Gladbeck. Björn Bahde und Claudia Risthaus arbeiten als Intensivpfleger in Gladbeck mit Corona-Patienten. So erleben sie das Pandemie-Jahr.

Krankenpfleger, das sind Björn Bahde und Claudia Risthaus schon seit vielen Jahren, auch auf der Intensivstation haben sie schon einiges erlebt. Dieses Jahr aber, da sind sich beide einig, ist komplett anders. „Es gab schon harte Zeiten, aber so eine Zeit wie jetzt gab es noch nie“, sagt Claudia Risthaus. Die 43-Jährige und ihr Kollege Björn Bahde (46) sind Intensivpfleger im St. Barbara-Hospital Gladbeck. Und in den vergangenen Monaten drehte sich für sie alles rund um Corona. „Der Krankheitsverlauf ist auch neu für uns. Es kann so rasant gehen. Der Zeitpunkt von der Aufnahme eines Patienten bis zu dem Zeitpunkt, an dem es ihm richtig schlecht geht, ist ziemlich kurz“, so Bahde. Innerhalb von 30 Minuten geht es für den ein oder anderen an die Beatmungsmaschine.

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Das Besondere an den Covid-Patienten: Sie fühlen sich oftmals gar nicht so schlecht, ihre Blutgaswerte und auch das CT sagen aber etwas ganz anderes. Claudia Risthaus erinnert sich noch gut an eine Patientin, Mitte 50. Von der Intensivstation aus rief sie ihren Mann an: „Ich weiß nicht, wann ich wieder mit dir sprechen kann. Ich werde jetzt beatmet und ins künstliche Koma versetzt“, sagte sie zu ihrem Mann, während das Krankenpersonal schon an ihrem Bett stand. Es ist eine der Situationen, die der Intensivpflegerin aus diesem Jahr in Erinnerung bleiben. „Normalerweise sind Patienten in einer solchen Notfall-Situation gar nicht mehr ansprechbar“, weiß die 43-Jährige. Die Patientin überlebte die Corona-Erkrankung. "Sie war aber erstaunt, wie viel Kraft und Ausdauer sie eingebüßt hat. Vor ihr liegt noch ein langer Weg."

Die Erkrankung hinterlässt deutliche Spuren bei den Patienten

Die meisten Patienten liegen etwa rund 14 Tage auf der Intensivstation. „Wir hatten aber auch schon welche, die waren fünf Wochen bei uns und nach Wochen auch immer noch positiv getestet“, erzählt Risthaus. Auffällig auch: Diejenigen, die von der Beatmungsmaschine wieder abtrainiert werden, haben deutlich reduziertere Kräfte als die Patienten, die aufgrund anderer Erkrankungen an die Beatmungsmaschine mussten. Schwere Verläufe gebe es auch bei Menschen, ohne, dass man wisse wieso. "Die haben keine Vorerkrankungen, sondern einfach nur Pech gehabt."

Die Behandlung der Corona-Patienten ist hoch aufwendig. Ständig muss im Auge behalten werden, wie oft in der Minute ein Patient Luft holt, wie hoch die Sauerstoffsättigung im Blut ist, denn im Zweifel muss schnell reagiert werden. „Mit dem Virus gehen viele Symptome einher, die man nicht vorhersehen kann, etwa eingeschränkte Nierenfunktion, ein nicht mehr vernünftig funktionierender Magen-Darm-Trakt, Probleme mit dem Herzen. „Da muss man immer parat stehen. Schnelles Arbeiten ist immens wichtig“, sagt Claudia Risthaus.

Der persönliche Kontakt zu den Angehörigen fehlt

Wie viele Menschen genau sie bisher auf der Intensivstation betreuen mussten, das können die beiden Pfleger zwar nicht sagen, aber: „Es waren zu viele“, so Bahde. Mit den Angehörigen stehen die Intensivpfleger stets im telefonischen Kontakt, auch das hat sich geändert. Denn Besuche im Krankenhaus sind nicht mehr erlaubt. „Die Angehörigen sind oft sehr verzweifelt, wir spüren die Not durchs Telefon“, berichtet Risthaus. Jemanden mal zu drücken und so Mut zuzusprechen, das fehle im Moment komplett. Aber auch den Patienten fehlen die Angehörigen. „Egal wie sehr wir uns bemühen, wir können sie nicht ersetzen.“ Oft haben sie es vor Corona erlebt, dass Patienten während der Besuchszeiten förmlich aufblühen. Stattdessen, und um die Familien so gut es geht auf die Station zu holen, gibt es jetzt Videoanrufe und Angehörige hinterlegen an der Pforte Fotos, die die Pfleger den Erkrankten dann ans Bett stellen. „So haben wir auch gleich ein Bild davon, mit wem wir da am Telefon immer sprechen.“

Die Intensivpfleger sind in diesem Jahr besonders gefordert. Während der harte Lockdown erst ab Dezember galt, befinden sich die Pfleger „schon seit Oktober im Lockdown“. Denn vor die Tür geht es eigentlich nur noch zum Einkauf. „Wir müssen gut aufpassen, dass wir uns nicht mit Corona infizieren. Schließlich können wir bei der Arbeit nicht ausfallen.“ Der Kontakt zu Mitmenschen hat sich ohnehin verändert. „Spätestens wenn man sagt, dass man mit Corona-Patienten zusammenarbeitet, macht dein Gegenüber einen Schritt zurück“, berichtet Risthaus.

Die Intensivpfleger fühlen sich an ihrem Arbeitsplatz sicher und gut geschützt

Risthaus und Bahde aber fühlen sich an ihrem Arbeitsplatz gut geschützt. „Wir tragen schon das ganze Jahr über FFP3-Masken, zudem sind wir gut mit Schutzkleidung ausgestattet.“ Und dennoch: wenn die beiden zur Arbeit gehen, ist ihnen klar, sie werden Kontakt zu Corona-Infizierten haben. „Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nie“, so Bahde, der seit fünf Jahren stellvertretender Leiter der Intensivstation ist. Die Sorge, das Virus in die Familie zu tragen, das hätten derzeit doch viele Berufsgruppen, etwa Lehrer, sagen die beiden.

Die Gefahr der Ansteckung halten sie im Supermarkt ohnehin für höher als auf der Intensivstation. „Als ich am Montag vor Weihnachten einkaufen war, war das für mich die gefährlichste Situation seit langem. Es war so voll, an Mindestabstand war da kaum zu denken“, berichtet Risthaus.

Froh sind Bahde und Risthaus darüber, dass die Kontaktbeschränkungen über Weihnachten nur leicht gelockert wurden. „Wie hätten wir es sonst schaffen sollen mit den vielen Menschen, die dann ins Krankenhaus gekommen wären?“, fragen sie. Die Pfleger und Ärzte im Krankenhaus könnten viel leisten, aber nur so viel, wie die Menschen bereit seien, mitzutragen. Risthaus: „So eine Situation war noch nie da, dass es wirklich auf jeden Einzelnen ankommt. So lange sich die Bevölkerung an Regeln hält, werden wir die Situation beherrschen können."

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