Gelsenkirchen. . Feldpost galt als Lebenszeichen. Der Historiker Dr. Daniel Schmidt hat Gelsenkirchener Feldpost aus dem Ersten Weltkrieg ausgewertet und in dem Buch „ Bin noch gesund und munter“ veröffentlicht. Leser können die Heimatgeschichte aus den Jahren 1914 bis 1918 aus persönlichen Perspektiven erleben.
Gefühle, Ängste, aber durchaus auch nüchterne Beschreibungen. Der Blick auf die Geschichte aus Sicht zeitgenössischer Briefeschreiber – das ist es, was Dr. Daniel Schmidt fasziniert.
Der Historiker des Gelsenkirchener Instituts für Stadtgeschichte (ISG) hat sich in den letzten zwei Jahren mit der Feldpost aus den Jahren 1914 bis 1918 beschäftigt, die Menschen während des Ersten Weltkrieges aus Gelsenkirchen an Front und Heimatfront geschickt haben.
Einblick in den Kriegsalltag
Aus der intensiven Arbeit, die neben viel geschichtlichem Wissen über das Ruhrgebiet auch spezielle Recherche erforderte, ist das Buch „Bin noch gesund und munter“ entstanden. Im Juli ist es im Klartext-Verlag erschienen, anlässlich des 100. Jahrestages des Kriegsausbruchs.
Geordnet hat Herausgeber Schmidt die Briefe weder biografisch noch thematisch. Er hat sich für eine chronologische Reihenfolge entschieden. „Die Briefe geben so einen direkten Einblick in den Kriegsalltag der Soldaten und ihrer Familien. Kern der Botschaften war es damals aber ein Lebenszeichen an die Lieben zu senden“, so der 37-Jährige Historiker.
Begonnen hat Schmidt seine Arbeit 2012 mit 400 Feldpostbriefen im Gelsenkirchener Institut für Stadtgeschichte. Die meisten der Briefe stammten aus einer Sammlung der Familie Schossier. Aus der ersten Einarbeitung entstand ein großes Projekt. Schmidt wollte gerne noch mehr erfahren über Feldpost aus der Zeit und startete einen Aufruf.
300 ausgewählte Schriftstücke
Die Resonanz war groß. „Urenkel haben sich gemeldet und Post ihrer Vorfahren abgegeben. Das sind natürlich sehr wertvolle Quellen.“ Jede Karte und jeden Brief, die den Weg in das Institut gefunden haben, hat Schmidt gelesen. „Besonders eindrucksvoll sind Karten, die unter dem Eindruck des Geschehens geschrieben worden sind. In manchen Briefen kann man Erleichterung und auch Ängste herauslesen.“
Für das Buch hat er schließlich eine Auswahl von 300 aus rund 1000 Schriftstücken getroffen. Auf den ersten Blick scheinen die Briefe und Postkarten im Original schwer zu entziffern. Das liegt am Schriftbild, schließlich sind die tausend Feldpostbriefe aus dem Ersten Weltkrieg in Kurrentschrift verfasst. „Wenn eine Person oft geschrieben hat und man sich in das Schriftbild eingearbeitet hat, kann man es gut lesen und inhaltlich viel erfahren“, so der Historiker. Um herauszufinden, wie Zeitgenossen aus der Industriestadt Gelsenkirchen die Ereignisse des Krieges damals wahrgenommen und gedeutet haben, hat er die Briefe aus dem ISG-Bestand zunächst übersetzt. Zur Unterfütterung einzelner beschriebener Ereignisse in der Post, hat er im Archiv zusätzlich alte Zeitungen zu Rate gezogen.
Schmidts Buch gibt die Möglichkeit, ein Stück Gelsenkirchener Geschichte anhand der Geschichten echter Menschen aus der Stadt zu erfahren. „Man erlebt durch die Literatur ihrer Briefe Passagen ihres Lebens mit und nimmt die Geschichte so aus einer ganz anderen Perspektive wahr. Das macht die Heimatgeschichte auch emotional gut erfassbar“, erklärt Daniel Schmidt.