Gelsenkirchen. Die soziokulturelle Kinder- und Jugendeinrichtung Lalok Libre in Schalke bietet jungen Zuwanderern (nicht nur) in der schulfreien Zeit Spaß und Chancen. Kulturbedingte Konflikte sind an der Tagesordnung. Für 30 Kinder gab es ein zehntägiges Sprachcamp am Wisseler See im Kreis Kleve.
Der Pressetermin beginnt mit dem Hereinplatzen in ein ermahnendes Gespräch. „Ihr müsst Respekt vor den Frauen und den Mädchen haben“, nimmt Venetia Harontzas zwei Roma-Jungen ins Gebet. „Die Mädchen hier müssen wie eure Schwestern sein!“ Sollten die beiden das künftig nicht befolgen, würden sie nach Hause geschickt und dürften nicht mehr am Ferienprogramm im Lalok Libre teilnehmen.
Matei Rostas, selbst Roma, übersetzt für die zwei Teenager. Er kam vor fünf Jahren nach Deutschland und arbeitet drei Mal in der Woche als Sprachvermittler in der Kinder- und Jugendeinrichtung. Die Roma-Jungs seufzen und nicken. „Heute ist euer letzter Probetag“, gibt Venetia Harontzas den beiden beim Rausgehen mit auf den Weg. „Und es wird nicht geklaut, aber das nur nebenbei!“
Klischees werden bedient
Es gebe Roma-Kinder, die würden alle Klischees bedienen, sagt die Leiterin des Lalok Libre: „Klauen, Mädchen hinterherlaufen, anzügliche Sprüche lassen.“ Von 35 Kindern (4 bis 17 J.), die das Ferienprogramm nutzen, gehören 30 der Ethnie Roma an, der Rest ist griechisch-, spanisch-, deutschstämmig. Welten würden an der Dresdener Straße/ Ecke Grillostraße aufeinanderprallen, berichtet Harontzas. Aber auch unterhalb der Roma gebe es große Unterschiede.
Der Großteil zeige sich kooperativ. „Eigentlich sind das Kinder wie alle anderen auch, sie wachsen nur in einer anderen Community auf“, so die Lalok-Leiterin. In einer Gesellschaft, in der Frauen häufig nur als Gebärmaschinen angesehen würden und Mädchen mit 14 Jahren ihr erstes, mit 16 Jahren ihr zweites Kind bekämen und viele weitere folgen würden. Der Roma Matei Rostas bestätigt das. „Ein sensibles Thema“, sagt Harontzas. Demnächst wolle man mit den Roma-Familien über Verhütung sprechen, das sei nämlich bislang oft ein Fremdwort für diese.
Eltern wollen Bildung für ihre Kinder
Die Kinder müssten Chancen bekommen. Dass ein Interesse seitens der Roma besteht, solche Chancen zu bekommen, zeigt sich daran, dass die Familien ins Lalok Libre kommen und die dortigen (Beratungs-)Angebote wahrnehmen. „Die Eltern sind zugänglich, sie wollen Bildung für ihre Kinder“, erklärt Harontzas. Kinder, von denen das Lalok-Team die Familie nicht kennt, werden nicht aufgenommen, da ist man konsequent.
Ferien vor Ort - in GE und Umgebung
Programmpunkte der Ferienfreizeit sind u.a. Besuche im Consol Park, Sport-Paradies, Trampolino, Phänomania Erfahrungsfeld, Kino, Gruga oder Kaisergarten in Oberhausen. Auch ein Heimkino-Abend mit Tanzfilmen ist geplant.
Sein Sommerfest feiert das Lalok Libre am Samstag, 16. August, von 14 bis 18 Uhr in seinem Garten an der Schlosserstraße in Schalke.
Das Sprachcamp vom 14. bis 23. Juli sei ein Erfolg gewesen, bilanziert Rosalia Harontzas den Aufenthalt mit 20 Kindern am Wisseler See. Als „einzige sprachliche Verbindung“ war Matei Rostas Tochter Getta dabei. Die Kommunikation mit Händen und Füßen habe aber auch geklappt. Am Ende des Camps seien alle Kinder – die meisten davon Roma – in der Lage gewesen, das Kinderlied „Das Lied über mich“ zu singen.