Gladbeck. Ab sofort gelten Lockerungen für Menschen, die gegen Corona geimpft sind, sowie für Genesene. So reagieren Mediziner und Geimpfte in Gladbeck.
In Nordrhein-Westfalen werden ab sofort die Corona-Schutzregeln für vollständig Geimpfte und Genesene gelockert. Das hat Ministerpräsident Armin Laschet am Montag verkündet. Allerdings scheiden sich die Geister in der Frage, ob überhaupt Einschränkungen für die beiden genannten Bevölkerungsgruppen zurückgenommen werden sollen. Die Gesellschaft ist in dieser Frage gespalten. Was Menschen in Gladbeck dazu sagen.
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Dr. Gregor Nagel, der Vorsitzende des Gladbecker Ärztenetzes: „Aus medizinischer Sicht spricht nach den derzeitigen vorliegenden Erkenntnissen nichts dagegen, Menschen mit vollständigem Impfschutz und Genesenen Lockerungen einzuräumen.“ Gemäß aktuellem Wissensstand gehe von diesen Personengruppen kein größeres Infektionsrisiko aus als von negativ Getesteten. Freiheiten wie Einkaufen ohne negativen Corona-Test wären demnach möglich.
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Kritiker von Lockerungen bringen den Aspekt in die Diskussion ein, dass eine Impfung an sich schon ein Privileg für bislang wenige Menschen sei. Und nun obendrein noch Lockerungen? Befürworter hingegen argumentieren: Die Rückgabe von Freiheiten sei kein Luxus, sondern Grundrecht. Dessen Beschneidung sei für doppelt Geimpfte und Menschen, die eine Covid-19-Erkrankung hinter sich haben, nicht mehr vertretbar.
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„Das Impftempo zieht an“, berichtet Nagel. Folglich könnten nach und nach Einschränkungen für immer mehr Menschen gelockert werden. Der Gladbecker Mediziner: „Die Impftermine sind schnell vergeben. Allein wir im Ärztezentrum Butendorf haben für diese Woche 400 Impfungen geplant.“
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Janine Klapper findet: Lockerungen ja, aber mit Maß: „Man darf nicht übertreiben.“ Die persönliche Einschätzung der 40-jährigen Gladbeckerin, die als Leiterin der Station „Stroke Unit“ im St.-Barbara-Hospital tätig ist: „Man sollte jetzt vielleicht nicht alles lockern, sondern mit wachsamen Augen vorgehen und die weitere Entwicklung beobachten.“ Sie habe zwar die doppelte Impfung, weiß aber auch von Fällen, in denen Menschen trotz der Immunisierung erkrankten. Klapper meint: „Impfen ist der erste Schritt in die Zukunft.“ Die Spritze könne zwar eine Infektion nicht abwehren, jedoch abschwächen.
Wachsamkeit, die liege ihr am Herzen: „Wir dürfen den Respekt vor der Krankheit nicht verlieren. Man weiß ja nicht, wie es weitergeht mit den Mutanten.“ Sie denkt in anderen Kategorien als „geimpft oder ungeimpft“. Die Mutter von drei Kindern erklärt: „Wenn ich etwas zu sagen hätte, würde ich mehr Menschen Lockerungen zugestehen. So sollte Familien ermöglicht werden, in eine Ferienwohnung oder auf einen Campingplatz zu reisen.“ In einer geschlossenen kleinen Gruppe, so Janine Klapper, sei das Risiko einer Infektion mit dem gefährlichen Virus doch geringer als im Zoo oder auf Festen, wo Fremde aufeinandertreffen. Die Chance, Urlaub zu machen, gebe all jenen, „die nahe an Corona arbeiten, Raum, um zur Ruhe zu kommen“.
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Elisa Rebollo spricht sich ebenfalls für besagte Lockerungen aus – ebenfalls ihre ganz private Ansicht. Auch wenn die Gruppenleiterin im St.-Suitbert-Haus, eine Einrichtung des Caritasverbandes Gladbeck, Einwände gegen Erleichterungen verstehen kann. Die 24-Jährige, die den vollständigen Schutz hat: „Ich kann die andere Seite verstehen. Da sind Menschen, die gerne geimpft werden möchten, aber vertröstet werden.“
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Rebollo betont jedoch: „Wir sind ja nicht geimpft worden, weil wir am lautesten geschrien haben.“ Sie gibt zu bedenken, dass bereits Geimpfte „die höchsten Einschränkungen hinnehmen mussten“. Das hätten beispielsweise Menschen mit Behinderungen nicht verstehen können. Aus Sorge, das Coronavirus mit zur Arbeit oder von dort in die Familie zu tragen, habe sie selbst sich weitgehend isoliert. „Ich habe zuhause sogar das Essen in meinem Zimmer eingenommen, um niemanden zu gefährden“, berichtet die 24-Jährige.