Gladbeck. In zwei Altersklassen sind die Infiziertenzahlen in Gladbeck auffällig hoch. Die Stadt nennt Gründe. Eine Kampagne soll die Impfquote verbessern.

Die aggressiveren Virusmutanten in der oft zitierten dritte Welle der Corona-Pandemie wirken sich auch in Gladbeck mit höheren Fallzahlen und einer deutlichen Verschiebung der Erkranktenzahlen in den Altersgruppen aus. Dies wird beim Vergleich der Entwicklung der Coronawelle von Anfang bis Ende April 2021 deutlich. Die Stadt will angesichts weiter steigender Infektionen im Stadtgebiet und der im Vergleich der Kreiskommunen höchsten Inzidenz (231,5 Stand Donnerstag) dazu beitragen, die Impfbereitschaft der Bürger mit einer öffentlichen Kampagne zu erhöhen.

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Zunächst die gute Nachricht: Die zunehmende Immunisierung mit Vakzin der Altersgruppe 70 Plus spiegelt sich auch in einem vergleichsweise geringeren Anstieg der Neuinfektionen bei den betagteren Gladbeckern wieder. Bei den 60- bis über 80-Jährigen ist nur eine geringe Zunahme der Infizierten im Vergleich Anfang und Ende April festzustellen. Dies gilt auch für die ganz jungen Gladbecker im Alter unter zehn Jahren. Anders sieht es indes bei den Teens und Twens aus, also den Zehn- bis unter 30-Jährigen, sowie bei den Middle-Agern um 50. Hier sind die Zahlen deutlich gestiegen.

Twens und Middle-Ager sind in Gladbeck stark von Infektionen betroffen

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Im Vergleich vom Anfang zum Ende April hat sich die Infiziertenzahl von 33 auf 65 Fälle bei den 20- bis unter 30-Jährigen fast verdoppelt (plus 49,3 %). Hier gibt es die meisten Infizierten. Bei den Zehn- bis 20 Jährigen ist sie um ein Viertel angestiegen. Die zweite vom deutlichsten Anstieg betroffene Altersgruppe ist die der 50- bis unter 60-Jährigen. Wurden hier in der ersten Aprilwoche 33 Neuinfizierte registriert, so waren es in der letzten Woche des Monats 58 Gladbecker (plus 43,1 %). Deutlich, mit jeweils einem Anstieg von gut 30 Prozent, erhöhten sich auch die Infizierten in der Altersgruppe der 30- bis unter 40-Jährigen und der 40- bis unter 50-Jährigen. In letzterer Gruppe der Middle-Ager waren zum Monatsende mit 62 Menschen fast ebenso viele erkrankt wie bei den Twens.

Kampagne ruft zur Impfung auf

Die Stadt plant eine mehrsprachige Kampagne, um die Impfbereitschaft der Gladbecker zu erhöhen. Auf Deutsch, Englisch, Türkisch, Französisch, Arabisch, Bulgarisch und Rumänisch sollen Plakate, Banner und Info-Material Wissen zum Coronavirus und zur Impfung im gesamten Stadtgebiet – nicht nur in Vierteln mit hohen Inzidenzen – gut sichtbar ausgebracht werden.

Ein Schriftband über die B224 ist auch angedacht, ebenso wie Informationen in städtischen Einrichtungen oder Poster an Litfaßsäulen. Auch ein Fahrzeug, das per Lautsprecher Informationen und Appelle zur Einwohnerschaft trägt, soll durch die Stadtteile touren. Zudem will die Stadt Impflotsen ausbilden, die in dichtbesiedelten Wohnvierteln präsent sind, zum Beispiel an Info-Ständen in den Quartieren.

Eine Einschätzung der Lage, warum es jetzt gerade die benannten Altersgruppen auffällig stark betrifft, versucht Sozialdezernent und Erster Beigeordneter Rainer Weichelt auf Anfrage der WAZ. Zunächst hätte die Medizin ja festgestellt, dass sich die neuen Virusmutationen der dritten Welle offenbar stärker ausbreiten, da eine Übertragung schneller erfolge. Bei jüngeren Gladbeckern wirke sich aus, „dass sich viele mit gleichaltrigen Treffen wollen“, eventuell Abstände nicht so konsequent eingehalten würden. Bei der Altersgruppe der Menschen um die 50 seien viele Gladbecker in produzierenden Berufen tätig, wo kein Homeoffice möglich sei. Infektionen von der Arbeit würden in die Familien hineingetragen, sorgten für einen Anstieg der Fallzahlen.

Es besteht in Gladbeck noch kein Grund zur Entwarnung

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Das Infektionsgeschehen in Gladbeck befinde sich weiterhin auf hohem Niveau (Donnerstag 411 bestätigte Fälle), der Anstieg habe sich aber verlangsamt, so Weichelt. Vergleich dazu: In der ersten Aprilwoche waren es 287 erfasste Fälle, zum Ende des Monat 401. Es bestehe die Hoffnung, dass – wie bundes- und landesweit – die Infiziertenzahlen nicht weiter signifikant ansteigen. „Es besteht aber noch kein Grund, Entwarnung zu geben“, so Rainer Weichelt. Es komme jetzt darauf an, dass endlich ausreichend Impfstoff für alle Altersgruppen auch in den Arztpraxen zur Verfügung stehe „und wir schnell zu besseren Ergebnissen kommen, wenn wir das Impfen und die Immunisierung voranbringen“.

Das könne aber nur funktionieren, „wenn alle Gladbecker bereit sind, dabei mitzuwirken“, fordert der Erste Beigeordnete. „Sich impfen zu lassen, ist ein großer Akt der Solidarität zum besseren Schutz der Verwandten, der Freunde, Bekannten und Nachbarn.“ Um hier mehr Gladbecker für die Schutzimpfung zu sensibilisieren und zu mobilisieren, starte die Stadt ja eine öffentliche Kampagne. Die „spätestens in der kommenden Woche“ starten solle.