Gladbeck. Verdi hat die beiden Bürgermeisterkandidaten in Gladbeck zur Diskussion in die Stadthalle geladen. Kurz vor der Stichwahl. Das waren die Themen.

Es war die erste Diskussionsrunde, die nun zumindest noch zwei Bürgermeisterkandidaten in Gladbeck im Zuge der Kommunalwahl 2020 mitmachen durften – und zwar die beiden, die am Sonntag in die Stichwahl gehen: Bettina Weist (SPD) und Dietmar Drosdzol (CDU) diskutierten am Dienstagabend rund eine Stunde lang auf Einladung der Gewerkschaft Verdi in der Stadthalle.

Bernd Dreisbusch, Moderator und Geschäftsführer Verdi Mittleres Ruhrgebiet, hielt fünf Themenbereiche bereit. In der Kürze der Zeit wurde es ein Schnelldurchlauf durch fünf ganz unterschiedliche Aspekte. Zu Beginn durften sich die beiden Bewerber um das höchste Amt der Stadt in einer Minute selbst vorstellen. Inhaltlich wurde es schließlich mit dem ersten Themenfeld:

Arbeit und Soziales

Was Corona mit Gladbeck mache, wollte Dreisbusch von Drosdzol wissen. „Nichts Gutes“, lautete seine Antwort. Es gelte, etwa Gastronomen so gut es ginge, zu unterstützen. „Als Verwaltung und Politik müssen wir hinterher sein, dass jeder die Möglichkeit hat, diese Zeit zu überstehen.“ Weist bekam die Frage gestellt, was sie gegen zunehmende Arbeitslosigkeit tun wolle. „Der soziale Arbeitsmarkt muss weiter gestärkt werden, wir müssen weiterhin Gewerbe und auch Start-ups ansiedeln, um so auch Gewerbesteuer einzunehmen.“

50 Teilnehmer waren vor Ort dabei

Die Gewerkschaft Verdi hatte ursprünglich im Frühjahr eine größere Diskussionsrunde mit allen Bürgermeisterkandidaten in Gladbeck geplant. Aufgrund der Corona-Situation musste sie nur wenige Tage vorher abgesagt werden.

Corona bestimmte so auch den Talk am Dienstagabend. 50 Teilnehmer waren zugelassen, es galten die üblichen Hygieneregeln. Zudem wurde die Veranstaltung live bei Facebook übertragen. Aus dem Publikum konnten mündlich keine Fragen gestellt werden, stattdessen hatten die Besucher die Möglichkeit, Fragen zu notieren und die Zettel nach vorne zu reichen.


Klima, Umwelt, ÖPNV

Weist sieht Gladbeck bei diesem Thema mit der städtischen Umweltabteilung gut aufgestellt. Es gelte weiterhin, einer Versiegelung entgegen zu treten, Dächer zu begrünen. „Wenn wir den Klimanotstand ernst nehmen, müssen wir darüber nachdenken, ob ein Windrad auf der Mottbruchhalde nicht Sinn mache“, so Drosdzol und sprach die Uneinigkeit beim Thema Windrad zwischen SPD und Grünen an.

Die S9-Verbindung nach Recklinghausen sei beim Thema ÖPNV ein Schritt in die richtige Richtung, so Weist. Es sei aber noch einiges zu tun. Zuletzt habe der Stadtteil-Check der WAZ zum Thema Nahverkehr gezeigt, dass viele unzufrieden sind. „Das Ruhrgebiet ist ein Flickenteppich, wir brauchen eine bessere Taktung.“ Aber auch fürs Rad müsse mehr getan werden. „Zum Beispiel eine kostenlose Mitnahme in Bus und Bahn“, sagte die SPD-Kandidatin. Der ÖPNV werde nur funktionieren, wenn er verlässlich sei, so Drosdzol. „Wir müssen erst über Qualität reden, dann über Taktung.“

50 Besucher durften bei der Runde in der Stadthalle dabei sein. Auch auf Facebook wurde die Diskussion live übertragen.
50 Besucher durften bei der Runde in der Stadthalle dabei sein. Auch auf Facebook wurde die Diskussion live übertragen. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Schule und Bildung

Corona habe gezeigt, dass Gladbeck im Beriech der Digitalisierung an Schulen noch ganz weit hinten sei, so Drosdzol. „Zudem muss die städtische IT aufgerüstet werden.“ Weist hingegen war der Ansicht, dass Gladbeck weit vorne liege. „Wir haben eine gute Vernetzung und Ausstattung, und seitdem wir vor ein paar Jahren auf Leasing umgestiegen sind, auch die neuesten Geräte an den Schulen.“

Wie Bildung über Integration gelinge könne, wollte der Moderator angesichts eines „hohen Ausländeranteils“ in Gladbeck wissen. „Die Kommune bietet viel an, vieles aber wird nicht angenommen. Das Problem sind meistens die Eltern. Wir müssen ihnen aufzeigen, wohin die Reise geht, wenn Kinder der deutschen Sprache nicht mächtig sind“, so der CDU-Kandidat. Auch Weist war der Ansicht, Sprachförderung sei wichtig und beginne schon in der Kita. „Wir haben noch ganz viel zu tun, wir geben viele kommunale Mittel in die Förderung – und das müssen wir auch weiterhin tun.“

Sicherheit und Sauberkeit

„Kann ich nachts noch beruhigt durch Gladbeck gehen?“, lautete eine provokante Frage „Ich bin nicht ängstlich, ich habe aber Freundinnen, denen mulmig ist, und das muss man auch akzeptieren“, so Weist. Der KOD sei jedoch in den vergangenen Jahren aufgestockt worden, zudem warnte sie davor, den KOD als Ersatzpolizei zu sehen. Zu Zuständen wie an dem Hochhaus Steinstraße 72 dürfe es künftig gar nicht erst kommen. Das war auch Drosdzols Meinung. „Da müssen wir härter durchgreifen.“

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Finanzen

Viele Kommunen im Ruhrgebiet fordern den Schuldenschnitt. „Haben sie über den Durst gelebt, und andere sollen nun die Zeche zahlen?“, fragte Dreisbusch. „Wir haben hier keine Schlösser gebaut“, entgegnete Weist. Es gebe kaum noch Spielraum. Auch Drosdzol forderte eine Altschulden-Regelung. „So schnell wie möglich.“ Auf Nachfrage kritisierte der CDU-Kandidat erneut, dass der Haushalt nicht transparent und nicht für jeden lesbar sei. „Er ist nur für einige Spezialisten im Rathaus gemacht“, war er sich sicher.

Dreisbusch streute in den einzelnen Themenblöcken auch immer wieder Fragen aus dem Publikum ein. Zuletzt wollte ein Gast wissen, ob die beiden Kandidaten, wenn sie jetzt im Amt wären, Menschen aus dem griechischen Flüchtlingslager Moria aufnehmen würden. Drosdzol lehnte dies ab, „so lange es in Gladbeck ältere Menschen gibt, die Flaschen sammeln müssen, um über die Runden zu kommen.“ Man müsse Kapazitäten haben, um „Gutmensch zu spielen“. Weist argumentierte, es sei vorderste Pflicht, Menschen in Not zu helfen. „Es geht uns verhältnismäßig gut, daher würde ich ein Hilfsangebot machen.“