bodentiefen vorgedrungen
Ein häufig im Grundwasser zu findender Schadstoff seien Chlorkohlenwasserstoffe (CKW), die teils bis in große Bodentiefen vorgedrungen seien. Ausgetreten aus Chemikalien, die auf dem Firmengelände in großen Metallbehältern lagerten. „Wie wir heute wissen, wäre nur die Verwendung von Edelstahltanks sicher gewesen, so dass das CKW durch die normalen Metallbehälter (Fässer) über Jahre in den Boden diffundieren konnte“.
Weiteres Problem dabei: Der Schadstoff lastet hartnäckig im Untergrund. „Denn CKW in sehr hohen Konzentrationen bildet eine viskose Masse, die man sich ähnlich wie Honig vorstellen kann, die so nur sehr schwer wegzuspülen ist“, und andauernd das Grundwasser belaste, erklärte die Diplom-Geologin anschaulich. Könnten Kontaminierungen in geringeren Bodentiefen bei freier Fläche ausgekoffert und entsorgt werden, so sei dass bei CKW-Verunreinigungen von Grundwasser in großen Tiefen und überbauten Flächen nicht möglich.
Belasteten Boden bis zehn Meter Tiefe ausgekoffert
Etwa im Bereich der ehemaligen, bis 1970 betriebenen Großreinigung Raupach an der Postallee. Belasteter Boden wurde 2011/2012 bis auf zehn Metern Tiefe ausgekoffert und saniert. Eine Bodensanierung, die rund eine Million Euro kostete, die der Kreis Recklinghausen mit Unterstützung des Altlastensanierungsverbandes stemmte, der 80 Prozent der Kosten trug.
Das Grundwasser ist hier indes bis zu einer Tiefe von rund 60 Metern belastet und die langsam im Untergrund wandernde Schadstofffahne zieht sich über 300 Meter unter den Grundstücken in Richtung Konrad-Adenauer-Allee hin. Hierzu müsse ein Sanierungskonzept erstellt werden.
Bei der ehemaligen Reinigung und Färberei Malorny (Sandstraße), wurde der mit CKW verunreinigte Boden über eine Bodenluftsanierung gereinigt; das belastete Grundwasser hochgepumpt, in Filteranalgen gereinigt und dann wieder der Kanalisation zugeführt. Ähnliches erfolgt noch für das benachbarte van Beusekom-Geländes (heute Lidl). Hier wurden Chemikalien zur Säuberung der hergestellten Pokale in Eisenfässern gelagert. Der so kontaminierte Boden wurde zudem bis sechs Meter Tiefe ausgetauscht.
Altlasten im Untergrund der Zechenstandorte
Problem bei der Grundwasserreinigung: Nur ein Teil der Schadstoffe wird über die Tiefpumpen im Grundwasserpegel erfasst.
Wie lange solche Maßnahmen notwendig sind, ist auch beim ehemaligen Siemens-Gelände ersichtlich, wo die Sanierung 1984 startete und seitdem fortdauert.
Altlasten schlummern auch im Untergrund der Zechenstandorte, wie alte Teerbecken der Kokerei Mathias Stinnes, die einst einfach zugeschüttet und bis heute nicht wirklich saniert worden sind.
Die Qualität der Notbrunnen wird überprüft
Wie im Vorfeld dem Umweltausschuss versprochen, ging Barbara Sasse auch auf den Zustand der 29 Trinkwasser-Notbrunnen im Stadtgebiet ein, die die Bevölkerung im Krisenfall mit dem wichtigsten Lebensmittel versorgen sollen.
Die Verunreinigung des Grundwassers habe dort selbstverständlich auch Auswirkungen. Wie die WAZ berichtete, hatte die letzte Großübung von Feuerwehr, DRK und THW 2011 ergeben, dass gemessen an den strengen Grenzwerten nur ein Notbrunnen Trinkwasserqualität aufwies. In den anderen wurden erhöhte Salz- oder Eisengehalte, oder Anreicherungen von Keimen und Bakterien festgestellt.
2019 erfolgt eine Untersuchung
Die Expertin wies darauf hin, dass 2019 eine erneute Untersuchung der Notbrunnen stattfinden soll. Diese könnte ergeben, dass die Nutzbarkeit von mehr Brunnen möglich ist. Hintergrund ist die seit 2015 geltende neue Verordnung für den Umgang mit Notbrunnen im Krisenfall, die weniger strenge Grenzwerte zulässt. Die also in Krisenzeiten über begrenzte Dauer die Entnahme von Wasser toleriert, das nicht Trinkwasserqualität hat.
Auf dieser Grundlage müssten die geplanten Untersuchungen erfolgen, um dann zu sehen, wo die Trinkwasserentnahme noch tolerabel ist, wo Reinigungsmaßnahmen erfolgen oder wo ein Ersatzstandort angelegt werden könnte, so Sasse im Umweltausschuss