Gladbeck. . 16 ehemalige Bewohner des Gladbecker Suitbert-Hauses, Menschen mit geistiger Behinderung, sind umgezogen an die Kirchstraße in der Innenstadt.
- Nagelneues Haus für 16 Menschen mit geistiger Behinderung
- Gesamtkosten belaufen sich auf 1,5 Millionen Euro
- Bewohner durften selbst Entscheidungen treffen
Es hätte alles so einfach sein können: Ein jeder packt seine Siebensachen in einen Karton, ein Unternehmen bringt die persönliche Habe an die neue Adresse, die Leitung des Hauses weist jedem „Umzügler“ ein Zimmer zu – und fertig ist die Chose. Aber der Caritasverband wollte es anders, „so viel komplizierter – und so viel schöner“, wie Ute Weber sagt. Die Leiterin des Suitbert-Hauses, in dem Menschen mit geistiger Behinderung ein Zuhause haben, geht mit prüfenden Blicken durch die jüngste Caritas-Immobilie an der Kirchstraße. Besucher können’s riechen: Nagelneu ist hier alles.
Bewusste Entscheidung
Irgendwo in dem lichtdurchfluteten Gebäude wird noch gebohrt, Kisten stehen herum, aus Zimmern sind lebhafte Gespräche zu hören; Menschen laufen aufgeregt umher, suchen etwas, finden etwas, richten sich ein. Zwischen 30 und über 70 Jahre sind die Bewohner alt. Ute Weber berichtet: „Viele von ihnen haben Umzug oft als Zwang, nicht erwünscht, erlebt.“ Doch diesmal sollte alles ganz anders sein.
Ganz bewusst, sagt Ute Weber, haben sich die 16 Männer und Frauen, die nun mit Sack und Pack vom Suitbert-Haus an die Kirchstraße ziehen, für diesen Ortswechsel entschieden. Und ebenso bewusst nahmen sie Anteil an der Entwicklung von der Baustelle bis zum fertigen Haus. „Beim Richtfest waren unsere Bewohner auch mit dabei“, erzählt Monika Neumann, die künftig vor Ort die Fäden in der Hand hält.
Dezentralisierung
Rund 1,5 Millionen Euro sind in das Caritas-Objekt mit einer Gesamtfläche von gut 600 Quadratmetern geflossen.
Für die Kosten kommen auf: die Stiftung Wohlfahrtspflege des Landes NRW, die Aktion Mensch, der Landschaftschaftsverband (LWL) Westfalen-Lippe, die öffentliche Hand und der Caritasverband Gladbeck.
Die Einrichtung einer Wohngruppe an der Kirchstraße ist Teil der Dezentralierung, die in mehreren Schritten für das Suitbert-Haus geplant ist.
Möglichst viel sollten sie selbst entscheiden dürfen: Wer bekommt welches Zimmer? Welche Möbel sollen es sein? In welcher Farbe soll eine Wand im Zimmer gestrichen werden? Selbst Details wie die Deckenleuchte durften die Bewohner, die größtenteils in Werkstätten arbeiten, bestimmen. Monika Neumann erzählt: „Wir sind gemeinsam in Möbelhäuser gefahren.“ Ein viel größerer Aufwand, als wenn die Caritas alle Zimmer einheitlich ausgestattet hätte . . .
Unverzichtbar: die hauseigenen Handwerker. Durch nichts, so scheint es, lassen sie sich aus der Ruhe bringen: Einerlei, ob nun ein Bewohner mit einer Frage um die Ecke kommt oder ob noch an einer Stelle Hand angelegt werden muss. „Wir haben super Hausmeister“, lobt denn auch Ute Weber. Was aber nicht heißen soll, dass die 16 Bewohner keinen Finger krumm machen müssen für ihr neues Domizil.
Zwei Einlieger-Wohnungen
Im Gegenteil. Edeltraut Schröpf beispielsweise hat eigens für ihr neues Zimmer große farbenprächtige Bilder gemalt, für die der Platz kaum reichen dürfte. Auf dem Bett hat ein Flausch-Elch sein Plätzchen gefunden. In ihrer „ersten eigenen Wohnung“ – eine der zwei Einlieger-Appartements in dem Gebäude – packt Stephanie Spindler Kisten und Körbe aus. Eine eigene Küche, ein Bad und ein Wohnschlafraum stehen der 39-Jährigen zur Verfügung. Caritas-Vorstand Rainer Knubben: „Die Einlieger-Wohnungen sind wie ein Wohntraining, bei dem sich feststellen lässt, wie eigenständig jemand ist.“ Andere Bereiche nutzen die Bewohner, die Einzelzimmer beziehen, gemeinsam, zum Beispiel große Küchen samt Essbereich und Räume mit Waschmaschinen, ebenso eine Terrasse und einen großen Balkon. Monika Neumann: „Es flossen schon Freudentränen.“
Zehn Betreuer werden sich um die Bewohner kümmern. Schon jetzt stellt Ute Weber fest: „Alle sind angekommen, haben sich eingerichtet und fühlen sich wohl. Jetzt müssen sich die Bewohner nur noch hier verwurzeln, denn wir wollen, dass es ein Zuhause für sie wird.“