Gladbeck. Marco Gräber tritt bei der Kommunalwahl im September in Gladbeck als Bürgermeisterkandidat der AfD an. Schwierige Kooperation im Rat erwartet.
Während andere Parteien in Gladbeck schon längst Bürgermeisterkandidaten ernannt, schon erste inhaltliche Akzente gesetzt hatten, hielt sich die AfD (Alternative für Deutschland) noch zurück. Erst Anfang Juni machte sie öffentlich, dass sie einen eigenen Kandidaten für die Kommunalwahl im September aufstellen wird: Marco Gräber. Der Sprecher seiner Partei ist der einzige, der öffentlich überhaupt in Erscheinung tritt.
Dass er tatsächlich Bürgermeister werden wird, davon geht Gräber nicht aus. Einen Kandidaten aufstellen, das wollte seine Partei dann aber doch, denn: „Wir wollten nicht von Podiumsdiskussionen ausgeschlossen werden.“ Aufgrund der Corona-Pandemie aber finden solche im Moment gar nicht statt.
Der gelernte Rettungssanitäter leitet heute das Büro des Gelsenkirchener AfD-Bundestagsabgeordneten Jörg Schneider
Der 31-Jährige ist gebürtiger Gladbecker. „Ich bin nie weggezogen, mein Herz hängt an meiner Heimatstadt“, sagt der Schultendorfer. Gräber machte seinen Realschulabschluss an der Butendorfer Hauptschule, die im Sommer 2010 aufgrund von zu geringen Schülerzahlen schloss. „Ich wollte nie studieren und daher auch kein Abi machen, ich wollte was mit Menschen machen, Leben retten.“ Und so wurde Gräber Rettungsassistent, fuhr zuletzt zehn Jahre Rettungsdienst in Gelsenkirchen. Seit 2017 ist er hauptberuflich Büro-Leiter des Gelsenkirchener AfD-Bundestagsabgeordneten Jörg Schneider.
Kandidaten in jedem Wahlbezirk
Die AfD stellt für die Kommunalwahl im September in jedem der 22 Wahlbezirke einen Kandidaten auf. „Außerdem haben wir eine zwölfköpfige Reserveliste“, so Bürgermeisterkandidat Marco Gräber.
In Wahlkampf-Zeiten ist die AfD auch an Infoständen in der Innenstadt präsent. Die Klientel, die die Partei-Vertreter dort aufsuche, sei ein „Querschnitt der Gesellschaft“. Hausmeister, Rentner, Arbeitslose, alles sei dabei.
Der Partei ist Gräber 2015 beigetreten. „Ich war schon immer kritisch dem Euro gegenüber, daher habe ich interessiert geguckt, als sich die AfD 2013 gründete.“ 2015 ging er zu einem ersten Stammtisch. Trotz Warnungen aus seinem Umfeld. „Bei den Treffen habe ich niemanden gesehen, der Nazi oder Schulabbrecher ist, so wie ich vorher gewarnt wurde“, sagt Gräber. Der Stadtverband ist seit seiner Gründung im September 2018 kontinuierlich gewachsen. 22 Mitglieder waren es kurz nach der Gründung, 42 Mitglieder zählt die Ortsgruppe heute. 240 Mitglieder sind es im Kreis Recklinghausen. Gräber ist auch stellvertretender Sprecher des AfD-Kreisverbandes.
Keine eigene Homepage des Bürgermeisterkandidaten
Besonders präsent ist die Partei in Gladbeck jedoch nicht. Es gibt keine eigene Homepage, auch der Bürgermeisterkandidat hat keine eigene Website. Als Bürgermeisterkandidat habe er nicht vor, außerhalb von Facebook zu agieren, so Gräber. So oft wie seine Seite in dem sozialen Netzwerk besucht werde, erachte er dies als ausreichend. „Zudem kenne ich mich nicht so gut aus, eine eigene Homepage zu erstellen.“
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Thematisch hat sich der 31-Jährige einige Punkte vorgenommen. „Ich bin gegen den Ausbau der B224, zumindest auf Gladbecker Gebiet.“ Ein Windrad auf der Mottbruchhalde lehnt er ebenso ab. „Es ist so wunderschön dort oben, von einem Haldenpark hätte die Stadt mehr.“ Der Gewerbesteuerhebesatz solle von derzeit 495 Prozent auf 250 Prozent gesenkt werden. Ihm sei bewusst, dass dies massive Steuerverluste bedeuten würde, aber: „Wüssten Unternehmen, dass die Gewerbesteuer in Gladbeck niedrig ist, würden sie sich hier ansiedeln.“ Dass es kaum mehr freie Flächen gebe, will Gräber nicht gelten lassen. „Ich würde etwa den Sparkassenturm nicht abreißen lassen, sondern dort Callcenter oder anderes Gewerbe ansiedeln.“ Zur Entlastung von Familien möchte Gräber die Kita-Gebühr abschaffen, finanziert über Steuermehreinnahmen durch Firmenansiedlungen, angelockt durch die niedrigere Gewerbesteuer.
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Gräber stellt Unzufriedenheit bei Menschen in einigen Stadtteilen fest
Integration wolle er eigentlich gar nicht so sehr zum Thema machen, stellt dann aber doch fest: „Es gibt eine große Unzufriedenheit der Menschen in Brauck, Butendorf und Rosenhügel. Das liege daran, dass sich ein „nicht unerheblicher Teil“ der Menschen mit Migrationshintergrund dort „nicht integrieren, sondern separieren.“ Es sei ein Problem, dass man in den Stadtteilen leben könne, ohne deutsch zu sprechen.
Gräber rechnet für seine Partei mit einem ähnlichen Wahlergebnis wie bei der Europawahl im vergangenen Jahr. „Über zwölf Prozent würde ich mich sehr freuen.“ Es ist davon auszugehen, dass die AfD in den kommenden Stadtrat einziehen wird. Eine Kooperation mit den anderen Parteien schätzt Gräber als schwierig ein. „Alle gegen uns – darauf wird es hinauslaufen.“ Er hingegen könne sich eine Kooperation mit jedem vorstellen, der „Politik mit Sachverstand“ mache.
Das sind die weiteren Kandidaten, die die WAZ Gladbeck bislang vorgestellt hat:
Markus Kellermann (Unabhängiger Kandidat)