Gladbeck. In Gladbeck beginnt für Schüler am Montag der Wechselunterricht – dabei liegt die Inzidenz über 200. Eltern und Lehrer sind daher in Sorge.

Dass die Schulen in Gladbeck am Montag trotz einer Inzidenz von über 200 wieder in den Wechselunterricht starten, sorgt bei vielen Eltern, Lehrern und Lehrerinnen sowie der Gewerkschaft in Gladbeck für Irritationen und Unverständnis. Hintergrund ist, dass für diese Entscheidung die Inzidenz des Kreises Recklinghausen zählt, die mit 133,8 (Stand Freitag) deutlich unter der Grenze von 165 liegt.

Cäcilia Nagel, Leiterin der Lambertischule, blickt mit Sorge auf den hohen Inzidenzwert in Gladbeck. Dass es keine Sonderregelung für Gladbeck geben wird, ärgert sie. „Man muss doch genau hinschauen. Dass nichts passiert, obwohl die Lage im Kreis so unterschiedlich ist, kann ich nicht nachvollziehen.“ Auch im Kollegium gebe es die Sorge, dass sich die Mutationen nun schneller verbreiten.

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Schulleiterin befürchtet ein ständiges Hin und Her

Gleichwohl sehe sie, wie wichtig der Unterricht für die Kleinen ist. „Ich hatte erst gestern noch ein Gespräch mit Eltern, deren Sohn sehr unter der Situation leidet. Er hat keine Motivation, zu Hause zu lernen, vermisst seine Freunde schrecklich.“ Daher starten sie und ihre Kollegen und Kolleginnen am Montag auch mit gemischten Gefühlen in den Unterricht. Es drohe allerdings ein Hin und Her zwischen Schulöffnung und Distanzunterricht, und das zerre besonders an den Nerven. „So schnell wie die Inzidenz zuletzt im Kreis gesunken ist, so schnell kann sie auch wieder steigen.“

Auch die GEW schlägt Alarm und übt deutliche Kritik an der Schulöffnung. Diese sei bei einem Inzidenzwert von über 200 unverantwortlich. Hinzu komme: Die indische Mutation, deren Wirkung auf Kinder und Jugendliche noch unerforscht sei, ist inzwischen auch in Gladbeck aufgetaucht. Der Großteil der Lehrer an den weiterführenden Schulen sei zudem noch nicht geimpft. „Wir wünschen uns nichts sehnlicher, als endlich wieder mit den Schülerinnen und Schülern in der Schule unterrichten zu können“, stellen Nicola Thiele und Eva Wanneck von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Gladbeck klar.

Doch nichts bräuchten Eltern, Kinder und Lehrer weniger, als ein erneutes Hin und Her von Wechselunterricht, Infektionen und dann erneutem Distanzunterricht. „Erst wenn die Inzidenz auch in Gladbeck wenigstens fünf Tage in Folge unter 165 liegt, können wir auch hier unter Einhaltung der Schutz- und Hygienekonzepte wieder mit dem Wechselunterricht für alle Klassen beginnen“, meint die GEW.

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Schulausschuss-Vorsitzender hätte lieber noch ein paar Wochen abgewartet

Schulausschuss-Vorsitzender Dustin Tix (SPD) ist zwiegespalten. Einerseits wisse er aus vielen Gesprächen mit Schulleitern, dass der Distanzunterricht für viele Kinder auf Dauer ein Problem darstelle. Bei den hohen Inzidenzen sei er derzeit jedoch eher im „Team Vorsicht“. „Wir merken, dass bei den Mutanten jetzt auch verstärkt Kinder Treiber der Infektionen sind. Daher wäre es besser, noch ein paar Wochen durchzuhalten, bis zumindest die Impfquote etwas erhöht ist.“ Auch wenn der SPD-Ratsherr der Meinung ist, dass die Unterschiedlichkeit der einzelnen Kreisstädte betrachtet werden müsse: „Wir gehören nun einmal zum Kreis Recklinghausen, und da sind Gladbeck ein Stück weit die Hände gebunden.“

Auch der Notbetrieb in Kitas ist geendet

Freitag sind auch die Kitas in Gladbeck wieder vom Notbetrieb in den eingeschränkten Regelbetrieb gewechselt. Das bedeutet, dass die Betreuung wieder eingeschränkt – gekürzt um zehn Stunden in der Woche – allen Eltern zur Verfügung steht, die Gruppensettings zur Kontakteinschränkung eingehalten werden und die Eltern nicht mehr eine formelle Erklärung für den Kita-Besuch benötigen.

Nachdem am Mittwoch die Sieben-Tage-Inzidenz laut Robert Koch-Institut (RKI) den fünften Tag in Folge unter dem Wert von 165 lag, hat das Land NRW dies per Allgemeinverfügung bestätigt.

So nimmt auch die Stadt Gladbeck hin, dass die Inzidenz des Kreises ausschlaggebend ist. „Wir werden keinen Appell an das Land richten“, so Stadtsprecher David Hennig auf Anfrage. Die Entscheidung des Landes sei klar, dass man sich am Kreiswert orientieren müsse. Zuletzt hatte das Land einer entsprechenden Anfrage der Stadtverwaltung im vergangenen Herbst eine Absage erteilt. Dass Gladbeck derzeit wieder Spitzenreiter im Kreis ist, lasse sich indes nicht an einem „konkreten Ausbruchsgeschehen festmachen“, die meisten Infektionen passierten jedoch nach wie vor am Arbeitsplatz oder im Privaten, so Hennig.

Die Öffnung ab Montag bei den hohen Infektionszahlen sei derzeit bei vielen Eltern Gesprächsthema, weiß auch Carina Sommer, Schulpflegschaftsvorsitzende der Mosaikschule. Während es diejenigen gebe, die um jede Unterrichtsstunde froh seien, mehrten sich die Stimmen derjenigen, die den Unterrichtsbeginn angesichts der hohen Inzidenz kritisch sehen. „Einerseits freue ich mich, denn Schule ist derzeit das einzige Tor in die Welt. Eine Ansteckung möchte ich aber auch nicht riskieren“, so die Mutter von vier Kindern, zwei Grundschülern und zwei Kita-Kindern. „Wenn ich in Haltern wohnen würde, wo die Inzidenz so niedrig ist, wäre ich glücklich. Bei den Zahlen bei uns bin ich es aber nicht.“